Der Hamburger Leichtathletik-Verband bietet kostenlose Lauftreffs überall in der Stadt an. Eine ideale Vorbereitung auf den Haspa-Marathon.
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden,
belebenden Blick,
Im Tale grünet Hoffnungsglück; Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Johann Wolfgang von Goethe, "Faust I", Osterspaziergang
Die Zeit der Ausreden ist vorbei. Der Winter, jedenfalls der gefühlte mit Schneefall, Frost und Glatteis, war kurz, Straßen und Wege sind wieder belaufbar. Das Training für den Haspa-Marathon am 29. April kann im vollem Umfang aufgenommen werden. Die Frage aber bleibt: Wo laufen Sie in den nächsten zwei Monaten am besten?
Wolfgang Timm, 64, ist der Vorsitzende des Breitensportausschusses des Hamburger Leichtathletik-Verbandes (HLV). Er hat 20 Marathons in Hamburg mitorganisiert und 70 in aller Welt gelaufen. Er wohnt im Stadtteil Ottensen und hat, das behauptet er, "die schönste und beste Laufstrecke Hamburgs" direkt vor der Tür - entlang der Elbe bis nach Blankenese. Das sind rund 15 Kilometer. Der Weg am Wasser bietet zudem alle Vorteile, die Timm für eine gute Übungsstrecke für unabdingbar hält: frische Luft, eine attraktive Gegend, ein abwechslungsreiches Profil und verschiedene Untergründe wie Asphalt, Steine und Sand. Timm: "Gute Luft spürt man in den Lungen, vor allem, wenn das Atmen schwerer fällt, ein schöner Ausblick kann motivieren, ein Profil mit Aufs und Abs gibt einen zusätzlichen Trainingseffekt, und ein unebener Untergrund stärkt die Feinmotorik in der Fußmuskulatur." Wer nur im Fitnessstudio auf dem Laufband trainiere, was bei Eis und Schnee durchaus angesagt sei, verliere auf Dauer sein Gleichgewichtsgefühl beim Laufen. Ihm wird es bei langen Strecken schwerfallen, die Balance zu halten.
Hamburg, das räumt Timm gern ein, hat nicht nur diese Paradestrecke zu bieten, sondern deren viele - zum Beispiel die Fischbeker Heide mit den 80 Meter hohen Schwarzen Bergen, das Alster- und Wandsetal, den Stadt- und den Volkspark oder das Bergedorfer Gehölz. Die Topografie der grünsten Stadt Deutschlands lädt zum Laufen ein, in fast jedem der 104 Stadtteile. Hamburg hat 28 große Parks und insgesamt rund 100 Grünanlagen. Überall gibt es dort Möglichkeiten zum Joggen, niemand muss weit fahren, wenn er sich bewegen will. Von Hamburgs populärster Laufstrecke, die 7,4-Kilometer-Runde um die Außenalster, hält Timm dagegen wenig: "Die Luft ist nicht die beste." Messungen hätten vor ein paar Jahren eine Schadstoffbelastung wie in der Nähe von Autobahnen ergeben.
Die Marathonläufer der Haspa, eine der größten betrieblichen Laufgruppen der Stadt, empfehlen deshalb andere Gelände. Florian Neumann trainiert vorzugsweise am Bramfelder See: "Die Strecke, vier bis fünf Kilometer lang, ist nicht so überfüllt wie an der Alster. Der Untergrund besteht aus einem Sand-Kies-Gemisch, auf dem es sich auch ohne Hightech-Schuhe gut laufen lässt." Marlies Borchhagen hat die mit zwei kleinen Umwegen rund acht Kilometer um den Außenmühlenteich in Harburg zu ihrer Lieblingsstrecke erkoren, Martin Köster den 2583 Meter langen Kurs um die Volksdorfer Teichwiesen, die Hausstrecke des "100-Marathon-Clubs", der hier seine Laufserien veranstaltet. Köster: "Die Strecke ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht erreichbar und kann mit vier attraktiven Varianten um einige Kilometer verlängert werden." Udo Winkler wiederum bevorzugt den Sülldorfer Klövensteen (7,5 Kilometer), Pascal Kipp zieht es auf die Wege um den Flughafen, "weil ich die Aussicht auf startende Flugzeuge atemberaubend finde". Für jeden Geschmack ist in Hamburg etwas dabei.
Wer nicht allein oder zu zweit laufen will, sondern in größeren Gruppen Gleichgesinnter, den rät HLV-Mann Timm, eines der regelmäßigen Lauftreffs des Leichtathletik-Verbandes zu besuchen (siehe Tabellen). Die Teilnahme ist kostenlos, die Anleitung professionell. Timm: "Das schafft Abwechslung im Trainingsablauf, und es ist nie schlecht, gerade für Einsteiger, die Erfahrung anderer zu nutzen." Wer unter methodischer Aufsicht lange Strecken laufen lerne, "der braucht dann nicht sechs Stunden für seinen ersten Marathon, der kann das in viereinhalb schaffen". Timms Vorschlags: Auch fürs Laufen sollte es eine Art Führerschein geben. Es sei wichtig zu wissen, wie der eigene Körper unter Belastungen funktioniert, wie man ihn in Form bringt und welche Warnzeichen es zu beachten gilt. Das Wichtigste: "Wenn man nicht richtig in Schwung kommt, wenn es sich anfühlt, als laufe man mit angezogener Handbremse, sollte man schleunigst einen Arzt, besser noch einen Kardiologen aufsuchen", sagt Timm. "Alle Toten bei Volksläufen, von denen es im Durchschnitt zwei pro Jahr gibt, hatten einen gesundheitlichen Vorschaden. Ein rechtzeitiger Arztbesuch hätte das Schlimmste höchstwahrscheinlich verhindert."