Paris/Hamburg. Paris hat seine Bewerbung um die Olympischen Spiele 2024 am Dienstag offiziell gemacht. Auch Außenseiter Budapest kandidiert.
Gleich den ersten Schritt auf dem langen Weg nach Olympia setzten die Pariser Strategen wohlüberlegt. Der 23. Juni ist "Welt-Olympiatag", wann besser also als an diesem Dienstag hätte man eine Bewerbung um die Olympischen Spiele 2024 offiziell machen können?
Auch Budapest nutzte das historische Datum, exakt 121 Jahre nach der Gründung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), um als fünfte Stadt neben Hamburg, Paris, Rom und Boston den Hut in den Ring zu werfen. Doch nicht die Ungarn, sondern vor allem die Franzosen gilt es bei der Vergabe im September 2017 in Kuala Lumpur zu schlagen. Nicht wenige Experten glauben, dass Hamburg spätestens an Paris scheitern wird.
Nach drei vergeblichen Anläufen in den vergangenen 30 Jahren will Frankreichs Hauptstadt endlich wieder die Spiele haben, 100 Jahre nach der letzten Ausgabe im Jahr 1924. Doch nicht nur diese symbolträchtige Zeitspanne bringt Paris eine Favoritenstellung ein. Unter dem Motto "Ich will die Spiele" ("Je veux les Jeux") stellten die Franzosen die Bewerbung am Dienstag vor, und zahlreiche heimische Olympiahelden wie Laura Flessel (Fechten), Marie-José Pérec (Leichtathletik) oder Teddy Riner (Judo) standen bei der Feierstunde an der Seine Spalier.
Zustimmung bei Pariser Bevölkerung ist hoch
Ganz im Sinne von IOC-Präsident Thomas Bach und dessen Agenda 2020 plant Paris straffe, kompakte Spiele. Die Gesamtkosten (6,2 Milliarden Euro) bilden einen auch für die Politik akzeptablen Rahmen, zumal die Planungen streng auf Nachhaltigkeit ausgelegt sind. Viele Sportstätten existieren schon und stehen ohnehin auf einer Liste renovierungsbedürftiger Bauten. Die Zustimmung in der Bevölkerung, traditionell ein Kernkriterium für das IOC-Wahlvolk, ist hoch. Der Stachel der Niederlage gegen London im Jahr 2005 sitzt nach wie vor tief im Fleisch vieler sportbegeisterter Franzosen, die nun sagen: Jetzt sind wir endgültig dran!
73 Prozent aller Franzosen und 76 Prozent der Pariser sprachen sich in den jüngsten Umfragen für Olympia aus - Zahlen, die die deutschen Macher beim Bürgervotum am 29. November in Hamburg und dem Segelrevier Kiel in Jubelstürme ausbrechen lassen würden. "Wir haben die Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit gezogen und gehen die Dinge nun methodisch in der richtigen Reihenfolge an", sagte Frankreichs NOK-Präsident Bernard Lapasset. Auch Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die eine mögliche Bewerbung lange kritisch beäugt hat, ist mittlerweile Feuer und Flamme. Ihre Strategen haben ihr ausgerechnet, dass die Spiele 2024 ihr Lieblingsprojekt, die Weltausstellung ein Jahr später, nicht gefährden würden - im Gegenteil.
Kandidaten profitieren von schwächelndem Konkurrenten Boston
Paris hat schon 1900 und 1924 Olympische Spiele ausgerichtet und wäre nach London (1908, 1948 und 2012) die zweite Metropole, die zum dritten Mal den Zuschlag erhalten würde. Schon vor der Pleite gegen London waren die Franzosen auch bei den Bewerbungen für 1992 (an Barcelona) und 2008 (an Peking) gescheitert. Wer hartnäckig bei der Stange bleibt, imponiert den IOC-Mitgliedern - auch dies wird ein Pluspunkt der Pariser sein bei der Wahl.
Zudem profitieren alle Kandidaten derzeit von der Schwäche des US-Bewerbers Boston. Die Ostküsten-Stadt demontiert sich selbst. Das seit Monaten vollführte Missmanagement gipfelte zuletzt in dem Vorhaben, den kompakten Charakter der Bewerbung zu sprengen und zahlreiche Sportarten (u.a. Tennis und Beachvolleyball) in die Peripherie der Metropolregion zu verlagern. Die Zustimmungswerte purzeln, zuletzt lagen sie bei 39 Prozent.
Dennoch sollte niemand die US-Bewerbung abschreiben, denn ein spektakulärer Kurswechsel bahnt sich an. Seit geraumer Zeit wird gemunkelt, dass das US-NOK USOC Boston in Kürze das Vertrauen entziehen und Los Angeles zum Kandidaten machen wird. Dann würden die Karten völlig neu gemischt. (sid)