Hamburg. Sportchef der Elftal spricht sich im Podcast für europäische Vorverlegung aus und schwelgt in HSV-Erinnerungen.

Den Abend des 21. Mai vor 17 Jahren erinnert Nico-Jan Hoogma noch genauso, als wenn er gestern gewesen wäre. Es war der Abend vor seinem letzten Spiel als HSV-Profi – und Hoogma konnte nicht schlafen. „Wir waren im Mannschaftshotel Treudelberg und ich habe dann gegen Mitternacht bei Hermann Rieger auf dem Zimmer angerufen.“ Genau wie der Niederländer sollte auch der 2014 verstorbene Physiotherapeut am nächsten Tag beim letzten Spiel der Saison gegen Eintracht Frankfurt verabschiedet werden.

 „Wir haben uns bei Hermann im Zimmer getroffen, zwei große Weizen bestellt, uns auf seine Massagebank gesetzt und bis in die Nacht in Erinnerungen geschwelgt“, sagt Hoogma, als er beim Podcast „HSV – wir müssen reden“ mit dem Abendblatt über Zoom verbunden ist.

Hoogma, der mittlerweile Sportdirektor der niederländischen Nationalmannschaft ist, sitzt in seinem Büro im Quartier der Elftal und perfektioniert das „in Erinnerungen schwelgen“. Der 52-Jährige denkt an wilde Nächte in der Diskothek U1 in Henstedt-Ulzburg zurück, an die Fahrgemeinschaft mit An­dreas „Sexmachine“ Fischer, an eine feuchtfröhliche Mannschaftsfeier auf Sylt und an Barabende mit Erik Meijer am Mittelweg. „Ich hatte eine unglaubliche Zeit beim HSV“, sagt Hoogma, der 2018 noch einmal in Verhandlungen mit seinem Ex-Club als Sportvorstand stand. „Es hat nicht gepasst. Zweimal hatte ich eine Anfrage, zweimal sind wir nicht zusammengekommen. Aber wie sagt man: Aller guten Dinge sind drei.“

Statt zum HSV wechselte Hoogma zum niederländischen Fußballverband

Statt zum HSV wechselte Hoogma nach 14 Jahren als Profi und Manager in Almelo 2018 zum niederländischen Fußballverband und ist seitdem als Sportdirektor für die Elftal und die Nachwuchsteams verantwortlich. Am Montagabend schaute Hoogma beim ersten Training von Neu-Nationaltrainer Louis van Gaal („Er ist sehr klar, weiß genau, was er will, aber auch sehr sympathisch“) zu, ehe er am Mittwoch zum Länderspiel gegen Norwegen nach Oslo fliegt.

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Und obwohl die Niederlande noch WM-Qualifikationsspiele am Sonnabend und Dienstag gegen Montenegro und die Türkei auf dem Programm haben, fliegt Hoogma trotzdem am Donnerstagmorgen für einen Kurztrip nach Hamburg. Der Hintergrund: Am Freitag benennt die Leibniz Privatschule Kaltenkirchen ihre neue Sporthalle nach dem ehemaligen HSV-Spieler, der zwischen 1998 und 2004 in Kaltenkirchen gewohnt hat. „Für mich ist das eine große Ehre. Auch meine Frau wird kommen, weil wir noch immer sehr viele Freunde und frühere Nachbarn in Kaltenkirchen haben“, sagt Hoogma.

Der Abschied aus dem 23.000-Einwohner-Städtchen im Kreis Segeberg sei ihm und seiner Familie schwergefallen, erinnert er sich. Doch im Nachhinein hat Hoogma sicherlich alles richtig gemacht. Denn nach seinen letzten beiden Profijahren bei Heracles Almelo siedelte der frühere Innenverteidiger vom Strafraum an den Schreibtisch um und arbeitete für elf Jahre sehr erfolgreich als Heracles-Manager, ehe er zur Nationalmannschaft wechselte. Was er aus der Zeit als Almelos Sportchef vor allem noch weiß: „Die Zeit rund um die Deadline Days war immer extrem stressig. Da hätte ich wahrscheinlich nicht am Vortag die Zeit gehabt, einen Podcast aufzunehmen.“

Transferfrist ist "bizarr"

Geht es nach Hoogma, setzen sich die Clubs allerdings unnötig viel Stress aus. Die Transferfrist am 31. August, also lange nach Beginn der meisten europä­ischen Ligen, nennt Hoogma „bizarr“. „Wir sollten den Deadline Day in ganz Europa auf den 1. August vorverlegen. Das wäre für alle besser: für die Clubs, die Fans und die Sponsoren. Man wüsste vor dem Saisonstart, woran man ist“, sagt der Funktionär, der sich aber keine Illusionen macht. „Die Niederlande sind zu klein, um so eine Diskussion in Gang zu bringen. Wir müssen uns an England und Co. orientieren, um mitzuhalten.“

B1998 bis 2004 beim HSV: Nico-Jan Hoogma
B1998 bis 2004 beim HSV: Nico-Jan Hoogma © Imago Sport | imago sport

Eine Bewertung des HSV-Kaders traut sich Hoogma, der den HSV noch immer intensiv verfolgt, einen Tag vor dem Deadline Day nicht zu, da an diesem Dienstag ja noch das eine oder andere passieren soll. Klar sei nur: „Diese Zweite Liga ist verdammt schwer. Das musste der HSV in den vergangenen drei Jahren auch hart lernen.“

Hoogma will sich ein Heimspiel des HSV anschauen

Trotzdem will Hoogma noch in dieser Saison im Volkspark vorbeischauen und sich ein Heimspiel des HSV angucken. Nicht wegen der alten Zeiten, sondern wegen Ludovit Reis. Der 21 Jahre alte Mittelfeldspieler wurde gerade erst für die niederländische U 21 nominiert. „Ludovit ist ein guter Junge“, sagt Hoogma. Reis sei zweikampfstark und gut in Eins-gegen-eins-Situationen. „Ich hoffe, dass er einen sehr guten Weg in Hamburg macht. Ich wünsche ihm viel Erfolg bei diesem super Verein.“

Sein letzter Auftritt bei diesem super Verein wird für Hoogma immer unvergessen sein. Am Tag nach dem Weißbierabend mit Hermann Rieger lief Hoogma an den Händen seiner Söhne Justin und Robin ein letztes Mal auf den Rasen, genoss jede Sekunde des Spiels – und siegte 2:1 gegen Frankfurt. „Manchmal kann ein Bierchen am Abend vor dem Spiel helfen“, scherzt Hoogma.

Den kompletten Podcast mit Gastauftritten von u. a. Sohn Justin (2019 St. Pauli), den früheren HSV-Legenden Andreas Fischer, Erik Meijer, Martin Pieckenhagen, Bastian Reinhardt und Thomas Doll hören Sie ab sofort kostenlos überall da, wo es Podcasts gibt oder hier: www.abendblatt.de/hsv-podcast.

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