Gelsenkirchen. HSV gewinnt Auftaktspiel der 2. Bundesliga nach 0:1-Rückstand mit 3:1 auf Schalke. Glatzel, Heyer und Jatta treffen

Tim Walter ballte die Hand zur Faust, als der Schlusspfiff durch die Veltins Arena hallte. Der neue HSV-Coach war sichtlich zufrieden mit dem verdienten 3:1 (0:1)-Erfolg beim FC Schalke. Es war vor allem die Leistung seiner Mannschaft, die Walter imponierte. „Mut, Bereitschaft und Intensität“, hatte der Coach vor dem Zweitligaauftakt gefordert. Drei Attribute, die der 45-Jährige in dem über weite Strecken hochklassigen Topspiel dann auch zu sehen bekam.

Robert Glatzel, Moritz Heyer und Bakery Jatta sorgten mit ihren Toren für einen perfekten Saisonstart. Der Lohn dafür: Der Trainer gab der Mannschaft zwei Tage frei. "Es war nicht ganz einfach, wir fangen früh das Gegentor. Das ist auswärts nicht schön, aber wir haben unseren Fußball durchgezogen. Das war bemerkenswert", lobte der neue HSV-Kapitän Sebastian Schonlau.

Walter setzte wie erwartet auf die Siegerelf der erfolgreichen Generalprobe vor sechs Tagen gegen Basel (1:0). Einzige Überraschung war die Kadernominierung Sonny Kittels, der nahezu die komplette Vorbereitung wegen eines Haarrisses in der Wade verpasst hatte.

Transferpoker um HSV-Profi Onana geht in die heiße Phase

Amadou Onana gehörte dagegen nicht zum 20-köpfigen Aufgebot. Der Belgier hatte das Abschlusstraining am Vortag mit einem dick bandagierten Knie abgebrochen, trat die Reise nach Gelsenkirchen gar nicht erst an. Denkbar ist, dass Onana nie wieder im Spieltagskader des HSV stehen wird, denn der talentierte Mittelfeldspieler möchte den Club nach nur einem Jahr unbedingt verlassen.

Wie berichtet, ist sich Onana mit dem französischen Meister OSC Lille über einen Wechsel einig. Weit von einer Einigung entfernt sind dagegen die beiden Vereine. Lille bietet bislang eine Ablöse von sechs Millionen Euro, der HSV hält an seiner Forderung von mindestens acht Millionen fest – exklusive Bonuszahlungen sowie einer zehnprozentigen Weiterverkaufsklausel. Walter soll Onana intern bereits abgeschrieben haben.

Der eingewechselte Heyer erzielt das HSV-Führungstor

Auf Schalke zeigten die Hanseaten schon einmal, wie sie auch ohne Onana erfolgreich sein können. Zunächst allerdings waren es die Gastgeber, die den Ton angaben. Schon nach wenigen Minuten hatte Simon Terodde die Führung auf dem Fuß, als er sich im Strafraum geschickt vom neuen HSV-Kapitän Sebastian Schonlau löste und nur knapp daneben zielte (5.).

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Walters Elf versuchte in der Anfangsphase, das Spiel durch viel Ballbesitz zu beruhigen. Ein Plan, der zunächst nicht aufging, denn nur zwei Minuten später bewies Terodde mehr Präzision. Gyamerah verlor den Ball in der Vorwärtsbewegung an Dominick Drexler, der hastig aus der Viererkette gerückte David verpasste es, Marius Bülters Pass in die Tiefe zu blocken, Jonas Meffert hob das Abseits auf, und Terodde behielt am Ende die Nerven. Schiedsrichter Timo Gerach hatte zwar zunächst auf Abseits entscheiden, wurde aber vom Videoassistenten überstimmt – und schon stand es 1:0 für Schalke (7.).

HSV-Torjäger Glatzel scheitert mit Foulelfmeter an Torhüter Langer

Die Hamburger wirkten schockiert. Dann aber verhalf ihnen ausgerechnet ein Schalker zur größten Möglichkeit auf den Ausgleich. Youngster Florian Flick brachte David Kinsombi im Strafraum zu Fall (27.). Doch Glatzel nahm das Geschenk nicht an. Sein halbhoch geschossener Elfmeter war eine dankbare Beute für Torwart-Oldie Michael Langer (36), der Ralf Fährmann (Corona positiv) vertrat. Trotz einer engagierten Leistung war der Strafstoß für den HSV der erste Schuss aufs Tor – und bis zur Halbzeit sollte kein weiterer hinzukommen. Stattdessen hätte Bülter beinahe auf 2:0 für Schalke erhöht (36.).

Dennoch erhielt der HSV zur Pause Lob für sein zu großen Teilen gelungenes Passspiel. „Der HSV hat mir sehr gut gefallen mit seinen Positionswechseln und dem Gegenpressing“, sagte Ex-Trainer Hannes Wolf in der Halbzeit bei Sat.1. „Das 1:1 wäre gerechtfertigt gewesen.“ Der aus Wolfs Sicht verdiente Ausgleich sollte auch nicht mehr lange auf sich warten. Mit der ersten gefährlichen Aktion nach dem Seitenwechsel zwang Tim Leibold bei seinem Freistoß auf den Torwinkel Langer zu einer Glanzparade. Den Abpraller vollstreckte Glatzel in bester Torjägermanier zum 1:1 (53.).

Heuer Fernandes rettete mit sensationellen Paraden den HSV-Sieg

Von nun an entwickelte sich der pa-ckende Schlagabtausch, auf den die vielen Zuschauer weltweit gehofft hatten. Den Anfang machte Jatta mit einem frechen Lupfer (54.). Es folgten die Schalker Abschlüsse von Thomas Ouwejan (55.) und Bülter (59.) sowie Teroddes Dreifachchance (61.). In dieser Phase war es vor allem Daniel Heuer Fernandes, der seine Mannschaft mit seinen Paraden vor einem erneuten Rückstand bewahrte. Er wurde von den Sat.1-Zuschauern zum „Man of the Match“ gewählt.

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Gegen Ende der Partie übernahm der HSV wieder mehr Spielkontrolle durch seine geschickten Ballstafetten. Und Schalke? Der Bundesligaabsteiger schien sich mit dem Remis abzufinden zu wollen. Ein Gedanke, mit dem sich der eingewechselte Heyer (86.) bei seinem platzierten Linksschuss zum 2:1 und danach Jatta zum 3:1 (90.) nicht anfreunden konnten. Und so entführte der HSV drei Punkte aus der Schalker Arena.

Schalke: Langer – Thiaw, Flick (57. Becker), Kaminski – Ranftl, Palsson, Latza (32. Idrizi), Ouwejan – Drexler (73. Krasniqi) – Terodde, Bülter.

HSV: Heuer Fernandes – Gyamerah, David, Schonlau, Leibold – Meffert – Kinsombi (71. Rohr), Reis (67. Heyer) – Wintzheimer (78. Kittel) – Glatzel (78. Kaufmann), Jatta.

Tore: 1:0 Terodde (7.), 1:1 Glatzel (53.), 1:2 Heyer (86.), 1:3 Jatta (90.). SR: Gerach (Landau). Z.: 19.770.

Gelb: Flick, Bülter – Meffert, Heyer.

Besonderes Vorkommnis: Langer hält Foulelfmeter von Glatzel (27.).

Abwehrspieler David Bates (24/Vertrag bis 2022) trainiert bis auf Weiteres bei der U21, soll dort aber nicht zum Einsatz kommen. Der HSV hofft auf eine schnelle Vertragsauflösung.