Hamburg. Im Nordderby gegen Werder Bremen treffen am Sonntag zwei spezielle Kader aufeinander, die sich durchaus ähneln.

Die Vorfreude auf das Nordderby gegen Werder Bremen könnte kaum größer sein. Wenn sich die beiden jungen Mannschaften aus dem Norden gegenüberstehen, geht es um den Aufstieg. Der Stolz beim HSV über die Entwicklung der vergangenen Wochen ist groß. „Wir haben einen Topkader, der noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung ist.“ Das sagt nicht etwa Sportvorstand Jonas Boldt über die HSV-Profis, sondern Nachwuchsdirektor Horst Hrubesch über die U 21, die am vergangenen Wochenende in der Regionalliga Nord den überraschenden Einzug in die Aufstiegsrunde geschafft hat und dort ab 12./13. März unter anderem auf die U 23 von Werder Bremen trifft.

Während die vor der Saison stark verjüngte U 21, die in fast allen Spielen einen Altersschnitt zwischen 19 und 20 Jahren hatte, in der Meisterrunde aufgrund der Punktemitnahme keine realistische Chance auf den Aufstieg hat und den Rest der Saison frei aufspielen kann, geht es für die Profis des HSV an diesem Sonntag (13.30 Uhr) im großen Derby gegen Werder Bremen um wichtige Punkte im Kampf um die ersten zwei Plätze. Auf diesen stehen die beiden Nordrivalen nach 23 Spieltagen.

HSV News: Jüngsten Kader der Liga treffen aufeinander

Eine Momentaufnahme, die noch vor wenigen Wochen nicht zu erwarten war. Und die auch bemerkenswert ist, wenn man bedenkt, dass am Sonntag die beiden jüngsten Kader der Zweiten Liga aufeinandertreffen. Der Tabellenzweite HSV hat mit einem Durchschnittsalter von 24,0 Jahren den Küken-Kader, dahinter folgt schon Spitzenreiter Werder Bremen mit 24,2 Jahren.

Während Sportdirektor Michael Mutzel nach dem dritten verpassten Aufstieg in Folge im vergangenen Sommer auf die Verjüngung im Profikader drängte, entschied Hrubesch im Nachwuchs, dass in der zweiten Mannschaft sowie in der U 19 nur noch die jüngsten Jahrgänge spielen sollen. Während der Tabellenstand bei der A-Jugend darunter leidet und die Mannschaft von Trainer Oliver Kirch in der U-19-Bundesliga nur auf Rang zwölf (elf Punkte hinter Werder Bremen) liegt, bestätigte die U 21 von Chefcoach Pit Reimers auch in der Tabelle die Idee von Hrubesch.

Suhonen soll beim HSV verlängern

Sinnbild für die neue Ausrichtung im Volkspark ist Anssi Suhonen. Der 21 Jahre junge Finne, der seit 2017 im HSV-Nachwuchs ausgebildet wurde, hat in dieser Saison unter Tim Walter seine ersten elf Einsätze bei den Profis erhalten. Einer davon beim 2:0-Derbysieg des HSV im Hinspiel im Weserstadion. Suhonen ist sich aber auch nicht zu schade, für die U 21 zu spielen. Am Sonntag führte er die zweite Mannschaft mit seinem Freistoßtor beim 2:1 gegen Phoenix Lübeck zum entscheidenden Sieg.

Der Lohn: Nach Abendblatt-Informationen soll Suhonen beim HSV zeitnah einen neuen Vertrag unterschreiben. Ein erstes Treffen zwischen dem Club und Suhonens Management hat es bereits gegeben. Der Vertrag des finnischen U-21-Nationalspielers läuft im Sommer 2023 aus. Um den Mittelfeldspieler langfristig zu halten und ihn womöglich später gewinnbringend zu verkaufen, soll der Kontrakt um drei Jahre ausgedehnt werden. Die Chancen auf eine Verlängerung stehen gut, weil Suhonen sieht, dass er unter Trainer Walter bei den Profis eine gute Perspektive auf Spielzeit hat.

HSV hatte schon 2018 den jüngsten Kader

Suhonen ist einer von aktuell sechs Spielern im Profikader, die im eigenen Nachwuchs ausgebildet wurden. Dazu gehören noch die zuletzt Langzeitverletzten Josha Vagnoman (21) und Stephan Ambrosius (23) sowie Faride Alidou (20), Jonas David (21) und Elijah Krahn (18), der zuletzt beim 5:0 in Darmstadt sein Profidebüt gab. Krahn gilt aktuell als spannendstes Talent, das den Durchbruch schaffen könnte. Mit Robin Velasco (19), Arlind Rexhepi (18) oder Valon Zumberi (19) aus der U 21 warten weitere Youngster auf ihre Chance.

2018 nach dem Abstieg hatte der HSV schon einmal den jüngsten Kader der Liga. Damals stand der Großteil der Eigengewächse wie Patric Pfeiffer, Aaron Opoku, Marco Drawz oder Tobias Knost aber nie im Spieltagskader. Ähnlich sieht das aktuell bei Werder Bremen aus. Der neue Trainer Ole Werner hat den Jugendwahn seines Vorgängers Markus Anfang deutlich angepasst. Spielten unter Anfang zu Saisonbeginn noch Eigengewächse wie Eren Dinkci (20) oder Abdenego Nankishi (19), setzte Werner bei Werder zuletzt wieder auf eine sehr erwachsene Startelf.

Aaron Hunt und Co. passten nicht mehr zur Philosophie

Beim HSV ist es nur die Mittelachse aus Torhüter Daniel Heuer Fernandes (29), Kapitän Sebastian Schonlau (27), Sechser Jonas Meffert (27), Spielmacher Sonny Kittel (29) und Stürmer Robert Glatzel (28), die Erfahrung mitbringt, gleichzeitig aber auch noch die Motivation mitbringt, ihr Können auch in der Bundesliga beweisen zu können. Um diese Achse herum haben sich junge Spieler wie Mario Vuskovic (20) und Ludovit Reis (21) zu Leistungsträgern entwickelt.

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Mit Tim Walter hat der HSV zudem einen Trainer gefunden, der sich traut, die Talente spielen zu lassen. Als Boldt ihn im Sommer verpflichtete, war klar, dass es für Spieler wie Aaron Hunt (35) keine Zukunft mehr gibt. Der langjährige Bremer und Hamburger hat nun vor dem Spiel seiner Ex-Clubs sein Karriereende verkündet. In das laufintensive Spiel von Walter hätte Hunt nicht mehr gepasst, ebenso wenig wie Klaus Gjasula (32) und Toni Leistner (31), von denen sich der HSV nach nur einem Jahr trennte.

HSV News: Worauf die Hamburger hoffen

Die Hamburger hoffen nun, mit ihrer verjüngten Mannschaft die hohe Intensität in der Zweiten Liga über den gesamten Verlauf der Spielzeit gehen zu können. Mit dem Derby gegen Werder beginnt das letzte Saisondrittel, in dem es der HSV besser machen will als in den drei Jahren zuvor. Und wenn es wieder nicht klappt? Dann hat der Club zumindest viele Spieler, die noch lange nicht am Ende ihrer Entwicklung sind, wie es Horst Hrubesch sagen würde.