Hamburg. Handballer des HSV Hamburg verlieren in zehn fahrigen Minuten Zweitligaspiel gegen Spitzenreiter Balingen.

Als Lukas Ossenkopp sich nach 38 Minuten mit letzter Kraft in den Sechsmeterraum wirft und beim 17:16 zur erstmaligen Hamburger Führung trifft, kennt die Stimmung unter den 3570 Fans in der ausverkauften Sporthalle Hamburg kein Halten mehr. Jubel und Lautstärke erinnerten an jüngste WM-Zeiten in deutschen Arenen.

Und auch die Prominenz war dieselbe: Innen- und Sportsenator Andy Grote, Staatsrat Christoph Holstein, die früheren HSV-Handballidole Pascal Hens und „Jogi“ Bitter, eine Abordnung der Basketballer der Hamburg Towers – alle waren gekommen. Christoph Schubert, Kapitän der Eishockeymänner der Crocodiles Hamburg, setzte dem eigenen Nachwuchs lieber schon mal den Gehörschutz auf.

Von wegen Überraschungserfolg

Zehn Minuten lang war für die Zweitligahandballer des HSV Hamburg (HSVH) zu Beginn der Restsaison der Überraschungserfolg gegen Tabellenführer HBW Balingen-Weilstetten zum Greifen nah. Nach 48 Minuten war es, als hätte jemand den Stecker gezogen – auf dem Feld und auf den Rängen. „Nicht irgendjemand“, sagte Kapitän Ossenkopp nach dem am Ende doch deutlichen 23:28 (13:15), „wir haben uns diese Niederlage selbst zuzuschreiben, leisten uns technische Fehler, werfen die Bälle weg und spielen zu überhastet.“ Trainer Torsten Jansen sprach im Tennisjargon von „unforced errors, die in so einer Spielphase tödlich sind“. Auch mit Blick auf die Tabelle.

Der HSVH hätte im Abstiegskampf zu einem Gewinner des Spieltags werden können. Stattdessen verlor der neue Tabellen-15. auch seinen letzten Punkt Vorsprung auf die fünf Abstiegsränge. Vor den kommenden Aufgaben am Sonnabend beim starken Mitaufsteiger TuS Ferndorf (6.) und dem Heimspiel (22. Februar/20 Uhr) gegen Ligaschlusslicht HC Rhein Vikings nimmt der Druck zu.

Der couragierte Auftritt gegen Balingen mache dennoch zuversichtlich: „Die Jungs haben kämpferisch sehr viel investiert, um dem Favoriten ein Bein zu stellen.“ In der Tat stellte die aggressive 6:0-Abwehr um den Mittelblock aus Blazenko Lackovic und Niklas Weller den Tabellenführer nach einer zehnminütigen Findungsphase „vor erhebliche Probleme“, wie Hamburgs langjähriger Publikumslieblings „Matti“ Flohr aus Balinger Sicht zusammenfasste. Zwölf Jahre war der Allrounder bis zur Insolvenz für die Hamburger aufgelaufen, nun traf der 36-Jährige zweimal „in einem für mich sehr emotionalen Spiel“.

Transferfenster schließt diesen Freitag

Das Fehlen von dem am Kreuzband verletzten Nationalspieler Martin Strobel auf der Rückraummitteposition merkte man den Schwaben an. Beim 19:17 (43.) hatte das Momentum noch zugunsten der Hamburger ausgeschlagen. Zu früh? „Nein, wir hatten das Spiel genau zur richtigen Zeit gedreht“, befand HSVH-Torhüter Marcel Kokoszka, der den bis Monatsende pausieren Stammkeeper Aron Edvardsson (im Aufbautraining nach Bauch-OP) mit neun Paraden gut vertrat. Torhüter Lukas Baatz (23), der als Stellvertreter am Sonnabend vom Hamburger Oberligist SG Hamburg-Nord verpflichtet worden war, nahm auf der Bank Platz, wo er 60 Minuten blieb. Nicht ausgeschlossen, dass die Hamburger bis zum Transferschluss an diesem Freitag noch einmal personell nachlegen, nachdem Baatz die günstigste aller Lösungen ist.

Ein 0:5-Lauf, in dem die Hamburger binnen vier Minuten alle Aussichten auf Zählbares wegwarfen, brachte beim 20:24 (52.) die Entscheidung. „Diese Schwankungen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Saison“, klagte Ossenkopp. Jedem der sechs Ballverluste und unvorbereiteten Torabschlüsse ließen die Gäste einen Treffer folgen. Gnadenlos. „Dennoch müssen die positiven Dinge von heute der Maßstab für den Rest der Saison sein“, sagte Jansen. Das Publikum sah es ähnlich, erhob sich zwei Minuten vor Spielende und spendete aufmunternden Applaus.

HSV Hamburg: Kokoszka (9 Paraden) – Bauer (6 Tore), Ossenkopp (5 Tore/3 Siebenmeter), Weller (4), Schröder, Lackovic,
Forstbauer (je 2), Fuchs, Wullenweber (je 1), Tissier, Herbst, Axmann.