Hamburg. Die HSV-Handballer verlieren nach der Insolvenz den siebten Spieler. Böhm-Sprecherin schweigt zu Informationen des Abendblatts.

Die Mannschaft des insolventen Handball-Bundesligisten HSV Handball fällt immer weiter auseinander. Am Sonnabend gab der dänische Erstligist Skjern Handball die Verpflichtung von Matthias Flohr bekannt. Der 33 Jahre alte Allrounder wechselt bis zum Saisonende zum Tabellen-Zweiten der dänischen Liga. Flohr ist der siebte Abgang der Hanseaten, denen am Mittwoch die Lizenz zum Saisonende entzogen worden war.

„Verglichen mit der Situation in Hamburg, ist dies eine perfekte Gelegenheit für mich“, wird Flohr auf der Vereinshomepage zitiert. Skjerns Trainer Ole Nörgaard freut sich auf einen „erfahrenen Spieler mit Kämpferinstinkt“.

Zuvor hatten bereits Allan Damgaard (Bjerringbro-Silkeborg), Alexander Feld (Bayer Dormagen), Adrian Pfahl (Frisch Auf Göppingen), Ilija Brozovic (THW Kiel) sowie die Torhüter Jens Vortmann (SC DHfK Leipzig) und Johannes Bitter (TVB Stuttgart) dem HSV den Rücken gekehrt.

Sprecherin schweigt zu Abendblatt-Infos

Erwartet wird, dass Insolvenzverwalter Gideon Böhm am Dienstag die Abmeldung der Hamburger vom Bundesliga-Spielbetrieb vermeldet.

Am Anfang der Woche will Böhm über eine mögliche Beschwerde gegen den Lizenzentzug entscheiden. Das erklärte eine Sprecherin am Sonnabend. Zu den Abendblatt-Informationen, nach denen eine Entscheidung bereits gefallen sei und es keine Beschwerde geben werde, wollte die Sprecherin keinen Kommentar abgeben.

Böhm will über Sinn und Unsinn sprechen

Am Montag oder Dienstag soll die Entscheidung bekanntgeben werden, ob der Champions-League-Gewinner von 2013 die Saison zu Ende spielt. Der Insolvenzverwalter will nach eigenen Angaben die schriftliche Begründung des Lizenzentzugs prüfen und mit verbliebenen Spielern, Mitarbeitern, Sponsoren und Hallenbetreibern über Sinn und Unsinn einer Fortsetzung der Saison sprechen.

Der Liga-Verband HBL hatte dem insolventen Club am Mittwoch die Lizenz zum Ende der Saison 2015/16 entzogen. Böhm hatte das Loch zur Finanzierung der Restsaison auf zwei Millionen Euro beziffert. Mehrere Spieler haben bereits neue Clubs gefunden.

Stationen der Krise beim HSV Handball

2002

Mit dem Bau der neuen Multifunktionsarena im Volkspark übernahmen die Hamburger im Handball die Lizenz des zum damaligen Zeitpunkt finanziell angeschlagenen VfL Bad Schwartau. Ab der Saison 2002/03 startete der Handball Sportverein Hamburg in der Bundesliga.

Dezember 2004

Andreas Rudolph, der das Handball-Urgestein Heinz Jacobsen auf dem Präsidenten-Stuhl der Hamburger ablöst, rettet mit seinem Geld (weit mehr als 30 Millionen Euro) den Verein vor dem Untergang.

11. Mai 2011

Nach der ersten Meisterschaft für den HSV Hamburg stehen personelle Wechsel an: Martin Schwalb wird Präsident, Per Carlén neuer Trainer. Doch das Experiment misslingt: Schwalb kehrt auf die Bank zurück, Matthias Rudolph, der Bruder von Andreas wird Chef.

19. Juni 2013

Ex-Nationalkeeper Frank Rost wird als neuer Geschäftsführer präsentiert. Der vermeintliche Coup mit dem Fußballer im Handball-Club erweist sich schnell als 43-Tage-Irrtum von Hamburg.

16. November 2013

Andreas Rudolph ist wieder Präsident, nachdem sein Bruder Matthias die Brocken hingeworfen hatte.

18. Februar 2014

Andreas Rudolph erklärt den HSV Hamburg zum „Sanierungsfall“.

8. Mai 2014

In einer E-Mail erklärt Andreas Rudolph seinen Rücktritt und kündigt später an, kein privates Geld mehr in den Club stecken zu wollen.

15. Mai 2014

Die HBL verweigert dem HSV Hamburg in erster Instanz die Lizenz. Die Begründung: Ein Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist nicht erbracht.

1. Juli 2014

In der letzten Instanz (vier Minuten vor Ablauf der Frist durch eine erneute Millionen-Bürgschaft von Andreas Rudolph) erhalten die Hamburger doch noch die Lizenz.

3. Juli 2014

Trainer Martin Schwalb, der einen Tag später entlassen werden soll, erleidet einen Herzinfarkt. In einer Notoperation retten die Ärzte das Leben des Coaches.

6. August 2014

Christian Fitzek, ehemaliger sportlicher Leiter, Co- und Cheftrainer kommt als Geschäftsführer vom VfL Bad Schwartau nach Hamburg zurück.

23. Oktober 2014

Der Reiseunternehmer Karl Gladeck, der schon seit Monaten den HSV unterstützt, wird satzungsgemäß vom Aufsichtsrat zum neuen Präsidenten und Nachfolger von Frank Spillner ernannt.

4. Dezember 2014

Das Arbeitsgericht erklärt die mittlerweile ausgesprochene Kündigung von Martin Schwalb für unwirksam. Der Ex-Trainer soll Nachzahlungen in Höhe von fast 300 000 Euro erhalten.

9. Dezember 2015

Spieler und Angestellte des Vereins warten auf ihr Geld. Ein Krisengipfel tags zuvor mit Hauptgeldgeber Andreas Rudolph brachte kein Resultat.

16. Dezember 2015

Die Gerichtspressestelle Hamburg bestätigt einen Insolvenzantrag des HSV Hamburg.

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