Die HSV-Handballer haben sich nach fast acht Wochen erfolgreich bei ihrem Publikum zurückgemeldet. Beim 37:31-Sieg gegen Melsungen sieht sich Trainer Schwalb für seine Maßnahmen bestätigt.
Hamburg. Den letzten Angriff spielte Domagoj Duvnjak nicht mehr aus. Er blickte hoch zur Hallenuhr und tippte den Ball so lange auf, bis sie auf 60:00 Minuten umsprang. Dann überreichte er den Ball an Schiedsrichter Holger Fleisch. Mit dem 37:31-Sieg (17:17) gegen die MT Melsungen konnte man als HSV-Handballer zufrieden sein. Es war, nach fast acht Wochen, ein freudiges Wiedersehen mit dem Heimpublikum. Und es war ein wichtiger Erfolg im Kampf um den dritten Tabellenplatz der Bundesliga, der als letzter noch zur Teilnahme an der Champions League berechtigt und den die Hamburger nun vorübergehend erobert haben.
„Man sieht, dass wir in der Pause hart gearbeitet haben. Wir haben viel Dampf gemacht“, sagte Trainer Martin Schwalb. Die Frage, wer den HSV in das erste Heimspiel des Jahres führen würde, hatte sich bereits am Vortag beantwortet, als Joan Cañellas im Abschlusstraining eine schmerzhafte Wirbelblockade im Rücken erlitt. Die Ehrung für seine EM-Silbermedaille vor Spielbeginn musste der Spanier in Zivil entgegennehmen.
Die Spielmacherrolle würde also Duvnjak zufallen. Für den frisch gekürten Welthandballer des Jahres gab es neben der obligatorischen Auszeichnung durch die Präsidiumsmitglieder Sven Hielscher, Jens Lingthaler und Christoph Strenger noch ein besonderes Geschenk: eine Videobotschaft von Bertrand Gille, gleichsam von Welthandballer zu Welthandballer, die auf dem Videowürfel abgespielt wurde. „Ich bin sicher, dass ihr ihm den geilsten Empfang aller Zeiten bereitet“, ließ Hamburgs Kreisläuferlegende wissen.
Die 7829 Zuschauer, die sich trotz olympischen Konkurrenzprogramms am ungewohnten Donnerstag in der O2 World eingefunden hatten, ließen sich kein zweites Mal bitten. Die gute Stimmung allerdings sollte sich nach Spielbeginn etwas eintrüben. Denn der Champions-League-Sieger hatte mit den Melsungern so viel Mühe, wie es außer dem notorischen Warner Schwalb wohl nur wenige erwartet hatten. Der Trainer war von Anfang an darum bemüht, die Verantwortung auf viele Schultern zu verteilen. Für Adrian Pfahl und Andreas Nilsson wechselte er in der Abwehr Davor Dominikovic und Blazenko Lackovic ein. Später sorgte Matthias Flohr dafür, dass auch Duvnjak seine viel strapazierten Kräfte für das Angriffsspiel schonen durfte.
Die Melsunger allerdings ließen sich von den Hamburger Wechselspielen nicht groß verwirren. Sie spielten ihre Angriffe mit fast schon entnervender Geduld aus – und erreichten damit ein ums andere Mal den gewünschten Effekt: dass sich nämlich die defensiv ausgerichtete Hamburger Sechs-null-Deckung, die noch am Sonnabend beim 26:23-Sieg in Wetzlar schier unüberwindbar war, vom Kreis weglocken und so Lücken entstehen ließ. Erschwerend hinzu kam, dass sich Duvnjak im Angriff seltene Aussetzer leistete.
Als Felix Danner einen davon nutzte, um in Unterzahl einen Tempogegenstoß zur 12:11-Führung zu vollenden, beantragte Schwalb eine Auszeit, um seiner Mannschaft in Erinnerung zu rufen, dass Kampf ein wesentlicher Bestandteil des Handballspiels ist. Flohr braucht eine solche Ansprache nicht. Der Linksaußen sicherte prompt zwei Abpraller mit beherzten Hechtsprüngen. Kurzzeitig musste er sogar auf Rechtsaußen aushelfen. Hans Lindberg hatte sich einen Finger ausgekugelt, und sein Ersatzmann Stefan Schröder war auf die Schnelle nicht einsatzbereit.
Lindberg konnte später wieder eingreifen. Die Fingerfertigkeit des Dänen war auch gefragt, ließ Schröder doch zwei gute Tormöglichkeiten ungenutzt. Die entscheidende Wendung aber gab dem Spiel wohl ein Landsmann Lindbergs. Schwalb hatte zur Pause Johannes Bitter (32 Prozent gehaltene Würfe) durch Marcus Cleverly ersetzt. Und der sollte mit seinen Paraden Melsungens bis dahin so trefffreudige Schützen Philipp Müller und Michael Allendorf in Selbstzweifel zu stürzen.
Die sich daraus ergebenden Konterchancen wusste namentlich Lindberg zu nutzen. Er zerstreute mit 15 Toren Restzweifel an seiner Zuverlässigkeit, sollten die denn im abgelaufenen Halbjahr nach einigen schwächeren Spielen aufgekommen sein. Als er sich nach 54 Minuten den ersten Fehlwurf erlaubte, war die Partie beim Stand von 34:28 längst entschieden. In dem Tempo sollte die Tabellenführung des HSV in der Champions League am Sonntag (16 Uhr/Eurosport) im Spiel beim schwedischen Meister Halmstad nicht in Gefahr geraten.
Das Schema
Tore, HSV: Lindberg 15 (6 Siebenmeter), Nilsson 6, Hens 5, Pfahl 4, Duvnjak 3, Jansen 1, Flohr 1, Dominikovic 1, Mahé 1; Melsungen: Allendorf 10 (5), Danner 6, P. Müller 5, Sellin 3, M. Müller 3, Schröder 2, Mansson 1, Vuckovic 1
Schiedsrichter: Fleisch/Rieber (Ostfildern/Nürtingen)
Zuschauer: 7829
Zeitstrafen: 2; 4