Hamburg/Darmstadt. Dem HSV-Torjäger gelang beim Sieg beim Tabellenführer ein historischer Viererpack. Die Komplimente dafür gab er weiter.
Man kann sich leichtere Aufgaben vorstellen als die, die Robert Glatzel beim HSV Anfang der Saison angenommen hat. Simon Terodde sollte er ersetzen, den besten Torjäger der Zweitligageschichte, der sich nach nur einer Saison in Hamburg zum FC Schalke verabschiedet hatte. Und als für Glatzel nach sechs Spielen nur zwei Tore, aber deutlich mehr vergebene Großchancen zu Buche standen, durften sich alle bestätigt fühlen, die ja gleich gesagt hatten, dass das nicht gut gehen würde.
Seit Sonntag ist diese Kritik wohl endgültig verstummt. Mit vier Toren überragte Glatzel beim 5:0-Sieg in Darmstadt. Es war ein Nachmittag für die Geschichtsbücher, mindestens aber ein Fest für Fußballstatistik-Freaks. Mit folgenden Marken hat sich Glatzel (28) jetzt eingetragen.
- Erster HSV-Viererpacker der 2. Bundesliga: Seit dem Abstieg 2018 hatte noch kein Hamburger vier Tore in einem Spiel erzielt. Je drei Tore waren zuvor Pierre-Michel Lasogga (2018 beim 3:2-Sieg gegen Heidenheim) und Aaron Hunt (2021 beim 3:3 in Hannover) gelungen.
- Erster HSV-Auswärts-Viererpack: Nie zuvor hat ein Hamburger Profi in einem fremden Stadion viermal getroffen. Überhaupt ist nur zwei HSV-Spielern jemals ein Viererpack gelungen: Manfred Pohlschmidt (1966 beim 8:0-Sieg gegen Karlsruhe) und Horst Hrubesch (1982 beim 6:1-Sieg gegen Düsseldorf).
- Blitzstart-Hattrick: Früher als in der 13. Minute hat in der 1981 eingeführten eingleisigen 2. Bundesliga noch kein Spieler drei Tore erzielt. Einer war allerdings genauso schnell wie der HSV-Stürmer: Freiburgs Nils Petersen 2015 beim 6:3-Sieg gegen Nürnberg.
- Langsamster Viererpack: 83 Minuten – so viel Zeit hat sich noch kein Vierfachtorschütze in der 2. Bundesliga von seinem ersten bis zu seinem vierten Treffer gelassen. Glatzel löste damit Dirk Kurtenbach von den Stuttgarter Kickers ab, der 1987 seine vier Treffer beim 7:0-Sieg gegen Saarbrücken über 82 Minuten ausgedehnt hatte.
- Zweitschnellster HSV-Hattrick: Zwischen dem ersten und dem dritten Glatzel-Tor lagen 7:45 Minuten – in der Vereinsgeschichte gelang nur ein Hattrick jemals schneller: Pierre-Michel Lasogga benötigte 2013 beim 5:0-Sieg in der Bundesliga in Nürnberg ein paar Sekunden weniger (7:22 Minuten). Den Rekord für den schnellsten Hattrick in der eingleisigen 2. Bundesliga hält Helmut Hampl: Er traf 1983 für Hessen Kassel beim 3:1-Sieg in Saarbrücken dreimal innerhalb von vier Minuten.
- Persönlicher Rekord: Mit 14 Toren hat Glatzel schon jetzt seine persönliche Profi-Bestmarke für eine Ligasaison überboten. In der 2018/19 hatte er für Heidenheim 13-mal getroffen. In der laufenden Serie liegen nur sein HSV-Vorgänger Terodde und St. Paulis Guido Burgstaller (je 15) vor ihm.
Drei Tore waren Glatzel selbst letztmals 2019 gelungen: bei der 4:5-Niederlage mit Heidenheim im DFB-Pokal bei Bayern München. Von dem Spiel hat er zu Hause ein Bild hängen, wie er am Montag in einer Medienrunde erzählte.
Glatzel würdigt seine HSV-Mitspieler
Aber die persönlichen Rekorde seien zweitrangig. "Wir haben als Mannschaft in den letzten Spielen einen echten Schritt nach vorn gemacht", sagte Glatzel. Das erkläre auch seine neue, alte Treffsicherheit. Und dass er immer das Vertrauen des Trainerteams gespürt habe, auch wenn die Schüsse mal danebengingen.
Den Spielball, den er aus Darmstadt als Andenken mitgenommen hatte, will er jetzt von seinen Teamkollegen unterschreiben lassen. Jeder von ihnen habe am Sonntag "eine Topleistung" erbracht, sagte Glatzel. "Ich konnte davon profitieren und muss mich bei jedem Einzelnen bedanken".
Die HSV-Profis in der Einzelkritik:
Am kommenden Sonnabend geht es im Volksparkstadion gegen seine alte Mannschaft Heidenheim, mit der ihn immer noch viel verbinde – und die wieder einmal selbst um den Aufstieg mitspielt. "Sie sind eine eingespielte Mannschaft, die in Ruhe arbeiten kann und meistens unterschätzt wird", sagte Glatzel.
Tabellenspitze 2. Bundesliga:
1. SV Darmstadt 21 Sp. / 45:27 / 39 Pkt.
2. FC St. Pauli 21 / 42:29 Tore / 38
3. Werder Bremen 21 / 41:29 / 38
4. HSV 21 / 39:20 / 37
5. FC Schalke 21 / 42:25 / 37
6. 1. FC Heidenheim 21 / 28:26 / 37
7. 1. FC Nürnberg 21 / 29:28 / 33
8. SC Paderborn 21 / 38:28 / 31
9. Jahn Regensburg 21 / 40:32 / 31
Aber was für den HSV spreche: Die Mannschaft denke selbst nicht über den Aufstieg und die Konkurrenten nach, sondern konzentriere sich auf die eigene Leistung. Glatzel: "Genau so müssen wir weitermachen." Sagt sich so leicht.