Hamburg. Beurlaubter HSV-Vorstand Boldt hatte ursprünglich andere Pläne. Trotz Kuntz-Bekenntnis steht Trainer Baumgart unter Erfolgsdruck.

Steffen Baumgart nimmt sich aktuell eine Auszeit in Bukarest. Nach seinem Urlaub auf Kreta und einem Besuch beim Konzert Herbert Grönemeyers im Bochumer Ruhrstadion ist der Trainer des HSV in die rumänische Hauptstadt gereist. Anders als in Hamburg, wo der Sommer auf sich warten lässt, genießt Baumgart dort Temperaturen um die 42 Grad, ehe ihn in eineinhalb Wochen wieder das hanseatische Schmuddelwetter erwartet.

Mit den Leistungstests am 29. und 30. Juni startet der HSV in die Vorbereitung auf die neue Spielzeit. Nach einer durchwachsenen Ausbeute von im Schnitt 1,67 Punkten aus zwölf Spielen seit seiner Amtsübernahme im Februar geht es für Baumgart in den Wochen vor dem Saisonstart (2. August) darum, der Mannschaft Lösungen gegen die zumeist tief stehenden Gegner zu vermitteln.

HSV-Trainer Baumgart unter Erfolgsdruck

Für Baumgart, der einen völlig anderen Fußball spielen lässt als Vorgänger Tim Walter, beginnt nun eine Art Neustart beim HSV. Es wäre „nicht HSV-like, jetzt den Trainer infrage zu stellen“, hatte Sportvorstand Stefan Kuntz bei seiner Präsentation gesagt und darauf verwiesen, dass Baumgart noch nicht die Chance hatte, die Mannschaft in einer Vorbereitung nach seinen Vorstellungen auszurichten.

Obwohl der Trainer diese Möglichkeit nun bekommt, steht er gleich mit dem ersten Pflichtspiel der neuen Zweitligasaison unter Erfolgsdruck. Bislang hat es Baumgart noch nicht geschafft, die Spieler von seinem Weg restlos zu überzeugen. Wegen des verpassten Aufstiegs und der bisweilen harmlosen Offensive kamen nach der abgelaufenen Saison Zweifel im Aufsichtsrat des HSV auf, ob Baumgart der richtige Trainer ist.

Am Ende liegt diese Personalentscheidung jedoch nicht im Verantwortungsbereich des Kontrollgremiums, sondern des Vorstands – und der hat in Person von Kuntz ein Machtwort gesprochen.

Boldt wollte Svensson zum HSV holen

Dennoch spürt Baumgart, dass er im Volkspark keinen bedingungslosen Rückhalt erfährt. Eine Beobachtung, die bereits vor seiner Verpflichtung seinen Ursprung fand. Auf der Suche nach einem Nachfolger für Ex-Coach Walter standen nach Abendblatt-Informationen drei Trainer höher im Kurs von Ex-Vorstand Jonas Boldt. Einer von ihnen war Bo Svensson, den Boldt gern verpflichtet hätte.

Der Manager führte bereits in der Winterpause mehrere gute Gespräche mit dem Ex-Mainzer, um für den Fall einer zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgten Walter-Trennung vorbereitet zu sein. Doch Svensson wollte nach seinem Rücktritt beim Bundesligisten Anfang November eine mehrmonatige Pause einlegen und stand somit nicht zur Verfügung.

Bo Svensson sollte Trainer des HSV werden. Nun ist der Däne bei Union Berlin.
Bo Svensson sollte Trainer des HSV werden. Nun ist der Däne bei Union Berlin. © Imago / Sven Simon | Unbekannt

HSV: Svensson sollte auf Polzin folgen

Daraufhin verfolgte Boldt die Idee, Kuntz als Trainer bis zum Sommer zum HSV zu holen. Weil auch dieser Deal nicht zustande kam und die Zweifel an Walter nach einem holprigen Rückrundenstart mit acht Gegentoren in den beiden Heimspielen gegen Karlsruhe und Hannover (jeweils 3:4) zunahmen, entschied sich Boldt im Februar für Interimstrainer Merlin Polzin.

Der Plan sah vor, sich mit dieser Maßnahme Zeit zu verschaffen. Der bisherige Co-Trainer sollte den HSV in den fünf Spielen bis zur Länderspielpause im März stabilisieren, ehe Boldt einen neuen Anlauf nehmen wollte, Svensson zum HSV zu locken.

Doch nach nur einer Partie, einem wilden 2:2 beim späteren Absteiger Hansa Rostock, war der Versuch mit Polzin schon wieder beendet. Der Handlungsdruck auf Boldt nahm zu, eine aufstiegstaugliche Lösung für den Trainerstuhl zu präsentieren. Da Svensson, Kuntz und ein dritter, dem Abendblatt nicht bekannter Kandidat für eine schnelle Verpflichtung nicht zur Verfügung standen, intensivierte der damalige HSV-Sportvorstand die Gespräche mit Baumgart.

HSV-Aus für Boldt – Svensson nicht mehr in Baumgarts Schatten

Boldt soll zwar auch Zweifel an dieser Variante gehabt haben. Letztlich überwog aber die Ansicht, dass der Trainermarkt keine bessere Alternative bot, denn auch der ebenfalls bei Boldt hoch im Kurs stehende Lukas Kwasniok war mitten in der Saison nicht aus seinem Vertrag beim Ligarivalen SC Paderborn zu bekommen.

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Doch Baumgart, der die Mannschaft auf Platz drei übernahm, führte den HSV nicht zum ersehnten Aufstieg. Stattdessen rutschten die Hamburger auf Rang vier ab und holten in diesem Zeitraum zehn Punkte weniger als der spätere Relegationsteilnehmer Düsseldorf.

Als Konsequenz musste Boldt gehen und Kuntz kam – allerdings als Sportvorstand und nicht als Trainer, denn dieser heißt weiterhin Baumgart. Und Svensson? Der ist nun Trainer bei Union Berlin und steht damit nicht mehr in Baumgarts Schatten, wenn dieser aus dem Urlaub zurückkehrt.