Hamburg. Der Geschäftsführer der Basketballer spricht über die neuen Zuschauer-Einschränkungen, Corona und die Verantwortung der Stadt.

Auf diesen Termin hatte sich Marvin Willoughby (43) so lange gefreut. In der Nacht zu Donnerstag wurde beim NBA-Club Dallas Mavericks in einer emotionalen Zeremonie das Trikot von Dirk Nowitzki (43), dem besten deutschen Basketballer aller Zeiten, unter das Dach des American Airlines Centers gezogen. Und der Geschäftsführer und Sportdirektor der Hamburg Towers sollte bei dem historischen Ereignis eigentlich in der ersten Reihe live dabei sein.

Willoughby und Nowitzki sind seit ihren gemeinsamen Spielertagen in Würzburg beste Freunde. „Ich hatte meine Tickets, alles war klar, aber die Pandemie-Entwicklung der vergangenen Tage in Amerika und hier war einfach zu heftig. Ich kann nicht von meinen Spielern erwarten, dass sie sich von jedem fernhalten, und der Chef fliegt in die USA, um seinen Kumpel zu besuchen. Es ist nicht die Zeit, jetzt zu reisen“, erklärt Willoughby mit Wehmut in der Stimme. Corona hat eben auch den Towers-Chef fest im Griff – und das auf so vielen Ebenen.

Hamburg Towers in Sorge über Corona-Ausbruch

Die größte Sorge des gebürtigen Hamburgers gilt in diesen Tagen der Gesundheit seiner Spieler. Der Corona-Ausbruch bei Alba Berlin, die am vergangenen Sonntag in Hamburg gegen die Towers gespielt hatten, könnte zeitnah auch für die ersten positiven Fälle bei den Wilhelmsburgern in dieser Pandemie sorgen. Dem Vernehmen nach soll bei den Alba-Profis die hochansteckende Omikron-Variante zirkulieren. Am Donnerstag wurde das komplett geboosterte Towers-Team erneut getestet. Die Ergebnisse stehen noch aus.

„Wir haben Informationen aus Berlin, die uns Sorgen bereiten, weil wir Spielern ausgesetzt waren, die positiv waren und nach wissenschaftlichem Stand auch schon in der Lage waren, das Virus weiterzugeben. Wir können nur hoffen, dass sich unsere Sorgen nicht bestätigen und sich niemand angesteckt hat“, sagt Willoughby, der keinen Hehl daraus macht, dass er das Spiel am Mittwoch gegen Bamberg (75:87) lieber verschoben hätte. „Das wäre ohne Probleme möglich gewesen. Es war nicht notwendig zu spielen. Wir hatten die Chance, eine weitere Mannschaft nicht der Gefahr auszusetzen. Es geht nicht um uns, es geht um den Gegner. Das wurde von der Liga aber anders entschieden“, kritisiert Willoughby.

Eindämmungsverordnung belastet Willoughby

Die BBL-Regularien, die vor der Saison gemeinsam mit allen 18 Clubs verabschiedet wurden, besagen, dass, so lange acht Stammspieler einsatzfähig sind, gespielt werden muss. Deshalb konnte beispielsweise die Partie von s.Oliver Würzburg am Sonnabend gegen Bamberg abgesetzt werden, weil sich bei den Franken derzeit 20 (!) Personen in Quarantäne befinden. „Die Gesamtsituation bewegt sich so schnell, dass wir zum Glück schon am Freitag mit der Liga zusammensitzen und eine außerordentliche Sitzung abhalten werden, um diese Regeln zu überdenken. Sie sind nicht mehr angemessen“, sagt der Towers-Chef.

Doch nicht nur die mögliche Ansteckungsgefahr belastet Willoughby. Ab Montag gilt die neue Eindämmungsverordnung, die massive Zuschauereinschränkungen nach sich zieht. Ob es Geisterspiele geben wird oder zumindest 200 Fans zugelassen werden, wusste der Towers-Chef bis zum Donnerstag noch nicht. Willoughby betont, dass er angesichts von mehr als 60.000 Neuinfektionen in Deutschland pro Tag Maßnahmen als notwendig ansieht und im Zweifel auch Geisterspiele akzeptieren könnte.

Hamburg Towers: Willoughby fordert Hilfe von der Stadt

Aber klar sei dann auch: „Wir brauchen Hilfe – sofort. Wir müssen sehen, wie die Sportstadt Hamburg, die sich jetzt gerade machen muss, dazu steht. Die Stadt Hamburg ist jetzt in der Pflicht, uns zu helfen. Ich hoffe wirklich, dass die Verantwortlichen der Stadt ihrer Verantwortung nachkommen, und von sich aus auf die Idee kommen, uns zu helfen, und uns nicht die ganze Zeit bitten lassen“, so die Botschaft von Willoughby, der anfügt: „Es geht nicht darum, dass wir Geld gewinnen oder ein Plus machen wollen. Sondern dass wir die Chance haben, ohne katastrophalen Schaden wieder herauszugehen“, so der Towers-Chef, der betont, dass dies nicht nur für die Towers, sondern auch für die Fußballer und Handballer vom HSV, den FC St. Pauli und den Eishockey-Oberligaclub Crocodiles Hamburg gilt.

Mit Verwunderung reagiert der Towers-Chef darauf, dass beispielsweise Kultureinrichtungen wie die Elbphilharmonie mit 95 Prozent Auslastung genutzt werden können, im Sport aber knallhart durchgegriffen wird. „Ich gönne jedem, dass er Geld verdient, aber der Kampf zwischen Sport und Kultur geht schon länger, und die Kultur hat schon seit langer Zeit mehr als nur eine Nase vorn“, moniert Willoughby, der eine Gleichbehandlung fordert und erneut den Dialog mit der Politik suchen will.