Hamburg. Im Aufstiegsendspurt treffen Hamburgs Handballer unverhofft auf Jens Häusler. Nachkarten will er heute nicht mehr.

Als Jens Häusler nach der Schlusssirene von der Tribüne steigt, bleibt er unten auf dem Spielfeld nur kurz allein. Mit einer Körpergröße von zwei Metern ist der 50-Jährige kaum zu übersehen, die Jacke trägt er lässig über die Schulter geworfen. Um ihn herum feiern an diesem Freitagabend Anfang Februar die Spieler des Handball Sport Vereins Hamburg (HSVH) ihren 26:20-Auswärtssieg im Drittliga-Spitzenspiel beim TSV Altenholz. Ein Meilenstein für die Aufstiegshoffnungen der Hamburger.

Viele, nicht alle, kommen direkt auf Häusler zu, herzen ihn, halten ein kleines Pläuschchen. Die Stimmung ist ausgelassen. „Schön, dich mal wiederzusehen“, ruft eine Anhängerin Häusler aus dem Hamburger Fanblock zu. Was sie nicht wissen konnte, das nächste Wiedersehen mit dem langjährigen Ex-Trainer sollte nicht lange auf sich warten lassen. An diesem Sonnabend (17 Uhr/Sportdeutschland.tv) gastiert der HSVH beim DHK Flensborg. Es ist die Heimpremiere Häuslers als neuer Trainer des Dansk Handbold Klubs.

„Unverhofft kommt oft“

„Unverhofft kommt oft“, sagt die frühere Allzweckwaffe des einstigen HSV Hamburg. Von 2011 bis 2017 fungierte Häusler als Co-Trainer der Bundesligaprofis sowie Trainer des U-23-Nachwuchses. Zweimal sprang der frühere Profi interimsweise als Cheftrainer ein. 2012 nach der Entlassung Per Carléns, 2014 ,als Christian Gaudin seinen Stuhl räumen musste. Stets rückte er klaglos zurück ins zweite Glied. Sein wichtigstes Amt sollte der Champions-League-Sieger von 2013 nach der Insolvenz des alten HSV beim neuen HSVH bekleiden: Cheftrainer und sportlich oberster Projektleiter des Neuaufbaus.

Häusler sieht sich von Haus aus als Trainer, der Spieler und Mannschaften entwickeln kann, der deshalb die Dritte der Ersten Liga vorzieht. Während die Profimannschaft den Spielbetrieb einstellte, führte er die über Nacht ins Rampenlicht gestellte U 23 in der Saison 2015/16 zur Oberliga-Meisterschaft. Der Aufstieg war geglückt, der HSVH zum Neustart dritt- statt viertklassig.

Intensive Zeit

„Die sechs Jahre in Hamburg waren eine intensive Zeit, die aber auch viele Nerven gekostet hat“, sagt Häusler rückblickend, „und am Ende dankt es einem keiner.“ Ende März 2017 musste der Aufstiegscoach sechs Spiele vor Saisonende gehen. Zwei Auswärtspleiten in Braunschweig und in Flensburg (gegen die SG Handewitt II) waren zu viel, Tabellenplatz vier zu wenig. Es gab Kritik an der Mannschaftsführung, Trainingsgestaltung und Spieltaktik Häuslers, der HSVH sprach offiziell von einem „Vertrauensverlust“. Torsten Jansen (41) stieg zum neuen Projektleiter auf. Mit Erfolg.

Nachkarten will der geschasste Coach von damals heute nicht mehr. „Ich bin mit mir absolut im Reinen“, sagt er, „und was den HSVH und das Spiel am Sonnabend betrifft, ist meine Gefühlswelt ganz entspannt.“ Nur zwischen den Zeilen wird deutlich, dass er die Aufbauarbeit in Hamburg gerne fortgesetzt, das Motto „Ein Verein. Ein Ziel“ gerne weiter mit Leben gefüllt hätte. Häusler spricht noch immer von „meinen Jungs“: „Das sind sie ja auch. Den Kader habe ich mit zusammengestellt. Ich war an allen Gesprächen mit Neuzugängen beteiligt.“ Nur Philipp Bauer kam im Dezember 2017.

Am Sonnabend geht es um Auf- und Abstieg

Wer den HSVH so gut kennt, wird der dann – ausgerechnet – zum Stolperstein im Aufstiegsendspurt? „Nein, das glaube ich nicht. Wer soll den HSVH denn noch aufhalten? Ich kenne zwar die Spieler, ihre Stärken und Schwächen, die Spielweise, aber ich denke, man kann schon zum Aufstieg gratulieren“, sagt Häusler, der beim DHK seit 21. März die Geschicke leitet. Eigentlich hatte der Wahl-Kieler, der jahrelang täglich zur Trainingshalle in den Volkspark pendelte, zum 1. Juli im hohen Norden zugesagt. Als der DHK nach dem 29:33 gegen die HG Hamburg-Barmbek in akute Abstiegsnöte geriet, griffen auch in Flensburg die üblichen Trainerwechsel-Mechanismen. Häusler übernahm ohne zu zögern – so wie er es in Hamburg auch immer getan hatte.

„Nach einem Jahr als A-Jugend-Trainer beim THW Kiel hat mich der Herrenbereich wieder mehr gereizt“, sagt Häusler. In Flensborg erhielt er einen Dreijahresvertrag. „Das ist ein Vertrauensbeweis und Ansporn dafür, auch hier beim DHK etwas zu entwickeln“, sagt der Neu-Trainer, „unabhängig von der Liga.“ Den Klassenerhalt habe man mit Spielen gegen die Konkurrenz aus Braunschweig und Fredenbeck noch selbst in der Hand, sagt Häusler, auch wenn sein Team ein Spiel mehr absolviert habe und am letzten Spieltag unglücklicherweise spielfrei sei. „Wir haben am Sonnabend unser letztes Saisonheimspiel. Vor ausverkauftem Haus werden wir noch einmal besonders motiviert sein. Gegen den großen Favoriten HSVH können wir nur gewinnen.“

SMS- oder WhatsApp-Kontakte zu seinen ehemaligen Spielern habe es im Vorfeld nicht gegeben. Das dürfte sich nach Ablauf der 60 Minuten ändern. Häusler wird wieder in der Halle stehen – und darf geherzt werden. Das nächste Wiedersehen dürfte tatsächlich auf sich warten lassen, wenn der HSVH in Richtung Zweite Liga aufsteigt.