Hamburg. Der frühere Handball-Nationaltorhüter unterschrieb am Freitag einen Vertrag bis Saisonende. Der HSVH verteidigt den Transfer.

Jens Vortmann steht momentan unter Dauerstress. Am Donnerstagnachmittag reiste der ehemalige Handball-Nationaltorwart nach Wilhelmshaven, reichte seine Kündigung in der Geschäftsstelle des Zweitligaclubs Wilhelmshavener HV (WHV) ein und saß keine halbe Stunde später im ICE zurück nach Berlin, wo er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern lebt.

Am Freitagmorgen setzte sich Vortmann wieder in den ICE – diesmal in Richtung Hamburg Hauptbahnhof, von wo es auf direktem Weg zur Geschäftsstelle des Zweitligakonkurrenten HSV Hamburg (HSVH) ging. Dort unterschrieb der 33-Jährige am Freitag einen Vertrag bis Saisonende.

„Für mich war es die Möglichkeit, in der Zweiten Liga sportlich noch etwas Neues zu probieren. Bis auf die Insolvenz habe ich aus meiner Zeit in Hamburg sehr gute Erinnerungen. Ich hoffe, dass ich jetzt meinen Teil dazu beitragen kann, die Saison des HSVH weiterhin so erfolgreich zu gestalten“, sagt Vortmann, der bereits in der bis dato letzten Bundesligasaison 2015/16 beim HSV Hamburg spielte.

HSV Hamburg weist Kritik an Vortmann-Transfer zurück

Der Abschied aus Wilhelmshaven kam extrem spontan, bereits am Montag endet die Wechselfrist. Vortmann teilte WHV-Trainer Christian Köhrmann bereits am vergangenen Wochenende mit, dass er im Austausch mit dem Tabellenersten HSVH stehe. Das konkrete Angebot kam jedoch erst am Mittwoch. „Ich kann die Wilhelmshavener verstehen, dass es für sie keine schöne Situation ist. Die Anfrage kam jedoch auch sehr kurzfristig, und ich war so transparent wie möglich im Austausch mit Christian Köhrmann“, sagt Vortmann.

Insbesondere WHV-Manager Dieter Koopmann kritisierte das Verhalten der HSVH-Verantwortlichen scharf. „Das ist sehr unprofessionell gelaufen. Das war nicht erst-, sondern viertligareif. Der Spieler kann seinen Vertrag kündigen, das ist keine Frage. Trotzdem muss man sich als HSV Hamburg mal bei uns melden. Das war dilettantisch“, schimpfte Koopmann am Donnerstag.

HSVH-Geschäftsführer Sebastian Frecke wies die Vorwürfe zurück. „Wir verstehen natürlich, dass der Abgang dem WHV wehtut und der Zeitpunkt ärgerlich ist. Aber wir haben uns in dem Ablauf nichts vorzuwerfen, haben die Kommunikationswege eingehalten, und Jens hat nun mal eine sofortige Ausstiegsklausel in seinem Vertrag, die er jederzeit nutzen kann“, sagte Frecke. Koopmann klagte zudem, dass er Frecke in den vergangenen Tagen „ewig und drei Tage hinterher telefoniert“ habe. „Es hat sich keiner gemeldet, niemand war informiert“, kritisierte Koopmann.

Vortmann nennt zwei Gründe für Wechsel zum HSVH

Jens Vortmann betont auf Abendblatt-Nachfrage, dass er stets mit WHV-Trainer Köhrmann über die aktuelle Situation gesprochen habe. „Wie die Kommunikation zwischen den Vereinen aussah, weiß ich nicht. Trotzdem kann ich nachvollziehen, dass die Wilhelmshavener nicht glücklich sind, dass ich so kurz vor der Wechselfrist noch gehe“, sagt Vortmann.

Letztendlich hätten auch familiäre Gründe seine Entscheidung beeinflusst, erklärt er. Nachdem der WHV Anfang Oktober Insolvenz anmeldete, einen Teil seines Kaders verlor und mit den verbliebenen Spielern neue Verträge schließen musste, wurde Vortmann die Situation zu heikel. „Nach der Insolvenz in Wilhelmshaven war nicht abzusehen, ob der Spielbetrieb eingestellt werden muss. Dann haben meine Frau und ich entschieden, dass wir wieder nach Berlin ziehen. Die Fahrt nach Hamburg ist im Zug nun deutlich angenehmer. Ich würde außerdem gerne bis zum Sommer meine Masterarbeit fertig schreiben. Mit zwei kleinen Kindern bleibt das zu Hause viel zu oft liegen. Dafür kann ich jetzt die Zeit im Zug nutzen“, sagt Vortmann.

Ob er auch über den Sommer hinaus in Hamburg bleiben werde, sei abzuwarten. Zunächst einigten sich der HSVH und Vortmann auf eine Zusammenarbeit bis Saisonende. „Wenn es gut läuft und der Verein die Zusammenarbeit über die Saison hinausführen möchte, wäre ich demgegenüber sehr offen. Die Möglichkeit hätte es in Wilhelmshaven auch erstmal nicht gegeben“, sagt Vortmann, für den der Stress nach der Vertragsunterschrift noch nicht zu Ende war. Direkt im Anschluss bat HSVH-Trainer Torsten Jansen zur ersten Trainingseinheit.