Hamburg. Der Handball Sport Verein Hamburg plant bereits die nächste Saison und spielt am Freitagabend gegen Gummersbach.
Anfang dieser Woche klingelten die Telefone auf der Geschäftsstelle des Handball Sport Vereins Hamburg (HSVH) ein paarmal öfter als sonst. Berater und Manager anderer Clubs wollten wissen, ob der HSVH noch weitere Spieler abgeben wolle.
Sebastian Frecke, Geschäftsführer der Spielbetriebs GmbH, musste die Anrufer allesamt enttäuschen. Seine Absagen waren unmissverständlich: Nein, es findet kein Ausverkauf bei den Hamburger Handballern statt, nein, der Verein hat weder finanzielle Probleme noch Liquiditätsschwierigkeiten, und abermals nein, er ist nicht zu Notverkäufen gezwungen, weder jetzt noch am Saisonende. Am Mittwoch verlängerte der HSVH den Vertrag mit Spielmacher und Topscorer Philipp Bauer (23) um zwei Jahre.
Topverdiener Schöngarth verliehen
Dieser Klarstellung hätte es in den vergangenen Tagen vielleicht auch gegenüber Teilen der eigenen Fanszene bedurft, die in den sozialen Medien ihre Sorgen postete. Nach der Ausleihe des Rückraumrechten Jens Schöngarth (31) Ende Januar an Meister Flensburg und dem Wechsel des isländischen Torhüters Aron Edvardsson (30) vorigen Sonnabend zum ambitionierten Zweitligakonkurrenten Bietigheim waren in der Anhängerschaft Irritationen über Sinn und Zweck dieser Aktivitäten aufgekommen.
Im Tausch mit Edvardsson unterschrieb aber Bietigheims Jonas Maier (26) in Hamburg einen Vertrag bis zum Saisonende. Der ehemalige Junioren-Nationalspieler wird schon am heutigen Freitagabend (20 Uhr, Sporthalle Hamburg, Krochmannstraße 55 in Winterhude) gegen den VfL Gummersbach das Tor hüten. 3300 Eintrittskarten sind für das Spiel gegen den Bundesliga-Absteiger bereits verkauft.
Marc Evermann, der Präsident des HSVH, möchte nun diese Diskussionen beenden. „Wir sind Tabellenneunter, wir haben unsere sportliche Situation analysiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Aufstieg in die Bundesliga in dieser Saison unrealistisch ist. Auf dieser Grundlage haben wir Entscheidungen getroffen, die von kaufmännischer Vernunft geprägt sind, eine sportliche Perspektive bieten, einem befreundeten Verein, der SG Flensburg, helfen und mit diesem eine Atmosphäre vertrauensvoller Zusammenarbeit schaffen.“
Alle Beschlüsse seien Wechsel auf die Zukunft. Das Bestreben, in der nächsten Spielzeit im oberen Tabellenviertel eine gute Rolle spielen zu wollen, „daran hat sich nichts geändert“, betont Evermann. Die Prämisse für einen Bundesliga-Aufstieg bleibe, dass die wirtschaftlichen Rahmendaten stimmen. Um diese zu verbessern, hat der Präsident für Anfang März ein „Kreativtreffen“ aller Verantwortlichen anberaumt, um über neue Wege der Vermarktung nachzudenken.
160.000 Euro zusätzlich für Handballer
Mit Schöngarth und Edvardsson haben zwei Topverdiener den Club verlassen. Schöngarth wird im Sommer zum HSVH zurückkehren, in seinem Vertrag gibt es keine Ausstiegsklausel für einen Erstligaverein. Die Leistungen des Isländers wiederum entsprachen nicht den hohen Erwartungen, auch nicht denen der Fans.
„Jonas Maier war für den kommenden Sommer unser Wunschkandidat. Jetzt haben wir die Chance, ihn unter Wettkampfbedingungen zu testen, um anschließend über seine Verpflichtung entscheiden zu können. Besser geht’s nicht“, sagt Evermann.
Die Ausleihe Schöngarths spart fünf Monatsgehälter, bringt 7000 Euro Ablöse und zwei Freundschaftsspiele gegen Flensburg mit erhofften Nettoeinnahmen von bis zu 80.000 Euro. Dazu kommt der Gehaltsunterschied zwischen Edvardsson und Maier. Unterm Strich bleiben etwa 160.000 Euro mehr als geplant in der Kasse. „Unser Saisonetat (rund 2,5 Millionen Euro, die Red.) wäre auch ohne diese Maßnahmen gedeckt gewesen“, sagt Evermann.
Der Erteilung der im März zu beantragenden Lizenz für die nächste Spielzeit sieht er positiv entgegen, auch wenn die betreffende Kommission der Handball-Bundesliga (HBL) nach der Insolvenz der Düsseldorfer Rhein Vikings im vergangenen Jahr „noch genauer hinschaut“.
Jansen bleibt Trainer beim HSV Hamburg
Torsten Jansen, der Trainer der Zweitligamannschaft, gehört zur Fraktion der Realisten im Club. Er trägt die Linie der Geschäftsführung mit. Das entstresst die Lage zusätzlich. „Natürlich wünscht sich jeder die besten Spieler der Welt“, sagt Jansen, „ich akzeptiere unsere Strukturen, orientiere mich daran, was möglich ist, versuche das Beste daraus zu machen. Das ist eine reizvolle Aufgabe, denn unsere Mannschaft hat einiges Potenzial. Uns fehlt bisweilen nur Konstanz. Das ist bei einem so jungen Team nichts Ungewöhnliches und Teil des Lernprozesses, die Leistung auf den Punkt abrufen zu können, was Spitzenmannschaften öfter als uns gelingt.“
Das Saisonziel, besser als Platz zwölf in der vorigen Saison, sei weiterhin erreichbar, sagt der Trainer, „niemand hat bei uns vom Aufstieg geredet“, er sei daher mit den Entscheidungen im Reinen. „Wichtig ist, dass bei uns Hand in Hand gearbeitet wird, dass ein Rädchen ins andere greift. Diesen Eindruck habe ich inzwischen.“
Jansens Vertrag beim HSVH läuft bis Juni 2022. Der Weltmeister von 2007 gedenkt ihn trotz anderer Angebote zu erfüllen. „Meine Familie lebt hier, meine Kinder gehen hier zur Schule, ich habe hier Arbeit, der Verein entwickelt sich, warum sollte ich das aufgeben?“, fragt er. „Wir haben eine gute Zukunft vor uns.“