Am Mittwoch sind es nur noch 30 Tage. Dann eröffnet Königin Elizabeth II. die Olympischen Sommerspiele. London beginnt bereits zu strahlen.
Köln/London. Einen Monat vor dem Olympia-Auftakt präsentiert sich London als Stadt extremer Kontraste: Raketenabschussrampen auf Wohnhäusern, Kampfjets in Alarmbereitschaft und ein Kriegsschiff auf der Themse machen die 8-Millionen-Metropole zur Hochsicherheitszone. Parallel dazu schmückt sich die erste Stadt der Welt, die zum dritten Mal Gastgeber der Spiele ist, von Tag zu Tag schöner und bunter mit dem olympischen Design.
An der Oxford Street wehen nun auch die Fahnen der 205 Nationen, die vom 27. Juli bis 12. August zur großen Show erwartet werden. Die seit Monaten beim Anflug auf den Flughafen Heathrow sichtbaren riesigen Olympischen Ringe sind nun auch an der Tower Bridge installiert. Im Süden der Stadt ist die für den eiligen Verkehr der Spiele konzipierte Olympic Lane bereits auf dem Asphalt markiert, und am Buckingham Palace, in dessen Nähe Beachvolleyball und Marathonlauf stattfinden, wurde aus Gründen der Sicherheit die ganze Mall gesperrt.
Ähnlich wie die Furcht vor einem Terroranschlag ist die Angst vor dem Verkehrskollaps stets präsent. Auch bei der Feier zum 60. Thronjubiläum von Königin Elizabeth II., die am 27. Juli die 30. Olympischen Sommerspiele eröffnen wird, fiel das mit 7,8 Milliarden Euro modernisierte U-Bahn-System beim Ansturm der Massen durch. Angesichts der 500.000 erwarteten Olympiagäste befürchten Skeptiker den Kollaps. Die Londoner wurden schon angehalten, während der Spiele neuralgische Bahnhöfe wie London Bridge zu umfahren.
Um einem Chaos zu entgehen, fliehen viele in der Zeit der Spiele aus der Hauptstadt, zumal sie ohnehin keines der bisher abgesetzten fünf Millionen Tickets erstanden haben. Und was jetzt noch zu haben ist, will keiner mehr. Es mutet grotesk an im Mutterland des Fußballs, doch fast eine Million Karten für das Fußball-Turnier in sechs Städten des Landes finden keine Abnehmer. Die Briten, verwöhnt durch hochklassige Spiele der Premier League, haben keine Lust auf olympischen Fußball.
Lord Sebastian Coe, als Vorsitzender des Organisationskomitees LOCOG der Frontmann der Spiele, wird nicht müde, die erwarteten Probleme zu negieren. „Unsere Experten haben alles im Griff. London ist während der Spiele eine sichere Stadt“, sagt der von der Queen geadelte 1500-m-Olympiasieger. Er vertraut auf die eng vernetzten Behörden und rund 23.700 Sicherheitskräfte, darunter 13.000 Soldaten. Scotland Yard und alle Geheimdienste sind involviert. Dass es schon zweimal gelang, Bombenattrappen auf das Olympiagelände zu schmuggeln, wird nicht weiter kommentiert. Auch Premierminister David Cameron spricht da lieber von der „größten Sicherheitsoperation auf britischem Festland in Friedenszeiten“.
Die Kosten für die Sicherheit schnellten auf nicht offiziell bestätigte 1,2 Milliarden Euro. Das Budget der Spiele von 9,3 Milliarden Pfund (11,25 Milliarden Euro) gerät laut Coe dennoch nicht aus den Fugen, weist angeblich sogar 591.000 Euro an Reserven auf. Auch weil die Kosten für die längst fertiggestellten Olympiabauten im Kontrast zu anderen Gastgebern früherer Spiele beim laut Coe „nachhaltigsten und grünsten Olympia der Geschichte“ auf den letzten Metern nicht mehr in die Höhe schnellten.
Die 7,8 Milliarden Euro zum Ausbau des Metro-Systems sind als infrastrukturelle Maßnahme nicht im Olympia-Etat enthalten. In das aus dem vorletzten Jahrhundert stammende veraltete Straßensystem wurde erst gar nicht investiert, der öffentliche Verkehr durch die Entscheidung pro Olympic Lane sogar weiter eingeschnürt. 10.000 Taxifahrer haben angekündigt, während der Spiele ihren Dienst einzustellen. Das würde die U-Bahn umso mehr belasten. (sid/abendblatt.de)