Hamburg. Unruhe vor St. Paulis Spiel in Sandhausen. Der angegriffene Sportchef Bornemann versucht zu schlichten. Aber reicht das?

Noch ehe die Auswärtspartie beim SV Sandhausen an diesem Sonnabend (13.30 Uhr/Sky) absolviert ist, war der FC St. Pauli um Wiedergutmachung bemüht. Es galt, eine Aussage von Trainer Timo Schultz einzufangen, die am Ende der Pressekonferenz am Donnerstagmorgen für Erstaunen gesorgt hatte. „Wann ist der richtige Zeitpunkt, um mit den Spielern, deren Verträge auslaufen, über ihre Zukunft zu sprechen? Wann sollten Loic und Fabi unterschreiben, und hast du mit Andreas Bornemann schon über Alternativen gesprochen?“, wollte die „Bild“ wissen.

Schultz ist ein Profi, der kritische Themen mühelos per Phrase oder in seiner humoristischen Art umschiffen kann. Doch angesprochen auf neun auslaufende Spielerverträge sowie die seiner beiden Assistenten Loic Favé und Fabian Hürzeler war dem 44-Jährigen nicht zum Scherzen zumute. „Es ist schon schade, dass wir da jetzt überhaupt keinen neuen Stand haben seit Dezember. Da hat sich in den letzten drei, vier Monaten eigentlich wenig getan. Ich bin mit den Spielern und Co-Trainern permanent im Austausch. Warten wir mal ab.“

Nach Schultz-Kritik: St. Pauli beteuert „klaren Plan“

Das komplette Gegenteil machte anschließend der Verein, der in die Offensive ging, um zu verdeutlichen, dass keineswegs atmosphärische Spannungen in die bemerkenswerte Aussage hineinzuinterpretieren seien.

Sportdirektor Bornemann betonte dem Abendblatt gegenüber: „Bei den Spielern, deren Verträge auslaufen, gibt es einen klaren Plan, der ihnen auch kommuniziert worden ist. Dieser Ablauf ist unverändert, läuft wie ursprünglich geplant und mitgeteilt. In letzter Zeit haben die betroffenen Spieler ein sportliches Update von Timo Schultz bekommen. Nachgelagert werde ich in den nächsten Tagen und Wochen als Fortsetzung mit den betreffenden Spielern und Beratern sprechen. Das gilt so auch für Loic Favé, Fabian Hürzeler und Torwarttrainer Mathias Hain.“

Sorgt Schultz nun für Tempo bei St. Pauli?

Das gedrosselte Tempo bei Vertragsverhandlungen ist kein neues Thema auf St. Pauli. Schon die Verlängerung von Schultz, gegen die von beiden Seiten von Anfang an so gut wie gar nichts sprach, hatte sich bis in den Januar hingezogen. Die Gründe bei den Spielern und dem Trainerstab sind neben der Einschätzung der sportlichen Qualität auch in der ungewissen Ligazugehörigkeit und daraus resultierenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu suchen.

Bislang schien die ungewisse Zukunft der betroffenen Akteure kein nennenswertes Thema in der Kabine gewesen zu sein. Wenn doch, hat es sich noch nicht auf die Leistungsfähigkeit niedergeschlagen.

Nebengeräusche kann der Tabellendritte der Zweiten Liga im Aufstiegsrennen nicht gebrauchen. Bornemann versteht die Anspannung bei Schultz, sagt: „Es ist nachvollziehbar, dass es aus Trainerwarte schöner ist, wenn solche Dinge geklärt sind.“ Und solche Dinge sollen geklärt werden, wahrscheinlich noch vor dem Saisonfinale. „Die Berater der Co-Trainer und wir haben einander gegenseitige Bereitschaft signalisiert, die es nun gilt, in Vertragsform anzupassen.“

St. Pauli bangt um Topspieler Kyereh

Brandherd eins notdürftig gelöscht. Doch es lodert auch auf dem Spielfeld. Denn zu Beginn der Pressekonferenz gab es ebenso bedeutsame Informationen, an deren Ende man wieder „mal abwarten“ müsse. Es ging um Daniel-Kofi Kyereh und dessen Oberschenkelprobleme. „Es sah Mittwoch nicht gut aus, wir werden kein Risiko eingehen“, so Schultz.

Fragt sich, was das größere Risiko ist: eine schwerwiegendere Verletzung des Spielmachers zu riskieren oder ohne ihn einen Punktverlust beim Tabellenfünfzehnten. Da Gesundheit vorgeht, liegt die Antwort auf der Hand. Doch das Wagnis, ohne den Ghanaer zu beginnen, ist groß. Von keinem anderen Spieler ist St. Pauli annähernd so abhängig. Mit Kyereh in der Startelf holen die Hamburger rund dreimal so viele Punkte wie ohne ihn. Als Ersatz könnte Etienne Amenyido vom Sturm auf die Zehn rücken.

Schultz mit klarer Forderung an die Spieler

Und dann dürften die Braun-Weißen selbst einen gezielten Brand legen, der gegen Teams, die eher das Bekämpfen des Gegners als das eigene Spiel im Fokus haben, auswärts häufig allenfalls schwelte. Nur neun Punkte gab es gegen Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte. „Wir sind Achter der Auswärtstabelle, was für unsere Verhältnisse ordentlich ist“, spielt Schultz die Problematik herunter. Entscheidender: „Zweikämpfe annehmen, Zweikämpfe gewinnen.“ Das geht in jedem Stadion.

Folgt das Team dem Beispiel seines Trainers, der sich nicht scheut, sich auch in verbale Duelle zu schmeißen, steht einer Wiederholung des 3:1-Hinspielerfolgs wenig im Weg. Der Grat zwischen Wiedergutmachung und dem, etwas wieder gutzumachen, ist schmal.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

  • SV Sandhausen: Drewes – Diekmeier, Dumic, Zhirov, Okoroji – Zenga, Bachmann – Kinsombi, Trybull, Soukou – Testroet. 
  • FC St. Pauli: Vasilj – Dzwigala, Ziereis, Medic, Paqarada – Aremu – Irvine, Hartel – Amenyido – Burgstaller, Makienok.