Zweimal siegte Kathrin Dörre-Heinig in Hamburg, jetzt will Tochter Katharina hier WM-Norm laufen. Entscheidende Karriere-Phase steht an.
Hamburg. Kann man mit dieser Familiengeschichte etwas anderes werden als Marathonläuferin? "Ja klar", sagt Katharina Heinig, "ich war beim Ballet, in der Tanzgruppe, habe Hochsprung gemacht und Weitsprung, halt alles probiert." Und ist trotzdem auf der Langstrecke gelandet. Dann wohl doch das Talent, das ererbte. "Laufen", sagt die 23-Jährige, "konnte ich am besten."
Ihre Mutter Katrin Dörre-Heinig war in den 80er- und 90er-Jahren eine der besten Marathonläuferinnen der Welt, gewann Bronze bei Olympia, siegte in Berlin, Boston, London - und 1998 und 1999 in Hamburg. Ihr Vater ist Wolfgang Heinig, Trainer und Ehemann der Mutter. Seit November ist er wieder Bundestrainer und schon immer Heimtrainer der eigenen Tochter. "Das ist manchmal kompliziert", erzählt Wolfgang Heinig, "man kann nur sehr schlecht zwischen Training und Familienleben trennen."
Das wurde früher ja auch selten gemacht, als die Mutter noch aktiv war. Die kleine Katharina war meist dabei an den Laufstrecken der Welt, im Getümmel. Sie bekam auch den Rummel um die berühmte Mutter mit. "Ich fand das toll, wenn man im VIP-Bereich richtig verwöhnt wurde", erzählt sie.
Besonders toll war die Betreuung in Hamburg. Zu der Familie des damaligen Marathon-Renndirektors Wolfram Götz gab es ein freundschaftliches Verhältnis, zu Sohn Lennart besteht das noch immer. "Wolframs Frau hat uns Kinder mitgenommen, die Stadt gezeigt, wir waren bei Hagenbeck und so weiter, und ich war aus dem Trubel draußen", erinnert sich Katharina Heinig gern an ihre Kindertage in Hamburg. "Ich mag die Stadt, es ist hier wunderschön, und ich kenne viele Leute."
Die Idee, hier in diesem Jahr zu laufen, wurde dann auch relativ schnell konkret. Sie brauchte einen Frühlingsmarathon, um noch die B-Norm des Deutschen Leichtathletik-Verbands von 2:30:30 Stunden für die WM in Moskau zu schaffen. Moskau ist ihr großes "Zwischen"-Ziel, Olympia in Rio 2016 der Traum am Horizont. Die Motivation für diese großen Ziele ist seit dem Spätherbst wieder da. Die Krise aus dem Frühjahr 2012 ist überwunden.
Nach dem Hannover-Marathon wollte sie hinwerfen. Mit einer Magen-Darm-Erkrankung quälte sie sich über die Strecke, all die Mühen und Entbehrungen der Vorbereitung waren vergebens: "Ich fiel in ein Loch, ich fand das so ungerecht." Lange Gespräche mit Familie, Freunden und Vertrauten brachten die Lust zurück und schließlich das Ziel Moskau. Doch schon für die B-Norm der Weltmeisterschaft 2013 müsste Katharina Heinig ihre Bestleistung (2:39:03) aus dem Jahr 2012 steigern - ein ambitioniertes, aber nicht unrealistisches Ziel: "Neun Minuten klingt sehr viel, aber alle meine Werte in diesem Jahr deuten darauf hin, dass ich diese Leistung erreichen kann."
Vor dem langen deutschen Winter ist Katharina Heinig kurzfristig mit ihrer Mutter nach Spanien geflohen. Die Vorbereitung läuft, alles unter dem Oberkommando des Vaters und Trainers: "Ich bin stolz, ihn als Trainer zu haben. Er hat große Erfahrung, er kennt mich sehr gut und ich habe großes Vertrauen zu ihm", sagt sie, "auch wenn es mal Reibereien gab."
Die entscheidende Phase in der Marathon-Karriere steht jetzt an. "In den nächsten ein, zwei Jahren wird sich zeigen, ob sie eine internationale Karriere macht oder nicht", sagt Wolfgang Heinig. Hamburg wird auf diesem Weg ein wichtiger Schritt.