Hamburg. Der gebürtige Hamburger hat sein auslaufendes Arbeitspapier bei den Wilhelmsburgern nicht verlängert. Wohin es ihn jetzt zieht.

Es war ein schwerer Gang, den Justus Hollatz antrat. Und er ging ihn ganz alleine. Ohne Berater, ohne Eltern, führte er ihn geradewegs ins Büro von Marvin Willoughby. 2017 war Hollatz ins Jugendprogramm der Hamburg Towers gewechselt und stieg in seiner Heimatstadt, viel früher als selbst kühnste Prognosen es erwarten ließen, zum Profispieler, Aufstiegshelden, Zweitliga-Meisterschützen und schließlich größten Bundesligatalent auf der Aufbauspielerposition auf. Und wie auf dem Spielfeld ließ es der 21-Jährige nicht an Reife vermissen. Er wollte Sportchef Willoughby seine Entscheidung persönlich mitteilen: Dass seine Zeit in Hamburg vorerst vorbei ist. "In Deutschland wäre kein anderer Club infrage gekommen. Einerseits bin ich traurig, dass ich Hamburg verlasse, aber es war Zeit, mal etwas neues zu probieren, die Komfortzone zu verlassen. Bei Breogán sehe ich die Chance, mich Woche für Woche auf hohem Niveau zu beweisen. Es ist die beste Liga in Europa", sagte Hollatz dem Abendblatt.

Basketball: Hollatz sagte EuroLeague-Team ab

Die nächste Station seiner Karriere wird den Nationalspieler nach Spanien in die Topliga ACB zu CB Breogán führen, wo er einen Einjahresvertrag unterschreibt. Bis zuletzt hatte Hollatz mit sich gerungen, überlegt, noch ein finales Jahr bei den Towers zu spielen. In Deutschland wäre kein anderer Club für ihn in Frage gekommen. Zu sehr schlägt sein Herz für Hamburg. Und auch die Wilhelmsburger hatten es sich zur Priorität auserkoren, ihr Juwel unter allen Umständen zu halten. Zusätzlich lag Hollatz ein gut dotiertes Angebot des serbischen Rekordmeisters Partizan Belgrad vor. Doch final gab das den Ausschlag, was dem bodenständigen Harburger am wichtigsten ist: die Chance, einfach nur viel und gut Basketball zu spielen.

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Bei CB Breogán, beheimatet in der galizischen 98.000-Einwohner-Stadt Lugo im nordwestlichsten Zipfel der iberischen Halbinsel, ist Hollatz als Starter auf der Point-Guard-Position gesetzt. Das wäre er gewiss auch in Hamburg, in Belgrad eher nicht. Doch im Gegensatz zur Basketball-Bundesliga (BBL) ist der 1,95-Meter-Athlet in der stärksten nationalen Liga Europas wöchentlich der Herausforderung ausgesetzt, sich mit Gegnern auf höchstem Niveau zu messen. Eher schwächere Teams, wie sie im hinteren Ende der BBL immer wieder zu finden sind, gibt es in der ACB nicht. Stattdessen: zweimal FC Barcelona, zweimal Real Madrid, zweimal Valencia. "Ich habe mit vielen Spielern gesprochen, die auch in Spanien gespielt haben. Andreas Obst, Maxi Kleber, Paul Zipser. Sie haben mir einen Wechsel dorthin empfohlen", sagte Hollatz.

In Spanien will Hollatz sich für Topclubs empfehlen

Wenngleich Hollatz bis zum Schluss grübelte, traf er keine Impulsentscheidung. Während der Saison hatte er ausschließlich Gespräche mit den Towers geführt, vertragliche Angelegenheiten und die zahlreichen Anfragen anderer Clubs über seine Berateragentur „Beo Basket“ laufen lassen, um sich komplett auf das Geschehen auf dem Spielfeld zu konzentrieren. Doch schon länger gärte in ihm auch der Wunsch, sich aus seiner Komfortzone heraus zu begeben, etwas Neues zu erleben.

Breogán scheint nun das beste Paket geboten zu haben, um Hollatz´ Entwicklung zu einem europäischen Topspieler voranzutreiben. Als Aufsteiger belegte das Team direkt einen soliden elften Platz, verpasste die Play-offs nur um einen Sieg und tritt eventuell in der kommenden Saison in der Champions League, dem dritthöchsten kontinentalen Vereinswettbewerb, an. Doch viel wichtiger: Der Club hat bewiesen, dass Toptalenten dort bereitwillig Verantwortung übertragen wird. Bester Beleg hierfür ist der Bosnier Džanan Musa (23), der in der abgelaufenen Spielzeit viele Freiheiten erhielt und diese so beeindruckend nutzte, dass er zum wertvollsten Spieler der ACB gewählt wurde. Sein Weg dürfte ihn schon im Sommer in die EuroLeague, perspektivisch in die US-Profiliga NBA führen.

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Der Hamburger Hollatz träumt weiter von der NBA

Und dieses Ziel verfolgt auch Hollatz nach wie vor. Zwar wird er sich auch vom diesjährigen NBA-Draft wieder abmelden, bei Breogán kann er sich aber über ein Jahr auf einer Bühne präsentieren, die in den USA deutlich mehr respektiert wird als die BBL. Die Karriereplanung, die Hollatz und sein engster Kreis, zu dem neben seinen Agenten auch seine Familie zählt, ausgemacht haben, sieht vor, dass er binnen eines Jahres bereit für ein spanisches Top-Fünf-Team der Kategorie Valencias sein soll, binnen drei Jahren für den FC Barcelona, Real Madrid oder die NBA. "Die NBA bleibt mein kleiner Traum", erklärte Hollatz.

Willoughby nahm den Entschluss seines Schützlings, mit dem ihn ein langjähriges Vertrauensverhältnis verbindet, erwartungsgemäß enttäuscht, aber auch verständnisvoll auf. „Es ist nicht leicht, Justus jetzt gehen zu sehen. Wir hätten ihn weiterhin sehr gern in Hamburg gehabt und sind uns sicher, dass wir zumindest im kommenden Jahr auch der bessere Standort für seine Entwicklung gewesen wären“, erklärte Willoughby und fügte an: „Trotzdem wünschen wir Jussi natürlich sportlich, aber vor allem auch persönlich nur das Beste. Menschlich hoffe ich sehr, dass er auch in Spanien ein Umfeld vorfindet, in dem er weiterhin so positiv, herzlich und bodenständig bleiben kann“, so der Geschäftsführer der Towers.

Immerhin hat Willoughby nun Klarheit und kann die Zeit nach Hollatz planen. An Arbeit wird es dem 44-Jährigen in den kommenden Wochen ohnehin nicht mangeln.  Noch immer steht die Entscheidung über den neuen Trainer aus. Vom Team besitzt lediglich Lukas Meisner einen Vertrag für die kommende Spielzeit – allerdings mit einer Ausstiegsklausel. Als Anwärter auf den Posten als Hollatz-Nachfolger hält sich hartnäckig Kendale McCullum (25) im Gespräch. Willoughby hatte zwar unlängst dementiert, sich mit dem Aufbauspieler von Absteiger Gießen 46ers zu beschäftigen, nach Abendblatt-Informationen soll aber inzwischen doch ein Gespräch stattgefunden haben.