Norderstedt. Er führte Eintracht Norderstedt in die Regionalliga, holte 2016 den Oddset-Pokal – und arbeitet inzwischen erfolgreich in Flensburg.

Der vorläufige Höhepunkt seiner Trainertätigkeit bleibt Thomas Seeliger (54) in dieser Saison verwehrt. Anfang November stoppte Corona seinen SC Weiche Flensburg 08, mit acht Siegen aus neun Spielen das punktbeste Team der Regionalliga Nord. Ende Februar gab der Vorstand des Clubs von der Förde bekannt, aus wirtschaftlichen Gründen keine Lizenz für die 3. Liga zu beantragen – damit war der ursprünglich angepeilte Aufstieg dahin.

Dabei ist der nur wenige hundert Meter vom Edmund-Plambeck-Stadion entfernt wohnende Seeliger auf diesem Gebiet ein Experte. Als Trainer führte er Eintracht Norderstedt 2013 in die Regionalliga Nord. In seiner Profikarriere gelang ihm mit Fortuna Düsseldorf (1989), dem SC Freiburg (1993) und dem TSV 1860 München (1994) gleich dreimal der Sprung in die Fußball-Bundesliga. Doch in Seeligers 21 Saisons als Spieler auf dem Rasen (zwölf Clubs, 86 Erstligaeinsätze/10 Tore, 239 Zweitligaspiele/37 Tore) spiegelt sich nicht nur Erfolg, sondern auch eine längst vergangene Zeit.

Als Kicker ein Straßenfußballer und Allrounder

„Ich war ein Straßenfußballer und ein Allrounder, habe auf jeder Position gespielt und saß sogar einmal für den Notfall als Ersatztorwart auf der Bank“, so der gebürtige Medebacher. Meistens stürmte er – oder er glänzte mit seiner läuferischen Ausdauer im Mittelfeld.

Sein Debüt im Profifußball gab „Seele“ am 22. Juli 1987 für Fortuna Düsseldorf im Auswärtsspiel bei Rot-Weiß Essen im Stadion an der Hafenstraße vor 24.000 Zuschauern. „Es war eine Riesenatmosphäre, ein unglaubliches Kribbeln beim Auflaufen. Und ich habe das Tor zum 1:1-Endstand erzielt. Ein wunderbarer Einstand.“

Dazu verholfen hatte ihm Trainer Aleksandar Ristic. „Er war ein unnahbarer Coach mit einer harten Linie. Doch du wusstest bei ihm immer, woran du warst. Ristic war mit allen Wassern gewaschen, und wir haben ihn sehr geschätzt“, sagt Seeliger. Unter dem Bosnier errang er seine größten Erfolge. Vor allem im Gedächtnis geblieben sind ihm der Bundesliga-Aufstieg 1989 und – beim zweiten Engagement in Düsseldorf – das 3:1 gegen den damals unter Coach Otto Rehhagel zum FC Hollywood mutierten FC Bayern München in der zweiten Runde des DFB-Pokals. Thomas Seeliger bereitete das 1:0 und das 2:1 überragend vor, schoss das 3:1 selbst. „Wir waren der absolute Underdog und traten unglaublich frech auf. Das war ein unvergessliches Erlebnis“, erinnert er sich.

Die größten Erfolge gab’s unter Aleksandar Ristic

Gleiches galt für das folgende Wintertrainingslager. „Wir waren Tabellenletzter. Die anderen Teams fuhren nach Portugal, wir haben in Garmisch-Partenkirchen auf Rasen mit zwanzig Zentimeter Schnee drauf gespielt und sind in den Feldern gejoggt.“ Der Lohn für die Schinderei: der Klassenerhalt.

Zwischen zweimal Düsseldorf stieg Seeliger mit dem SC Freiburg und dem TSV 1860 München in die Bundesliga auf, wobei ihn gerade die Zeit in Freiburg nach seinem missglückten Ausflug zum AS Nancy (Abstieg aus der Ligue 1, vier Einsätze, kein Tor) prägte. „Trainer war Volker Finke, die Mitspieler unter anderem Jens Todt, Maximilian Heidenreich und Altin Rrakli. Es war ein großartiges Erlebnis, in dieser Truppe zu spielen.“

1995 erreichte Seeliger mit Zweitligist VfL Wolfsburg das Endspiel des DFB-Pokals gegen Borussia Mönchengladbach. Vor 76.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion unterlagen die Wölfe mit 0:3. „Am Schluss war das Ergebnis schon fast egal. Die Nationalhymne als Spieler hören zu dürfen und die Fans miteinander feiern zu sehen, das verursacht mir heute noch Gänsehaut.“

Später Einstieg ins Trainergeschäft

Seine vielen Vereinswechsel („Ich hatte immer meine Gründe“) bereut er nicht. Dafür allerdings den späten Einstieg in den Trainerberuf. „Ich habe gespielt, bis ich 41 war. Der Gedanke, Trainer zu werden, kam aus heutiger Sicht viel zu spät.“ Am Anfang sei er zudem viel zu unreif gewesen. Erst die Tätigkeit in der von ihm gegründeten Soccer-Academy für Kinder habe ihm geholfen. „Da habe ich gelernt, vor Gruppen zu sprechen. Sowohl vor Eltern als auch vor Kindern. Das hat mir unheimlich viel gebracht.“

Der Aufdruck auf dem T-Shirt sagt alles: Coach Thomas Seeliger präsentiert stolz den Hamburger Oddset-Pokal, den er mit Eintracht Norderstedt durch einen 4:1-Erfolg nach Verlängerung gegen Altona 93 gewann.
Der Aufdruck auf dem T-Shirt sagt alles: Coach Thomas Seeliger präsentiert stolz den Hamburger Oddset-Pokal, den er mit Eintracht Norderstedt durch einen 4:1-Erfolg nach Verlängerung gegen Altona 93 gewann. © Unbekannt | Anne Pamperin

Seine größten Erfolge als Coach feierte Thomas Seeliger, der seit 2015 Fußballlehrer ist, bei Eintracht Norderstedt zwischen 2012 und 2016. 2013 stieg das Team unter seiner Regie in die Regionalliga Nord auf. Und am 28. Mai 2016 glückte im Oddset-Pokalfinale ein 4:1-Sieg nach Verlängerung gegen Altona 93.

„Auf meine Zeit bei der Eintracht blicke ich sehr positiv zurück“, sagt Thomas Seeliger. „Ich habe der Mannschaft bei meiner Entlassung gesagt, dass ein Trainer diese bei seiner Verpflichtung immer mit unterschreibt. Irgendwann ist Schluss, nur das Datum ist am Anfang eben noch nicht eingetragen.“

Aktuell befindet sich Seeliger, der bei der Wahl von Schleswig-Holsteins Trainer des Jahres 2021 Platz drei hinter Ole Werner (Holstein Kiel) und Sven Tramm (SV Todesfelde) belegte, mit seinen Flensburgern im Wartestand. Punktspiele in der Regionalliga Nord wird es bis zum Sommer nicht geben. Doch dann will er mit seinem Team wieder angreifen. Um auch als Trainer in den Profibereich vorzustoßen.