Berlin. Der Hertha-Coach gibt sich vor dem brisanten Duell mit seinem Ex-Club vollkommen entspannt– und sendet ein Signal nach Hamburg.

Felix Magath hatte den Raum schon fast verlassen, da drehte er sich kurz noch mal um. Der 68-Jährige grinste in die Runde und sagte: „In Hamburg sagt man tschüss.“ Auch wenn der Trainer von Hertha BSC vorher beteuert hatte, dass die Konstellation im ersten Relegationsspiel zwischen seinen Berlinern und seinem Ex-Klub Hamburger SV (Donnerstag, 20.30 Uhr, Sat.1 und Sky) keine Rolle spiele, sendete der Chefcoach mit seiner kurzen Verabschiedung nach der Pressekonferenz am Mittwoch ein klares Signal: Er hat das Spiel verstanden. Und er spielt es auf allerhöchstem Niveau.

Deshalb wollte Magath auch überhaupt nichts mehr von dem verpassten Klassenerhalt am vergangenen Sonnabend wissen. Das sei doch nun wirklich schon ewig her, sagte der Trainer. Vier Tage später. „Wir haben die Situation im Griff“, lautete seine Einschätzung der Lage.

Relegation: Zukunft des Vereins steht auf dem Spiel

Die Vergangenheit spielt für Herthas Trainer keine Rolle. Das gilt für seine eigene beim HSV genau wie für die zurückliegenden Wochen mit dem Hauptstadtklub. Den Berlinern kann das nur guttun. Schließlich geht es am Donnerstag und dann am Montag im Rückspiel in Hamburg um nicht weniger als die Zukunft des Vereins.

Das weiß auch Magath. Deshalb griff der einstige Meistercoach ganz tief in die Kiste der Psychotricks. Seine Mannschaft stark zu reden, wenn sie am Boden liegt, das gehört mittlerweile zum Standardrepertoire eines jeden Trainers. Sie mit Wörtern wie Weltmeister und Olympiasieger zu triggern, geht dann eine Stufe weiter.

„Weltmeister und Olympiasieger haben hier trainiert"

Und so saß Magath am Mittwoch im Olympischen Trainingszentrum in Kienbaum und schwärmte von der „Aura“ des Erfolgs in Grünheide. „Wir haben uns die Sportschule ja ausgesucht, weil hier die Sieger herkommen“, sagte er. „Weltmeister und Olympiasieger haben hier trainiert und gearbeitet. Ich denke, da sind wir in bester Gesellschaft, und das färbt dann auch auf unsere Spieler ab.“

Die Message ist eindeutig: Die Mannschaft muss an sich glauben, sonst wird das nichts mit dem ersten Schritt zum Klassenerhalt. Deshalb redete Magath auch einen psychologischen Vorteil des Gegners weg. Nur weil sich der HSV in letzter Minute die Relegation sicherte und Hertha in Dortmund das Spiel und das Rennen um Platz 15 verlor, würde das jetzt nicht die Kräfteverhältnisse verschieben.

„Wir haben in der besseren Liga gespielt"

„Wir haben in der ersten Liga gespielt. Und man geht davon aus, dass in der ersten Liga besserer Fußball gespielt als in der zweiten Liga“, erklärte Herthas Coach. „Wir haben in der besseren Liga gespielt, und ich gehe davon aus, dass wir deshalb auch in der Lage sind, besser spielen zu können. Von daher bin ich sicher, dass wir, wenn nichts Ungewöhnliches passiert, dann auch gute Aussichten haben, diese beiden Relegationsspiele als Sieger zu beenden.“

Die Extrarunde gegen den HSV hatte Magath schon prophezeit. Auf eine Prognose für die beiden Duelle wollte er sich aber nicht einlassen. Die Mannschaft sei gut drauf, sagte der Coach, „und das zeigen wir jetzt noch zweimal. Einmal in Berlin und dann am Montag in Hamburg.“ Kein Platz für Zweifel.

Magath relativiert Zwist mit Boateng

Deshalb moderierte Herthas Übungsleiter auch ganz nebenbei noch einen Störfaktor weg, der seine leistungsorientierte Wohlfühlatmosphäre in Kienbaum störte. Die „Bild“ hatte berichtet, dass es vor dem Dortmund-Spiel zu einem Zwist zwischen Magath und Kevin-Prince Boateng gekommen war. Herthas Führungsspieler hatte nicht gefallen, dass der Coach davon sprach, dass „ihr sonst absteigt“. Und eben nicht von „wir“.

Alles Quatsch, sagte der Trainer. „Aus sicherer Quelle kann ich Ihnen sagen, dass wir auf dem Trainingsplatz standen. Als ich ein paar Minuten gesprochen habe, sagte der Prince, er wäre mit dem Satz nicht einverstanden. Daraufhin habe ich den Satz erklärt und relativiert. Danach lagen wir uns alle wieder in den Armen.“

Relegations-Spiel bekommt größere Kulisse

Szenen, auf die sie auch am Donnerstag im Olympiastadion hoffen. 75.500 Zuschauer werden erwartet, 15.000 davon aus Hamburg. Durch die Zusatztribüne, die schon fürs DFB-Pokalfinale am Sonnabend aufgebaut wurde, bekommt das erste Relegations-Spiel eine noch größere Kulisse.

Ob Marcel Lotka die Stimmung im voll besetzten Stadion zwischen den Pfosten oder doch nur von den Rängen aus erlebt, ist weiter unsicher. Der Keeper hatte sich in Dortmund einen Nasenbeinbruch und eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen, war am Mittwoch noch einmal beim Arzt. Für ihn könnte Oliver Christensen sein Profi-Debüt im Hertha-Trikot feiern.

Relegation: Vladimir Darida rückt für Ascacibar nach

Weil Santiago Ascacibar gegen den BVB die fünfte Gelbe Karte kassierte, muss auch das defensive Mittelfeld umgebaut werden. Vladimir Darida dürfte für den Argentinier in die Startelf rücken. Auch Stevan Jovetic ist nach einem Kurzeinsatz am vergangenen Wochenende wieder eine Option für die Startelf.

Völlig unabhängig davon, welche elf Spieler am Ende auf dem Rasen stehen, „alle haben sich schnell aufgerichtet und sind komplett dabei“, sagte Fredi Bobic. Auch Herthas Sport-Geschäftsführer hat in diesen Tagen noch fix einen Crashkurs in Sachen Psychologie eingeschoben. „Das Ganze wird in zwei Spielen und nicht in einem entschieden“, sagte er. „Deshalb glaube ich, dass das Psychische auch vom Druck her aushaltbar ist.“ Bis die Lage am späten Donnerstagabend noch einmal komplett neu bewertet werden muss.