Die Hamburger müssen am Sonntag im Viertelfinalrückspiel bei Ciudad Real einen Viertorevorsprung verteidigen.

Madrid. Dreimal haben die Handballer des HSV in den vergangenen zwei Jahren in der Champions League bei Ciudad Real verloren, einmal mit sieben Toren Differenz, zweimal mit zwei Treffern Unterschied. Am Sonntag nun (19 Uhr, Eurosport live) soll sich das ändern. Dafür haben die Hamburger für das Viertelfinalrückspiel ihre Taktik gewechselt. Wohnten sie bisher stets in der beschaulichen 70.000-Einwohner-Stadt 200 Kilometer südlich von Madrid, residieren sie diesmal von Sonnabend bis Montag im Zentrum der Hauptstadt.

Erst drei Stunden vor dem Anpfiff machen sich der HSV und seine 26 mitgereisten Fans am Sonntag auf den Weg nach Ciudad Real - mit dem spanischen Hochgeschwindigkeitszug Ave, vergleichbar dem deutschen ICE. Der Ave braucht für die Strecke gerade 50 Minuten. Nach der Begegnung geht es um 23.03 Uhr zurück nach Madrid. Das Motto: Schnell hin, kurz siegen, schnell wieder zurück. Am Montagnachmittag fliegt das Team nach Hamburg. Geplante Ankunft in Fuhlsbüttel: 17.35 Uhr.

„In Ciudad Real zu übernachten, hat sich in der Vergangenheit ja offensichtlich nicht bewährt. Wir wollten deshalb einfach mal etwas anderes machen“, begründet HSV-Trainer Martin Schwalb den psychologischen Hintergrund der neuen Reiseroute. Im Hinspiel hatte der Coach am Spielfeldrand taktisch alles richtig gemacht, jetzt greift er bereits vor dem Abflug ein. Erfolge im modernen Hochleistungssport beginnen eben mit dem ersten Schritt aus der Haustür. Damit die Spieler nicht auch noch ihre Klamotten zum Hauptbahnhof in Madrid und später zur Spielhalle schleppen müssen, was unnötig Kräfte kosten könnte, fährt ein Bus mit dem Gepäck zur Quijote Arena in Ciudad Real voraus. „Wir haben alles generalstabsmäßig geplant“, sagt HSV-Prokurist Christoph Wendt.

Jetzt muss die Mannschaft nur noch weiterkommen, gegen das beste Handballteam der Welt der vergangenen zwei Jahre. Mit dem 26:22-Sieg vom Hinspiel vor einer Woche in der Hamburger O2 World aber hat sich der HSV eine ordentliche Ausgangsposition verschafft, um das Final4 am 29./30. Mai in Köln zu erreichen. Die Endrunde der Champions League, Halbfinale und Finale, wird in diesem Jahr erstmals an einem Ort gespielt. Das Halbfinale wird am Dienstag in Köln ausgelost.

„Wenn wir in Ciudad Real nur einen Moment daran denken, dass wir vier Tore Vorsprung haben und anfangen vom Halbfinale träumen, haben wir schon verloren“, warnt Rückraumschütze Blazenko Lackovic. „Wir müssen von der ersten bis zur letzten Minuten hochkonzentriert sein.“ Der erfahrene Kroate, Weltmeister und Olympiasieger, hat recht. Vier Tore Vorsprung sind im Handball mal alles, mal nichts. Im Bundesligaspiel gegen den TBV Lemgo verspielte der HSV in der Schlussphase innerhalb von neun Minuten sogar eine Führung von neun Toren - und gewann am Ende mit einem Tor Vorsprung.

Den Siegtreffer erzielte damals Krzysztof Lijewski. Der Einsatz des polnischen Weltklasse-Halbrechten entscheidet sich auch diesmal erst nach dem Aufwärmen am Sonntagabend. Lijewski plagen Schulterbeschwerden, die nur mit Ruhe auszukurieren sind. Die gewährt ihm jedoch niemand. Lijewski möchte spielen, unbedingt, sein Kopf ist willig. Schon im siegreichen deutschen Pokalfinale gegen die Rhein-Neckar Löwen wurde er am 11. April mit neun Toren zum Matchwinner, trotz heftiger Schulterschmerzen. „Krzysztof ist ein harter Hund“, sagt HSV-Sportchef Christian Fitzek, „er will der Mannschaft helfen. Wir müssen seinen Ehrgeiz bremsen. Es nützt uns nichts, wenn er langfristig ausfallen sollte.“

Physiotherapeut Niklas Albers behandelte Lijewski am Sonnabend im NH-Hotel in Madrid noch einmal ausgiebig. „Krzysztof hat eine tückische Verletzung, da wären Prognosen, ob er spielen kann oder nicht, unseriös“, sagt Albers. Lijewskis Bruder Marcin wird dagegen auflaufen können. Dessen Achillessehnenschmerzen hat Albers lindern können. Der Physiotherapeut sagt: „In dieser späten Phasen einer langen und harten Saison haben alle Spieler Probleme mit Muskeln und Sehnen. Da gibt es für unser Physio-Team immer viel zu tun. Aber dafür sind wir ja auch da.“

Die Schmerzen, weiß Albers, lassen mit einem Sieg leichter ertragen. Es wäre für den HSV in Ciudad Real ein historischer.