Hamburg. Am Tag vor dem EuroCup-Spiel bei Morabanc Andorra überschlugen sich beim Wilhelmsburger Basketball-Club die Ereignisse.

Es waren ereignisreiche Stunden bei den Hamburg Towers. Am frühen Dienstagabend gab der Club aus der Basketball-Bundesliga bekannt, dass sie sich mit sofortiger Wirkung von Spielmacher Ray McCallum (30) trennen. Der US-Amerikaner, der erst im Oktober 2021 als Nachfolger von Transfer-Flop Jabril Durham (28) nachverpflichtet wurde, soll am vergangenen Wochenende mit dem Wunsch einer Trennung auf die sportliche Leistung um Trainer Pedro Calles (38) und Sportdirektor Marvin Willoughby (44) zugekommen sein.

McCallum war offenbar unzufrieden mit seiner Rolle im Team. Der ehemalige NBA-Profi wirkte seit seiner Verpflichtung wie ein Fremdkörper. Selbst als auf der Spielmacherposition wegen Verletzungen Personalnot herrschte, kam der Dreipunktewurfspezialist nur sporadisch zum Einsatz.

Die Unzufriedenheit beruhte auf Gegenseitigkeit. Die Towers haben sich deutlich mehr vom ehemaligen NBA-Profi versprochen. "Mit dem komplexen Spielsystem wurde er nie so richtig warm. "Unsere Art Basketball zu spielen, ist sehr fordernd – das wissen wir. Aber genau diese Spielweise ist unsere DNA. Im Gespräch haben wir festgestellt, dass das Rollenverständnis auf beiden Seiten ein anderes ist. Die Entscheidung ist eine rein sportliche", sagte Sportdirektor Willoughby, der nach zwei unglücklichen Spielmacherverpflichtungen erneut auf dem Transfermarkt aktiv werden wird.

Nächster Towers-Profi positiv auf Corona getestet

Nur wenige Minuten Personalie McCallum kommunizierten die Towers den nächsten Corona-Fall. Um welchen Spieler es sich handelt,  erklärten die Hamburger nicht. Am Montag waren bei der vom EuroCup vorgeschriebenen Testreihe noch alle Profis negativ. In der Nacht zu Dienstag klagte ein Profi über Erkältungssymptome. Daraufhin wurde erneut ein PCR-Test durchgeführt, der dieses Mal positiv ausfiel.

Während ein neuer Corona-Fall hinzukam, gab es gute Nachrichten von Lukas Meisner (26) und Seth Hinrichs, die vor zehn Tagen an Covid-19 erkrankt waren. Das Duo konnte sich zu Wochenbeginn freitesten.

Nach der Freitestung hatten die Wilhelmsburger die beiden Profis einem umfangreichen Medizincheck unterzogen. Bei den Spielern wurden sämtliche Organe überprüft und große Blutbilder angefertigt, um auszuschließen, dass die Corona-Infektionen nachhaltige Schäden angerichtet haben. Die medizinische Abteilung unter der Leitung von Teamarzt Helge Beckmann (52) gab nach der Auswertung grünes Licht für die Rückkehr in den Trainings-und Spielbetrieb. Somit stehen Hinrichs und Meisner im EuroCup-Spiel am Mittwoch (20 Uhr, MagentaSport) bei Morabanc Andorra wieder zur Verfügung.

Towers-Spielmacher Hollatz pausiert weiter

Spielmacher Justus Hollatz (20) wird die Partie in Andorra dagegen vor dem Fernseher erleben müssen. Der gebürtige Hamburger hatte sich im Abschlusstraining vor dem Ulm-Spiel eine Knieverletzung zugezogen. "Er steht nicht unmittelbar vor der Rückkehr ins Mannschaftstraining, daher wird er nicht mit der Mannschaft reisen", sagt Trainer Pedro Calles (38).

Nach Abendblatt-Informationen hat eine MRT-Untersuchung am Montag keine große Schädigung ergeben. Somit besteht die Chance, dass er am Sonnabend im Bundesliga-Spiel bei Medi Bayreuth wieder einsatzbereit ist.

