Hamburg. Unter Timo Schultz hat der FC St. Pauli alle Duelle gegen den 1. FC Heidenheim gewonnen. Reißt die Serie am Freitag?

Dass Frank Schmidt seit 2007 Trainer des 1. FC Heidenheim und damit der dienstälteste Übungsleiter des deutschen Profifußballs ist, ist hinlänglich bekannt. Ebenso wie manche seiner Vorlieben. Dass er noch immer mit seiner ersten Freundin liiert ist beispielsweise. Fußballerisch sein Fokus in erster, zweiter und dritter Linie auf einer stabilen Defensive liegt.

Und er mindestens einmal im Jahr Urlaub auf Mallorca macht. Ganz und gar nicht in diese Aufzählung passen die vier Gegentore, die seine Heidenheimer kassieren, wann immer sie gegen die Ballermänner des FC St. Pauli unter Timo Schultz antreten. Für Schulle ist Malle zweimal im Jahr. Das nächste Mal womöglich schon am Freitagabend (18.30 Uhr/Sky) beim Spitzenspiel der 2. Fußball-Bundesliga.

FC St. Pauli: Am Freitag geht's gegen Lieblingsgegner

4:2, 4:3 und wieder 4:2. In Schmidt scheint Schultz seinen Lieblingsgegner gefunden zu haben. Erklären kann er es sich selbst nicht. „Es ist untypisch, dass sie mal mehr als ein Gegentor fangen. Das Heimspiel war recht glücklich, in den Auswärtspartien haben wir jeweils eine tolle Leistung gezeigt. Daraus lassen sich allerdings nur wenig Rückschlüsse ziehen“, sagt Schultz. Tatsächlich ist die Toreflut ungewöhnlich. Der Tabellensechste hat auch in dieser Saison nur die sechstwenigsten Gegentreffer kassiert. Die Statistik der zu erwartenden Gegentore weist Heidenheim gar als beste Defensive der Liga aus. „Sie haben hervorragende Zweikampfwerte, lassen deutlich weniger Großchancen zu als wir, sind aber in der Anzahl der Torschüsse fast gleichauf. Die Handschrift meines Kollegen Frank Schmidt ist deutlich zu erkennen.“

Und in Schönschrift zu lesen. Es ist offenkundig, worauf der physisch und vor allem laufstarke Aufstiegsanwärter hinaus möchte: Tief stehen, geduldig bleiben, aber dann bei Ballbesitz direkt in Richtung gegnerisches Tor Fahrt aufnehmen. Ebenso deutlich wie die offensiv orientierte Ausrichtung der Braun-Weißen. Was sich über die Jahre mit dem gleichen Trainer eben so etablieren lässt.

„Waren für mich schon vor Saisonbeginn Aufstiegsfavoriten“

Denn Schultz zählt mittlerweile selbst zu den Urgesteinen auf den Trainerbänken der Zweiten Liga – obwohl er erst seit Beginn der Saison 2020/21 in der Verantwortung steht. Länger als der Ostfriese sind neben Schmidt lediglich Rostocks Jens Härtel (seit Januar 2019), Regensburgs Mersad Selimbegovic (Juli 2019) und Karlsruhes Christian Eichner (Februar 2020) beschäftigt. Schultz teilt sich Rang fünf mit Nürnbergs Robert Klaus, der ebenfalls im Juli 2020 loslegte.

Wenige Monate zuvor war Schmidt an seinem größten Coup gescheitert. In der Aufstiegsrelegation zur Bundesliga scheiterten die Süddeutschen an Werder Bremen. Eben jenen Rivalen, den sie am vergangenen Spieltag mit 2:1 besiegten und sich damit im Aufstiegsrennen zurückmeldeten. Mit sechs Punkten Rückstand auf Relegationsrang drei und – natürlich – Bremen geht Heidenheim in die finalen acht Begegnungen. „Sie waren für mich schon vor Saisonbeginn einer der Aufstiegsfavoriten“, sagt Schultz.

Heidenheim mit Dreier- oder Viererkette

Um den Status von „Favorit“ auf „Außenseiter“ herabzustufen, kann sich der 44-Jährige neben einem wahrscheinlich ausverkauften Millerntor-Stadion wohl auch wieder auf Eric Smith im defensiven Mittelfeld verlassen. Mit der Einwechselung des zuvor zwei Spiele wegen Knieproblemen fehlenden Schweden zur Halbzeit in Dresden kam deutlich mehr Schwung ins Spiel der Hamburger. „Er hat schon wieder eine gute Form aufgebaut und ist ein Kandidat von Beginn an. Ob die Luft für 90 Minuten reicht, wird sich zeigen.“ Sollte sie das nicht, dürfte Jackson Irvine auf die Sechs rücken. Für seine Position dürfte dann Finn Ole Becker den Vorzug vor Christopher Buchtmann erhalten. „Finn ist gut drauf und mit seiner Spielstärke in engen Räumen extrem hilfreich für uns“, sagt der Trainer über den 21-Jährigen. Neben den längerfristig fehlenden Akteuren ist Afeez Aremu auch nach überstandener Corona-Infektion nicht dabei.

Heidenheim wiederum steht unter Schmidt traditionell für eine Viererkette. Auch diese Saison setzten die Ostwürttemberger fast ausnahmslos darauf. Fast. Gegen Dynamo Dresden und St. Pauli, zwei Mannschaften, die mit Mittelfeldraute spielen, bot Schmidt eine Dreierkette auf. „Wir werden auf beide Varianten vorbereitet sein“, betont Schultz.

Schafft es Schultz pünktlich zum Duell?

Also alles bereit für einen spektakulären Schlagabtausch? Nun ja, sofern es denn Schultz pünktlich zum Duell mit seinem Lieblingsgegner schafft. Angesichts des ungewohnten Anstoßes am Freitagabend sprach er bei der Pressekonferenz vor dem Spiel davon, sich am Sonnabend mit dem Team treffen zu wollen und, nachdem er bereits korrigiert worden war, trotzdem nochmals vom Training am Freitag und einer anschließenden Übernachtung im Hotel. Wenn er erst einmal 15 Dienstjahre vorzuweisen hat, werden aber auch Freitagsspiele keine Herausforderung für Schultz mehr darstellen.

FC St. Pauli: Vasilj – Dzwigala, Beifus, Medic, Paqarada – Smith – Irvine, Hartel – Kyereh – Burgstaller, Makienok.

1. FC Heidenheim: Müller – Sessa, Hüsing, Mainka, Föhrenbach – Theuerkauf, Burnic – Kühlwetter, Schöppner, Mohr – Schimmer.

Marcel Beifus ist für die Länderspiele der U-21-Auswahl des DFB in Italien (24. März) und gegen England (29. März) nominiert worden. Igor Matanovic steht im Kader der U-19-Nationalmannschaft für die EM-Qualifikation in Finnland vom 23. bis 29. März. Niklas Jessen könnte auf Abruf nachrücken.