Andreas Rudolph ist überraschend und mit sofortiger Wirkung als HSV-Präsident zurückgetreten und hat den Geldfluss gestoppt. Grund für seine Entscheidung seien die Turbulenzen der letzten Wochen um die Mannschaft und seine Person. Jetzt kämpft der Verein ums Überleben.

Hamburg. Andreas Rudolph hat am Donnerstag überraschend seinen Rücktritt als Präsident des Handball-Bundesligisten HSV Hamburg verkündet und damit Spekulationen über eine drohenden Insolvenz des Clubs ausgelöst. „Grund für meine Entscheidung sind die Turbulenzen der letzten Wochen, nicht nur um die Mannschaft und den Verein des HSV Handball, sondern ganz besonders um meine Person“, teilte Rudolph in einer Erklärung mit.

„Ich kann es meinem Umfeld, besonders meiner Familie, Freunden, meinem Unternehmen und meiner Gesundheit gegenüber nicht mehr verantworten, dass in teilweise respektloser und vollkommen unrichtiger Weise über mich berichtet wird.“ Konkrete Vorwürfe nannte er nicht. Er wolle „auf gar keinen Fall durch meine Person für Unruhe und Missstimmung“ sorgen, teilte er mit, erreichte aber das genaue Gegenteil.

Der 59 Jahre alte Medizin-Unternehmer soll als Mäzen des Vereins in knapp zehn Jahren rund 25 Millionen Euro aus seinem Privatvermögen in den Verein gesteckt haben. Bis 2015 wollte er ursprünglich Präsident bleiben. Danach sollte der Verein auf eigenen Füßen stehen, während Rudolph lediglich einer von mehreren Sponsoren sein wollte.

Spieler und Geschäftsführung wurden von seinem Vorstoß überrumpelt. „Ich bin komplett geschockt. So etwas nennt man GAU“, sagte Geschäftsführer Holger Liekefett. „Aber wir geben nicht auf. Wir schließen hier nicht ab. Wir werden jede Chance ergreifen. Wir müssen uns in irgendeiner Form behelfen und Hilferufe aussenden. Wenn wir nicht schnell einen Bürgen oder Investor finden, dann wird es nur eine Konsequenz geben: Wir bekommen keine Lizenz und müssen die Mannschaft vom Spielbetrieb abmelden. Alles auf Null.“ Rudolphs Rücktritt trifft den HSV zur Unzeit. Das Geld des Medizintechnik-Unternehmers sollte eigentlich die Lizenz für die kommende Saison sichern. Diese vergibt die Liga am 15. Mai.

Zunächst sind die Verantwortlichen bemüht, den Rest der laufenden Saison ordnungsgemäß über die Bühne zu bringen. Liekefett: „Wir sprechen jetzt mit der Mannschaft.“ Erst im März hatte Rudolph mit Holger Liekefett einen neuen Geschäftsführer installiert, der dem Klub neue Sponsoren und Einnahmequellen erschließen sollte, um den kostspieligen Kader zu finanzieren. „Wir stehen vor einem riesigen Scherbenhaufen. Alleine werde ich das nicht bewerkstelligen können", sagte Liekefett.

Im Verein war es zuletzt zum Streit um fehlende Finanzen gekommen. Spielergehälter wurden nicht bezahlt, die Miete für die o2-Arena blieb der Verein schuldig. Rudolph hatte im Winter von einem „Sanierungsfall HSV“ gesprochen. Liekefett soll vor Ostern bereits mit einem Insolvenzantrag zum Amtsgericht unterwegs gewesen sein, als Rudolph sich besann und verkündete: „Ich zahle.“ Es sei „etwas überwiesen worden, was den Arena-Betreiber zufriedengestellt“ habe, hieß es anschließend.

„Es ist nun an der Zeit, dass andere Personen in die Verantwortung treten“, verkündete der Ex-Präsident am Donnerstag. „Ich hoffe, dass dieser Rücktritt auch das letzte dringliche Signal an die Stadt Hamburg, die Hamburger Wirtschaft und die sportbegeisterten Hamburger ist zu helfen, den HSV Handball nicht fallen zu lassen und den Erfolg, die Begeisterung weiter aufrecht zu halten, die der HSV Handball den Hamburgern gebracht hat.“

Unter seiner Führung hat der HSV den deutschen Meistertitel 2011 gewonnen. Als sich die Hamburger im vergangenen Jahr die Champions-League-Trophäe sicherten, war sein Bruder Matthias Rudolph Präsident. Aus zeitlichen Gründen, wie es offiziell hieß, trat Matthias Rudolph nach 15-monatiger Präsidentschaft aber zurück, und sein Bruder übernahm das Zepter erneut. Er war bereits von 2005 bis 2011 Präsident.

Mit Material von sid