Für die einsatzfähigen Towers-Spieler steht in dieser Woche derweil ein kleiner Reisemarathon auf dem Programm. Am Dienstagmorgen ging es um neun Uhr per Flugzeug über Frankfurt nach Toulouse. Anschließend fuhr das Team mit dem Bus nach Andorra.

Andorra hat derzeit sehr hohe Corona-Zahlen

Der Zwergstaat gehört in Europa derzeit zu den Corona-Hotspots. Die 7-Tage-Inzidenz liegt bei 3791,7. Insgesamt sind 46 Prozent aller Tests positiv, damit liegt Andorra weltweit auf Rang eins. Sorgen, dass sich die Towers dort womöglich anstecken könnten, so wie es wohl beim Auswärtsspiel in Belgrad der Fall war, versucht Trainer Calles auszublenden. "Auch wenn man es nicht beweisen kann, war es wohl so, dass wir uns dort angesteckt haben. Die Jungs verhalten sich aber absolut professionell. Es ist nun einmal so, dass wir unter den Gegebenheiten in dem Wettbewerb spielen. Wir werden weiter Vorsichtsmaßnahmen treffen, um eine Infektion zu vermeiden. Mehr können wir nicht tun", sagt Trainer Calles.

Auch die Spieler versuchen, das Thema Covid-19 so gut es geht auszublenden. "Es ist ja nicht so, dass wir in Andorra Party machen. Die größte Gefahr besteht sicher auf den Flughäfen. Aber wenn wir im Hotel sind, denken wir nur noch an die Vorbereitung auf ein Basketball-Spiel", sagt Towers-Center Maik Kotsar (25).

Nach dem Spiel werden die Wilhelmsburger zunächst nicht nach Hamburg zurückkehren, sondern direkt von Andorra nach Bayreuth reisen. "Bei so einem langen Trip darf mein Kissen nicht fehlen. Es ist wichtig, dass man so ausgeruht wie möglich ist. Nach einem zwölfstündigen Trip ist es nicht leicht, den Körper wieder in Gang zu setzen", sagt Kotsar (25).

Towers-Gegner Andorra hat den Trainer gewechselt

Auf die Towers wartet in Andorra in jedem Fall eine Herkulesaufgabe. Das Team spielt in der spanischen Eliteliga ACB mit, wo es derzeit mehr schlecht als recht läuft. In der vergangenen Woche hat der Hamburger Gegner Trainer Ibon Navarro (45) entlassen. Doch genau darin sieht Calles die Gefahr. "Sie werden taktisch vielleicht ein paar Dinge anders machen. Wenn ein Club einen Trainer entlässt, zeigen die Spieler oft eine Reaktion. Andorra am Wochenende in der spanischen Liga Real Madrid geschlagen, also gab es definitiv eine positive Reaktion auf die personelle Veränderung", sagt Calles.

Das Hinspiel hatten die Hamburger in der edel-optics.de Arena mit 91:97 verloren. "Ich denke, Andorra ist eine Spitzenmannschaft. Sie spielen im EuroCup besser als in der heimischen Liga", warnt auch Center Kotsar, der am vergangenen Sonnabend gegen Ulm mit 24 Punkten bester Werfer der Towers war.

Towers: Calles schwärmt von Kotsar

Auf den estnischen Leistungsträger wird es auch am Mittwoch ankommen. Kotsar hat sich bei den Hamburgern seit seinem Wechsel im Sommer 2020 zu einem Fixpunkt im Hamburger Spiel entwickelt. Wenn der 2,11 Meter große Profi funktioniert, funktionieren häufig auch die Towers.

Die guten Leistungen sind inzwischen auch bei europäischen Spitzenteams ein Thema. Kurz vor dem Jahreswechsel war Fenerbahce Istanbul an Kotsar interessiert. Die Hamburger haben allerdings die Freigabe verweigert.  "Maik hat hier in Hamburg auf, aber auch abseits des Courts, eine tolle Entwicklung genommen. Es bringt total Spaß, ihn zu trainieren. Ich schätze ihn als Spieler, vor allem aber auch als Mensch. Wenn er so weiterarbeitet, wird er noch weitere Schritte in seiner Karriere gehen", schwärmt Trainer Calles.