Hamburg/Berlin. Übeltäter Heinevetter besuchte den HSV-Torjäger auf der Intensivstation. Eine Operation bleibt Hans Lindberg wohl erspart.

Seine Kollegen an der Berliner Charité hatten ihm auch am Karfreitag keine großen Neuigkeiten zu ihrem prominenten Patienten zu übermitteln, aber das war genau das, worauf Oliver Dierk gehofft hatte: „Die Zeit spielt für uns, wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden“, sagte der Mannschaftsarzt der HSV-Handballer, „es sieht ganz danach aus, dass Hans Lindberg um eine Operation herumkommt. Das ist sehr erfreulich.“

Die Szenen vom Mittwochabend hatten weiß Gott Schlimmeres befürchten lassen. Lindberg war in der 28. Minute des mit 25:28 verlorenen Spiels in Berlin nach einem Tempogegenstoß nach einem Sprungwurf auf den rechten Fuß des Füchse-Torwarts Silvio Heinevetter gefallen und wurde unter offenbar großen Schmerzen im Bauchbereich in die Kabine gebracht. Als er dort zu kollabieren drohte, wurde der dänische Torjäger von einem Notarzt in die nahe gelegene Charité gefahren und auf die Intensivstation eingeliefert.

Laut Dierk „eine Vorsorgemaßnahme, wenn der Verdacht auf eine Organverletzung besteht“. HSV-Präsident Karl Gladeck und Pressesprecher Michael Freitag harrten noch bis etwa 1.30 Uhr bei Lindberg aus, ehe sich der Zustand stabilisierte. Noch am Abend hatte Heinevetter den Rechtsaußen besucht und ihm alle Unterstützung seiner Mannschaft zugesagt für die Zeit, die Lindberg noch im Universitätskrankenhaus behandelt wird. Gladeck: „Diese Geste fand ich überragend.“

Lindberg fällt mindestens acht Wochen aus

Am Gründonnerstag dann konnte Lindberg auf eine normale urologische Station verlegt werden. Eine Computertomografie ließ keine schwere Schädigung der Niere erkennen, wie sie zunächst befürchtet worden war. Lindbergs Frau Jeanette Mackenhauer ist inzwischen bei ihm. Wie lange ihr Mann noch zur Beobachtung in der Charité verweilen muss, ist unklar. Eine Entscheidung darüber wird erst nach den Osterfeiertagen erwartet.

In jedem Fall wird Lindberg frühestens in acht Wochen wieder mit dem Leistungssport beginnen dürfen. „Mit Organen ist nicht zu spaßen, jetzt muss die Natur bei der Heilung ihren Job machen“, sagte Dierk. Lindberg, 33, wird seiner Mannschaft folglich in der entscheidenden Phase der Saison, dem Kampf um einen Startplatz im Europapokal und um den Gewinn desselben, nicht zur Verfügung stehen.

Lindberg war eigentlich nie verletzt

Wer Lindbergs Werdegang verfolgt hat, hätte fast glauben mögen, dieser Mann sei unverletzlich. In seinen bald acht Hamburger Jahren hat er kaum einmal ein Spiel versäumt oder wenn, dann meist nur, um seinem Positionskollegen Stefan Schröder eine Einsatzchance zu geben. Hüft- und Rückenprobleme begleiteten ihn zwar über Jahre. Aber mehrere Wochen nicht spielen zu können, diese Erfahrung musste Lindberg erst vergangene Saison erstmals machen, als er einen Bänder- und Kapselriss im Finger erlitt.

Schröders Krankenakte ist vergleichsweise dick. Auf den früheren Nationalspieler kommt es nun wieder an, das Heimspiel gegen den Tabellenfünften Frisch Auf Göppingen (17.15 Uhr, O2 World) ist erst sein 14. Einsatz in dieser Bundesligasaison. „Wir machen uns sportlich keine Sorgen. ‚Schrödi‘ ist ein Top-Rechtsaußen“, sagte HSV-Geschäftsführer Christian Fitzek. „Aber dass Hans nicht spielen kann, ist auch menschlich eine Schwächung. Mit seiner positiven Art hat er eine integrative Wirkung auf die Mannschaft.“

Einen Vorwurf gegen Heinevetter wollte niemand offiziell äußern. „Eine normale Torhüterparade“, urteilte Sport1-Experte Stefan Kretzschmar schon während der Liveübertragung nach Ansicht der Zeitlupe. Allerdings ist auch zu sehen, wie Berlins Nationaltorwart nach der Aktion den Schiedsrichtern beflissen seine Unschuld beteuert und von HSV-Spielmacher Kentin Mahé Vorwürfe zu hören bekommt. Lindberg selbst wollte bislang keine Stellungnahme abgeben.

HSV verpflichtet estnischen Linkshänder

Dass sich der HSV gleichzeitig einer Personalsorge entledigen konnte, ging in dem Drama um Lindberg fast unter. Dener Jaanimaa, 25, soll von der kommenden Saison an Adrian Pfahl im rechten Rückraum entlasten. Der estnische Linkshänder kommt vom Zweitligisten Eisenach, mit dem er 2013/14 ein Jahr Bundesliga-Erfahrung sammeln konnte. Jaanimaa unterschrieb einen Zweijahresvertrag und sagte: „Es ist ein Traum, für diesen Verein zu spielen. Schon als ich 2011 mit Aue im Pokalviertelfinale gegen den HSV gespielt habe, dachte ich: Was für eine coole Truppe!“

HSV bangt um Lindberg nach Pleite bei den Füchsen

Die HSV-Handballer haben im Kampf um die europäischen Plätze eine schmerzhafte 25:28-Niederlage bei den Füchsen Berlin kassiert
Die HSV-Handballer haben im Kampf um die europäischen Plätze eine schmerzhafte 25:28-Niederlage bei den Füchsen Berlin kassiert © dpa | Oliver Mehlis
Hans Lindberg musste nach einem Zusammenprall mit Berlins Torwart Silvio Heinevetter unter starken Rückenschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert werden
Hans Lindberg musste nach einem Zusammenprall mit Berlins Torwart Silvio Heinevetter unter starken Rückenschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert werden © dpa | Oliver Mehlis
Kentin Mahé war mit fünf Toren erfolgreichster Werfer beim HSV Hamburg
Kentin Mahé war mit fünf Toren erfolgreichster Werfer beim HSV Hamburg © dpa | Oliver Mehlis
Petar Nenadic war vom HSV nicht zu stoppen und erzielte acht Tore
Petar Nenadic war vom HSV nicht zu stoppen und erzielte acht Tore © dpa | Oliver Mehlis
Auch Füchse-Youngster Fabian Wiede kam auf acht Treffer
Auch Füchse-Youngster Fabian Wiede kam auf acht Treffer © dpa | Oliver Mehlis
Füchse-Torwart Silvio Heinevetter war der gewohnt sichere Rückhalt
Füchse-Torwart Silvio Heinevetter war der gewohnt sichere Rückhalt © dpa | Oliver Mehlis
National-Trainer und Füchse-Coach Dagur Sigurdsson
National-Trainer und Füchse-Coach Dagur Sigurdsson © dpa | Oliver Mehlis
Matthias Flohr kann Berlins Petar Nenadic nicht am Wurf hindern
Matthias Flohr kann Berlins Petar Nenadic nicht am Wurf hindern © dpa | Oliver Mehlis
Henrik Toft Hansen blockt Paul Drux
Henrik Toft Hansen blockt Paul Drux © dpa | Oliver Mehlis
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