Frank Rost zieht Konsequenzen aus seinen Differenzen mit der HSV-Führung. Rost hatte sein Amt als Geschäftsführer erst am 1. Juli angetreten. Club verpflichtet Zarko Markovic für den verletzten Adrian Pfahl.
Hamburg. Frank Rost, 40, hat am Montagabend die Konsequenzen aus seinen Differenzen mit der Führung des Handball Sport Vereins Hamburg gezogen. Der Geschäftsführer der HSV Handball Betriebsgesellschaft mbh & Co. KG bat Vereinspräsident Matthias Rudolph, 55, in einem Telefongespräch um die Auflösung seines Vertrages. Der ehemalige Fußballtorhüter des Hamburger SV hatte erst am 1. Juli seinen Dienst beim Champions-League-Sieger angetreten.
Letzter Anlass für diesen nicht ganz unerwarteten Schritt ist der kurzfristige Transfer des Linkshänders Zarko Markovic. Der 27 Jahre alte Montenegriner, der zuletzt bei Frisch Auf Göppingen spielte und dort vergangene Woche seinen Vertrag kündigte, ist der neunte Neuzugang der Hamburger für diese Saison. Er soll Adrian Pfahl, 31, im rechten Rückraum ersetzen. Der ehemalige Gummersbacher laboriert seit drei Wochen an einer Entzündung im linken Ellenbogen. Er muss jetzt operiert werden und droht danach mehrere Monate auszufallen. Beim Heide-Cup am vergangenen Wochenende in Schneverdingen, bei dem der HSV nur Fünfter wurde, hatte Pfahl die schmerzhafte Verletzung sichtbar behindert.
Weil die Hamburger am 21. und 23. August die wichtigen Champions-League-Qualifikations-Spiele gegen die Füchse Berlin bestreiten müssen, sahen sich Matthias Rudolph und sein Bruder Andreas, 58, zum Handeln gezwungen. Das erste Saisonziel, so die Intention beider, sollte nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden; alle weiteren, wie der Gewinn der deutschen Meisterschaft, auch nicht. Dafür war Vereinsfinancier Andreas Rudolph bereit, dem Club ein weiteres Darlehen zu geben.
Nationalspieler Pfahl war zuletzt der einzige Linkshänder im rechten Rückraum. „Ohne einen Linkshänder auf Halbrechts kannst du vielleicht ein, zwei Spiele erfolgreich bestreiten. Auf Dauer ist das keine Lösung. Du wirst als Mannschaft dann zu ausrechenbar“, sagte Matthias Rudolph.
Rost hatte von der Verpflichtung Markovics erst am Montagmorgen auf der Geschäftsstelle erfahren – als nur noch letzte Vertragsdetails zu klären waren und Markovics Berater ihn aufgefordert hatte, den Vertrag mit seinem Klienten zu unterschreiben. Trainer Martin Schwalb, 50, und der zweite Geschäftsführer Christoph Wendt, 38, hatten den Deal eingefädelt.
Markovic-Transfer kein Einzelfall
Es war nicht das erste Mal in den vergangenen sechs Wochen, dass Rost vor vollendete Tatsachen gestellt und in Verhandlungen nicht eingebunden wurde. Aber gerade das hatte er sich verbeten. Als Hauptgeschäftsführer des Clubs, hatte er bei seiner Einstellung gefordert, erwarte er, dass er in alle Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse einbezogen wird. Nur auf diese Weise könne er für ein geordnetes Erscheinungsbild des Vereins in der Öffentlichkeit sorgen. Andernfalls wolle er nicht die Gesamtverantwortung übernehmen. Zudem sei das Saisonbudget von rund neun Millionen Euro längst ausgereizt. Und ein Darlehen sein nun mal ein Darlehen, das irgendwann zurückgezahlt werden muss.
Rosts ehrgeiziges Ziel war es, beim HSV Hamburg mittelfristig Einnahmen und Ausgaben auf hohem Niveau zur Deckung zu bringen und die Abhängigkeit vom Wohlwollen der Rudolphs auf ein vertretbares Maß zu verringern. Das hatte er zumindest als seinen Auftrag angesehen, abgesprochen mit Andreas und Matthias Rudolph. In den vergangenen Wochen hatte Rost wiederholt betont, dass er auf den Job bei den Handballern nicht angewiesen sei. Er könne den Vertrag jederzeit zerreißen, ließ er wissen, wenn der Verein nicht gewillt sei, die dringend nötigen Strukturreformen mitzutragen. Als erste durchgreifende Maßnahme hatte Rost vor acht Tagen Pressesprecher Christian Pöhls freigestellt.
„Wir müssten die Titel nur so reinholen“
Rosts erster Impuls an diesem Morgen war, sofort alles hinzuschmeißen. Er tat es erst nach reiflicher Überlegung am Abend. Am Montagmittag stand die Präsentation der neuen Mannschaft bei der AOK Rheinland/Hamburg auf deren Geschäftsstelle Wandsbek in der Pappelallee an. Die AOK ist einer der größten Sponsoren der Hamburger Handballer, die sich darüber hinaus in mehreren gemeinsamen Jugend-Gesundheitsprojekten engagiert. Rost fühlte sich ein letztes Mal in der Pflicht. Andere Termine für diese Woche sagte er noch am Montagmorgen ab.
Auf der AOK-Veranstaltung wirkte Rost bereits auffällig schmallippig, sagte nur das Nötigste und verschwand nach dem offiziellen Teil als Erster. „Gemessen an unserem Saisonetat, der zu den Top fünf der Bundesliga gehört, müssten wir die Titel nur so reinholen“, sagte er zuvor auf Nachfrage und sprach von einer „Verpflichtung“ für das Team und Trainer Schwalb. „Wer mit diesem Druck nicht umgehen kann, ist im Profisport fehl am Platz“, fügte er noch hinzu. Diese Sätze bleiben jetzt als Rosts Vermächtnis an den HSV stehen.
Mit dem deckungsstarken, charakterlich aber schwierigen Markovic, der den HSV Anfang August von sich aus kontaktierte, stehen inzwischen 20 Profis beim deutschen Meister von 2011 unter Vertrag. Neben Pfahl muss auch der Dauerverletzte Oscar Carlén, 25, in diesen Tagen wieder unters Skalpell. Der schwedische Halbrechte, der schon viermal am Kreuzband operiert wurde, hat seit seinem Vertragsbeginn in Hamburg am 1. Juli 2011 noch kein Spiel für den HSV bestritten.
Am heutigen Dienstag startet der HSV den freien Vorverkauf für das Spitzenspiel am Sonnabend, dem 7. September, um 15 Uhr in der O2 World gegen den deutschen Rekordmeister THW Kiel. Es ist gleichzeitig das erste Heimspiel in der neuen Saison. Ticket-Hotline: 01806 999 000 666. Ein Anruf aus dem Festnetz kostet 20 Cent. Bislang hat der HSV 5150 Dauerkarten verkauft.