Hamburg. Zum Bundesligaspiel gegen Göttingen kehren drei Verletzte zurück. Towers suchen jetzt einen jungen Spieler mit Charakter.

Als die Übungseinheit am Freitagmittag beendet war, die letzten Würfe im Korb landeten, schlüpfte Trainer Benka Barloschky in die Rolle des Chorleiters und stimmte ein Geburtstagsständchen für Center Yoeli Childs an, der seinen 25. feierte. Friede, Freude und eventuell auch Eierkuchen bei den Veolia Towers, denn der US-Amerikaner hatte versprochen, am Nachmittag für das Team zu backen.

Barloschky kann sich sechs Tage nach seinem Amtsantritt keine neue Mannschaft backen. Mit Sportchef Marvin Willoughby ist er aber rund um die Uhr auf der Suche nach einem zehnten Profi, schaut Videos und telefoniert viel. Am Donnerstag war der Vertrag mit Marvin Clark (28) aufgelöst worden, mindestens für ihn brauchen die Towers Ersatz. Während der US-Amerikaner bereits mit einem neuen Verein verhandelt, scheinen die Hamburger Basketballer bisher nicht fündig geworden zu sein. Jung soll der Kandidat sein, Entwicklungspotenzial haben, Energie ausstrahlen und, das betonte Barloschky, einen über jeden Zweifel einwandfreien Charakter haben. Das sei wichtiger noch als seine sportlichen Fähigkeiten.

Towers gegen Göttingen mit vier Rückkehrern?

Beim Bundesligaspiel am Sonntag (15 Uhr/MagentaSport) gegen die BG Göttingen dürfte die erste Nachverpflichtung in dieser Saison selbst dann nicht auf dem Feld stehen, wenn doch alles schneller gehen sollte als am Freitag gedacht. Immerhin: Mit Kapitän Seth Hinrichs, der am Sonnabend aus den USA zurückerwartet wird, Childs (Muskelfaserriss im Oberschenkel), Jonas Wohlfarth-Bottermann (Oberschenkelzerrung) und Spielmacher Kendale McCullum (Oberschenkelprellung) kann Barloschky auf jene vier Spieler hoffen, die am Mittwoch bei der 59:87-Niederlage im EuroCup gegen Buducnost Podgorica fehlten. Bis auf Hinrichs absolvierten alle am Freitag das volle Übungsprogramm – und das ist bekanntlich unter dem neuen Cheftrainer intensiver als unter seinem Vorgänger Raoul Korner.

Energie kommt dann auch in fast jedem Satz vor, wenn Barloschky beschreibt, was die Mannschaft brauche, um gegen die favorisierten Göttinger gewinnen zu können. „Uns erwartet ein Gegner, der sehr schnell, sehr aggressiv spielt und dessen Angriffe auf viele Dreier ausgelegt sind. Das wird eine sehr schwierige Partie.“

Towers-Hallensprecher verabschiedet sich

Während Barloschky in der Bundesliga in der nun zum siebten Mal in dieser Saison ausverkauften Wilhelmsburger edel-optics.de Arena als Cheftrainer debütiert, müssen die Hamburger auch Abschied nehmen. Hallensprecher Andreas Lindemeier sitzt bei seinem 101. Towers-Spiel zum 444. und letzten Mal am Kampfgerichtstisch am Mikrofon. Für den im südniedersächsischen Hardegsen lebenden 70-Jährigen könnte es keinen passenderen Ausklang geben als gegen seinen früheren Heimatverein, zumal sein Enkel als Wischerkind im Einsatz sein wird.

Der Ausstand ist frei gewählt. „Ich wollte nicht, dass mich andere bitten, meinen Platz zu räumen“, sagt Lindemeier, der bis zuletzt mit sonorer und kraftvoller Stimme bestach. In 22 Jahren als Hallensprecher, zunächst in Braunschweig, dann in Göttingen, im Rollstuhlbasketball und seit 2015 bei den Towers, hat sich der ehemalige Schulleiter und Regierungsschuldirektor als „Brückenbauer zwischen Mannschaft und Publikum“ verstanden. „Die Fans entscheiden über die Stimmung, ich greife nur ein wenn nötig.“

Lindemeier als „Größter aller Zeiten“ geadelt

Lindemeier, auf den der Berliner Markus Assemacher folgt, galt als Institution. Die Fairness, die der Erfinder des Beach-Basketballs Schiedsrichtern und Gegnern stets entgegengebracht hat, brachte ihm Respekt ein. Lindemeier hat einen klaren Wertekompass – stand stets für diesen ein, selbst wenn es ihm schadete. In Göttingen wurde er als Hallensprecher entlassen, nachdem er öffentlich Kritik am damaligen Trainer Johan Roijakkers übte. Der Niederländer hatte in einem Testspiel die Schiedsrichter beleidigt.

Der langjährige Bundesligatrainer John Patrick (54/Chiba Jets Funabashi/Japan), der in Göttingen mit Lindemeier zusammenarbeitete, nennt ihn gar ehrfurchtsvoll „den Größten aller Zeiten, und zwar nicht nur in Deutschland. Ich kenne in den USA, Europa und Japan keinen stilvolleren und besseren Ansager.“

Erstmals in der Ligageschichte der BBL leiten mit Anne Panther, Danjana Rey und Aleksandra Pawlik drei Schiedsrichterinnen die Partie der Towers gegen Göttingen.