Hamburg. Zähe Diskussion: Die Mitglieder setzen sich mit ihren Forderung nach Tarifverträgen für die 600 Beschäftigten durch.

Es war eine zähe Diskussion, auf die der gerade mit 98,1 Prozent der Stimmen als Präsident des FC St. Pauli wiedergewählte Oke Göttlich wohl gut hätte verzichten können. Bei der Mitgliederversammlung in der riesengroßen Halle B7 der Hamburg Messe, in der die 277 Mitglieder problemlos die Abstände einhalten konnten, erlitt das gerade eindrucksvoll bestätigte Präsidium gleich beim ersten Antrag die erste Abstimmungsniederlage.

Es ging im Kern darum, dass das Präsidium zeitnah Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des gesamten Konzerns des FC St. Pauli aufnehmen soll. Dem Konzern gehören neben dem eingetragenen Verein (e. V.) auch alle angegliederten Gesellschaften an. Das Präsidium solle mit einer Gewerkschaft einen Tarifvertrag abschließen, forderten die Antragsteller, um angemessene Gehälter durchzusetzen.

Vergeblich versuchte Vizepräsident Carsten Höltkemeyer die Mitglieder zu überzeugen, dass interne Gespräche über die Bezahlung der rund 600 Mitarbeitenden (inklusive 450-Euro-Jobber) mit dem Betriebsrat sinnvoller seien als Verhandlungen mit Außenstehenden. Bernd von Geldern stellte als Geschäftsleiter Wirtschaft klar, dass auch bisher kein Mitarbeitender weniger als den gesetzlichen Mindestlohn erhalte. Auch Oke Göttlichs Appell nützte nichts. Der Antrag wurde nicht abgemildert und schließlich mit Mehrheit angenommen.

FC St. Pauli: Auch Torwarttrainer Hain mit positivem Corona-Test

Damit haben Göttlich sowie die Stellvertreter Christiane Hollander, Esin Rager, Jochen Winand und Carsten Höltkemeyer für die kommenden Monate ein weiteres Thema auf ihrer Agenda – neben dem Umgang mit der Corona-Krise und den selbst gesetzten Themen Nachhaltigkeit und Gemeinwohlbilanz. „Mit dem übergeordneten Ziel, schnellstmöglich eine Klimafreundlichkeit herzustellen, haben wir uns klar positioniert. Das entspricht auch unserem Selbstverständnis: Wir sind ein gesellschaftlicher Akteur, der agieren und nicht reagieren möchte“, sagte Göttlich. Passend zu diesem Ziel präsentierte St. Pauli die nachhaltige Lebensmittelmarke „followfood“ als neuen Sponsor in der dritthöchsten Kategorie „Kiezkönig“. Die Produkte sollen künftig Teil des Caterings im Stadion werden.

Zudem will St. Pauli als erster deutscher Proficlub eine Gemeinwohlbilanz erstellen, in der analog zur wirtschaftlichen Bilanz einmal im Jahr alle Aktivitäten festgehalten werden, bei denen sich der Verein als bedeutender Akteur des Stadtteils St. Pauli für die Belange der Allgemeinheit engagiert hat.

FC St. Pauli: Mathias Hain in Quarantäne

Schließlich deutet sich jetzt an, dass die seit Jahren laufende Suche nach einem Gelände für die Erweiterung und idealerweise Zusammenlegung der Leistungszentren für die Profi- und Leistungsnachwuchsteams in die entscheidende Phase geht. „Ich glaube, wir sind in so guten Gesprächen, dass es zeitnah eine Erkenntnis gibt“, sagte Präsident Göttlich. Er erklärte auf Nachfrage, dass die Option, ein großes Trainingszentrum außerhalb der Stadtgrenzen anzulegen, nicht mehr aktuell sei. Auch der schon einmal von St. Pauli angedachte Standort Fischbeker Reethen im Bezirk Harburg ist nach Abendblatt-Informationen vom Tisch.

Unterdessen ist nach Cheftrainer Timo Schultz am vergangenen Sonnabend nun auch Torwarttrainer Mathias Hain positiv auf das Coronavirus getestet worden und hat sich in häusliche Quarantäne begeben.