Hamburg. Nach der erneuten Quarantäne von Kiel soll der grüne Tisch in Liga zwei um jeden Preis verhindert werden. Auch der HSV bangt.

Am Sonntag erhielten alle Verantwortlichen der Deutschen Fußball Liga (DFL) Post. Via E-Mail wurde mitgeteilt, dass es nach den Ereignissen des Wochenendes, den weiteren Corona-Fällen und der zweiten Mannschaftsquarantäne von Holstein Kiel erneuten Redebedarf gebe. Am kommenden Mittwoch will sich nun das DFL-Präsidium ein weiteres Mal digital treffen, um mehr oder weniger über die gleichen Fragen zu beratschlagen, über die man in mehreren Runden bereits am vergangenen Dienstag diskutiert hatte.

Die kleine Frage, die vergangene Woche so und mutmaßlich diese Woche so beantwortet wurde und wird: Sollten alle Zweitligaclubs in ein verpflichtendes Quarantäne-Trainingslager? Die große Frage: Ist diese Zweitliga-Saison überhaupt noch zu retten?

Die Antworten, die am Mittwoch kommen werden, lauten in Kurzform: Ja. Und ja. Doch vor allem das zweite „Ja“ bedarf einer etwas längeren Ausführung. Denn seit diesem Wochenende, als Holstein Kiel mit Torhüter Ioannis Gelios zunächst nur einen und später noch einen weiteren Corona-Fall meldete, geht unter den Club-Chefs der Zweiten Liga die Sorge um, wie man das Kartenhaus vor dem Umfallen schützen kann.

2. Liga: Drei Teams in Quarantäne

Die Fakten: Nach dem Karlsruher SC und dem SV Sandhausen ist nun auch die komplette Mannschaft von Holstein Kiel – zum zweiten Mal – in einer 14-tägigen Quarantäne. Kiels Partien gegen Regensburg (10. April), Hannover (14. April) und Nürnberg (17. April) müssen definitiv nachgeholt werden. Die Austragung des Spiels gegen Sandhausen, das einen Tag nach dem Ende der Isolation (20. April) terminiert ist, scheint noch offen.

Glück im Unglück: Trotz weiterer positiver Tests in der Zweiten Liga (ein falsch-positiver Test in Hannover und ein echter Fall in Osnabrück) konnten die restlichen Spiele am Wochenende stattfinden.

Kiels Torhüter Ioannis Gelios hat sich mit dem Coronavirus infiziert.
Kiels Torhüter Ioannis Gelios hat sich mit dem Coronavirus infiziert. © Imago / Zink | Unbekannt

Doch vor allem Kiels zweite Quarantäne bringt das Kartenhaus der Zweiten Liga nun gehörig ins Wanken. Denn selbst im Best-Case-Szenario drohen Holstein neun Spiele in 33 Tagen. Das Problem: Zwar will die DFL mit der Politik über das Wochenende rund um den 1. Mai sprechen, an dem ursprünglich nur die Pokal-Halbfinalspiele vorgesehen waren, um Polizeikräfte zu schonen. Allerdings bringt Kiel das erste Mai-Wochenende als möglichen Nachholspieltag nichts, da sich Holstein für das Pokal-Halbfinale gegen Dortmund qualifiziert hat. Der Fluch der guten Tat.

DFL: Saison mit Quarantäne-Trainingslager retten

Doch was passiert, wenn Kiel aus der Quarantäne kommt und noch ein Spiel Corona-bedingt abgesagt werden müsste? Ist ein Saisonabbruch und ein Auf- oder Abstieg am grünen Tisch möglich? Nein, sagt die DFL. Die Spielzeit soll unter allen Umständen zu Ende gespielt werden – selbst wenn ein betroffener Club im schlimmsten Fall täglich spielen müsste.

Damit dieses Szenario möglichst verhindert wird, soll am kommenden Mittwoch erneut über ein verpflichtendes Quarantäne-Trainingslager abgestimmt werden. Vor der Präsidiumssitzung wollen sich auch die Taskforce Sportmedizin/Sonderspielbetrieb und die Kommission Fußball beratschlagen. Und nach Abendblatt-Informationen gibt es nach den Ereignissen in Kiel nun doch eine breite Mehrheit innerhalb der DFL für ein mehrwöchiges Quarantäne-Trainingslager für alle Zweitligaclubs.

Die Idee von Sandhausens Präsident Jürgen Machmeier, der im Deutschlandfunk die Aussetzung der Relegation vorgeschlagen hatte, stieß dagegen innerhalb der DFL auf großes Unverständnis. „Vielleicht gibt es dann auch keine Relegation, bevor wir dann mittendrin eine Runde abbrechen“, hatte Machmeier im Radio gesagt – dabei aber offen gelassen, ob sich somit der 16. der Zweiten Liga retten würde. Zur Erinnerung: Sandhausen ist aktuell 17. im Ranking.

Sandhausens Präsident Jürgen Machmeier schlägt vor, die Relegation abzusagen.
Sandhausens Präsident Jürgen Machmeier schlägt vor, die Relegation abzusagen. © Imago / foto2press | Unbekannt

Corona-Chaos: Relegation ohne HSV-Spieler?

Wie das Abendblatt erfuhr, soll die Relegation in jedem Fall stattfinden, solange die Bundespolitik nicht durch einen harten Lockdown den Fußballbetrieb auf Eis legt. Möglich könnte allerdings sein, dass die Saison bei weiteren Fällen noch um ein oder zwei Wochen verlängert wird.

Sollten sich dann Relegation und die Abstellungspflicht für Nationalspieler überschneiden, müssten die betroffenen Mannschaften mutmaßlich in den sauren Apfel beißen. Im Fall vom HSV könnte es beispielsweise sein, dass die Hamburger ohne die U-21-Nationalspieler Stephan Ambrosius, Josha Vagnoman und Manuel Wintzheimer bei einer Relegation antreten müssten.

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Corona-Vorwürfe gegen Kiel und Karlsruhe

Das alles sind Wenn-dann-Szenarien, mit denen sich die HSV-Chefs noch nicht beschäftigen wollen. Genauso wenig wie mit der hypothetischen Frage, ob der HSV durch die Kiel-Probleme im Aufstiegsrennen profitieren würde. Hinter vorgehaltener Hand mehren sich allerdings die Vorwürfe, dass man in Kiel und Karlsruhe möglicherweise etwas zu lasch das Hygienekonzept umgesetzt habe.

Deswegen ist auch das HSV-Spiel gegen den KSC offiziell von der DFL noch nicht abgesagt. Und bei Holstein soll es bis zum vergangenen Freitag keine PCR-Schnelltests gegeben haben. Dieses regelmäßige Drive-in-Verfahren hat der HSV bereits vor vier Wochen eingeführt – kurz nach der Partie gegen Kiel und der ersten Holstein-Quarantäne.