Hamburg. Co-Trainer des FC St. Pauli soll ins Blickfeld des Deutschen Fußball-Bundes geraten sein – sein Vertrag läuft in diesem Sommer aus.
Loïc Favé hat ein Credo: „Das beeinflussen, was sich beeinflussen lässt.“ Alles, was seine Karriere als Fußballtrainer betrifft, hat der Co-Trainer des FC St. Pauli bis hierhin offensichtlich äußerst positiv beeinflusst. Der 29-Jährige gilt als eines der größten Talente Deutschlands – und hat sich nun offenbar auch in den Fokus des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gespielt. Dies ist insofern besonders pikant, da Favés Vertrag beim Fußball-Zweitligisten nach dieser Saison ausläuft.
Wie das Abendblatt erfahren hat, habe sich bereits der ehemalige U-23-Bundestrainer und jetzige Nationaltrainer der Türkei, Stefan Kuntz, vor einiger Zeit umfassend über die Arbeit des Franzosen informiert und ihn als möglichen Trainerkandidaten für eine Junioren-Nationalmannschaft gelistet. Meikel Schönweitz, Cheftrainer der sogenannten U-Teams des DFB, dementiert zwar, dass Favé im unmittelbaren Blickfeld sei, doch mehrere Experten der Fußballszene trauen dem gebürtigen Hamburger mit bretonischen Wurzeln bereits jetzt zu, einen derartigen Job problemlos zu meistern.
FC St. Pauli: Co-Trainer Favé im Fokus des DFB?
Der FC St. Pauli würde Favé dem Vernehmen nach jedoch nach Möglichkeit gerne weiterbeschäftigen. Die akribisch-entspannte Art des A-Lizenz-Inhabers kommt bei der Mannschaft gut an. „Seine Detailversessenheit hilft uns enorm. Loïc findet immer Wege, unser Spiel durch nur kleine Veränderungen im großen Maß zu beeinflussen“, sagt Mittelfeldakteur Jackson Irvine über ihn. Auch Cheftrainer Timo Schultz hält große Stücke auf den 1,87 Meter großen Mann. Eine Vertragsverlängerung ist bislang nicht beschlossen worden. Da Schultz sein Arbeitspapier Mitte Januar vorzeitig verlängert hat, ist es nicht abwegig, dass man auch bei seinem Trainerteam, dem außerdem der angehende Fußballlehrer Fabian Hürzeler angehört, zeitnah auf einen gemeinsamen Nenner kommt.
Zumal Favé eine Eigenschaft besonders auszeichnet. „Er ist ein äußerst loyaler Typ. Seinen Spielern und Freunden schenkt er immer einen Moment seiner Zeit“, sagt Phil Nabaoui, der als A-Junioren-Trainer des Eimsbütteler TV Nachfolger Favés in dieser Funktion und zudem gut mit ihm befreundet ist. Acht Jahre arbeitete Favé als Nachwuchsleiter beim ETV, vollbrachte dabei das Kunststück, die U 19 in die Bundesliga Nord/Nordost zu führen – als einziger Club, der kein Nachwuchsleistungszentrum besitzt. Gleiches gelang ihm zuvor schon mit der U 17 des Vereins, den er im Nachwuchsbereich sukzessive sportlich und strukturell entwickelt hat – Fähigkeiten, die auch als U-Nationaltrainer benötigt werden. Ein loser Draht zum DFB besteht ohnehin schon, da Favé von 2013 bis 2019 als Hamburger Stützpunkttrainer gearbeitet hat.
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Favé: Kann an keinem Crêpes-Stand vorbeigehen
Beim ETV hat Favé nachgewiesen, als Cheftrainer brillieren zu können. Er ist in der Lage, eine Gruppe zu managen, sich mit ruhigem Auftreten Respekt zu verschaffen, da es kaum vorkommt, dass jemand ihm gegenüber einen Wissensvorsprung aufweist.
„Seine Akkuratesse beim Sport ist grenzenlos, Fußball ist Loïcs Leben, er ist wahnsinnig wissbegierig“, schwärmt Nabaoui. Zwei Bücher pro Woche lese Favé durchschnittlich. Die Lektüre befasst sich vorwiegend mit den Themen Persönlichkeitsentwicklung, Menschenführung, Psychologie, Sport und Fußball. Das Trainertalent ist selbst Autor des Werks „Kreatives Fußballtraining“, in dem er 350 Trainingsformen aufzeigt – zum Teil selbst entwickelt. Insbesondere Übungen zur Entscheidungsfindung und das Setzen kognitiver Trainingsreize sind Steckenpferde Favés. Zudem ist er der Erfinder der „Skillshirts“, eines mehrfarbigen Leibchens, das die Handlungsschnelligkeit der Spieler spielnah verbessern soll.
Einen Aspekt im Leben des Loïc Favé gebe es dann allerdings doch, den er nicht aktiv beeinflussen kann, sondern bei dem er sich beeinflussen lässt. Nabaoui weiß um diese Schwäche: „Als Bretone ist es ihm schlicht unmöglich, an einem Crêpes-Stand vorbeizugehen, ohne etwas zu bestellen.“