Martin Schwalb schielt schon nach dem Posten des Bundestrainers, das Team ist in Auflösung begriffen - dass der HSV vor dem Schiedsgericht noch eine Erstligalizenz erstreitet, ist höchst zweifelhaft.

Hamburg. Coach Martin Schwalb schielt schon nach dem Posten des Bundestrainers, sein Starensemble zerfällt - noch bevor die Klubspitze des lizenzlosen HSV Hamburg über weitere juristische Schritte entschieden hat, wird sie vielleicht schon keine komplette Mannschaft mehr haben. Denn dass der Champions-League-Sieger von 2013 vom unabhängigen Schiedsgericht der HBL in dritter und letzter Instanz doch noch eine Erstliga-Spielgenehmigung für die kommende Saison erhält, gilt als sehr unwahrscheinlich.

Und es ist noch nicht einmal klar, ob die Hanseaten dieses Rechtsmittel überhaupt ausschöpfen werden und wollen. Am Donnerstag oder Freitag will die Vereinsführung darüber einen Beschluss fassen, sicher ist nur, dass sie ihre am Dienstag für nicht ausreichend befundenen Unterlagen nicht mehr nachbessern darf. Nur ein Bewertungs- oder Formfehler könnte somit noch zu einer Wende führen.

Daher rückt die Zahlungsunfähigkeit des mit 2,7 Millionen Euro verschuldeten HSV nach dem Rückzug von Hauptsponsor Andreas Rudolph immer näher. „Es ist schwer zu sagen, aber ich kann eine Insolvenz nicht ausschließen. Leider“, sagte Interimspräsident Frank Spillner.

Und so hat der Exodus der Leistungsträger bereits eingesetzt. Welthandballer Domagoj Duvnjak und Spielmacher Joan Canellas wechseln zum deutschen Rekordmeister THW Kiel, der seine Fühler auch schon nach Top-Torewerfer Hans Lindberg und Nationaltorhüter Joachim Bitter ausgestreckt hat. Andere Leistungsträger dürften dem Beispiel ihrer Kollegen folgen.

Für ältere Haudegen wie die Ex-Nationalspieler Pascal Hens und Torsten Jansen hingegen wird die Lage bedrohlich. „Es geht hier ja nicht nur um die Existenz eines Vereins, sondern auch um die der Spieler und ihrer Familien. Jetzt muss ich wohl schauen, dass ich zum Arbeitsamt komme“, sagte der 37-jährige Jansen.

„Man hat gesehen, dass Jogi keinen ganz freien Kopf hat“

Auch Topakteuren wie Keeper Bitter spukt die höchst problematische Gesamtsituation im Kopf herum. Der Schlussmann agierte bei der 28:30-Niederlage der deutschen Nationalmannschaft in Wetzlar gegen Norwegen bei der Generalprobe für die WM-Qualifikationsspiele gegen Polen deutlich unter Form und kassierte untypischerweise sogar eine Zeitstrafe wegen Reklamierens.

„Man hat schon gesehen, dass Jogi keinen ganz freien Kopf hat“, bemerkte Bundestrainer Martin Heuberger. Dennoch setzt der Deutsche Handballbund (DHB) für die beiden wichtigen Partien in Danzig und Magdeburg auf den Routinier. DHB-Präsident Bernhard Bauer: „Ich glaube, dass Jogi Bitter soviel Profi ist, dass er das verarbeitet.“

Weniger problematisch dürfte es für die HBL sein, den HSV als Bundesliga-Gegner der Rhein-Neckar Löwen am 6. September beim „Tag des Handballs“ in der Frankfurter WM-Arena zu ersetzen. In Kiel hat man bereits Interesse bekundet. Und so kämen Bitter, Duvnjak, Canellas und Co. vielleicht doch noch zu ihrem Auftritt vor einer weltrekordverdächtigen Kulisse - dann allerdings im Zebratrikot des THW.