Hamburg. Die Towers führen zur Pause in München haushoch. Doch dann kracht Bayern-Star Nick Weiler-Babb aufs Jochbein und wird bewusstlos.

Selten stehen zwei Hälften eines Basketballspiels so diametral gegenüber wie die zwischen dem FC Bayern München und den Hamburg Towers. Aber auch selten war eine Niederlage, wie das 75:86 (13:16, 15:30, 30:14, 28:15) der Wilhelmsburger, die dadurch auf Platz zehn der Bundesliga abrutschen, von derart sekundärer Bedeutung.

Denn es fällt schwer, die Partie ab dem zweiten Viertel regulär zu beurteilen. 2:07 Minuten waren in diesem Abschnitt gespielt, als Bayerns Nick Weiler-Babb nach dem missglückten Versuch eines Dunkings vom Ring abrutschte und ungebremst auf sein Jochbein krachte. Der US-Amerikaner blieb reglos liegen, hatte das Bewusstsein verloren.

Hamburg Towers: Gegenspieler stürzt schwer

Sanitäter eilten unmittelbar heran, errichten einen Sichtschutz um Weiler-Babb, dessen schockierte Mitspieler von Trainer Andrea Trinchieri zur Bank beordert wurden, um die Szenerie nicht aus nächster Nähe beobachten zu müssen. Gute drei Minuten währte die Schockstarre im mucksmäuschenstillen Audi-Dome, ehe der 26-Jährige vom Feld getragen wurde. In der Kabine soll Weiler-Babb etwas später wieder zu Bewusstsein gekommen und auch bewegungsfähig gewesen sein, ehe er weiter in einem Münchener Klinikum untersucht wurde.

Bayerns Sportdirektor Daniele Baiesi äußerte in der Halbzeit am Mikrofon von MagentaSport Vorwürfe in Richtung der nahestehenden Hamburger Gegenspieler. Das Studium der Videoszenen widerlegt allerdings einen sichtbaren und impulsiven Kontakt eines Gästeakteurs, der eine Fremdeinwirkung beim Sturz nahelegen würde. Auch der Münchener Geschäftsführer Marko Pesic relativierte die aus der Emotion heraus getätigten Aussage im Nachgang der Begegnung: „Ich mache keinem Hamburger einen Vorwurf, solche Szenen passieren.“

Hamburg Towers führen zur Pause

Bis zu dieser Zäsur hatten die Hamburger dank einer starken Teamverteidigung mit frühen Hilfen gegen die Münchener Ausnahmekönner übertüncht, dass es offensiv bei ihnen selbst zunächst nicht rund lief. Nur einer von zehn Versuchen im ersten Viertel aus dem Zweier-Bereich fand sein Ziel.

Geschenkt, da Caleb Homesley eines seiner Markenzeichen-Spiele erwischt hatte, in dem er gewissenlos von der Dreierlinie abdrückt, völlig ungeachtet einer engen Verteidigung, – und trifft. 25 Punkte – ein am Spielende schon herausragender Wert – standen für den Flügelspieler, der nach Abendblatt-Informationen ebenso wie Aufbautalent Justus Hollatz beim FC Bayern auf der Wunschliste für den Sommer stehen soll, bereits zur Pause in der Statistik. Sechs Würfe aus mindestens 6,75 Metern netzte er ein.

Die Gastgeber, die an diesem Abend gerade erst ihren Star-Aufbau Darrun Hilliard und, nach Notoperation im Gehirn im Sommer 2021 besonders emotional, Nationalspieler Paul Zipser nach langen Pausen zurück begrüßt hatten, standen nach Weiler-Babbs Verletzung völlig neben sich. Mit 46:28, kein Tippfehler, führten die Towers zur Pause, auch dank einer weiteren Spitzenleistung von Spielgestalter Hollatz, der acht Körbe direkt assistierte.

Towers hatten absolut nichts entgegenzusetzen

Nach Wiederbeginn berappelte sich der deutsche Vizemeister und Titelfavorit in dieser Saison. Im Fokus ihrer Bemühungen stand es, Homesley nun bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu doppeln. Gerade einmal einen Wurf wurde der Linkshänder im dritten Viertel noch in Richtung Korb los. Es dauerte, ehe die Gäste auf ihre zweite Brot-und-Butter-Option, das Blockstellen und Abrollen von Hollatz und Center Maik Kotsar, wechselten. Darunter litt ihre Offensive, was in Schnellangriffen der Bayern resultierte, die nun nicht erst lange Zeit benötigten, um den Ball aus dem Netz zu fischen, und sich auf 58:60 heranwarfen.

Und im Schlussviertel wurde der Unterschied deutlich zwischen gutem EuroLeague-Team und Neuling im EuroCup, zwischen 25 Millionen Euro Etat und fünf. Keine vier Minuten waren gespielt, da war der Vorsprung des FC Bayern nach einem Dreier von Nihad Djedovic bereits ins Zweistellige angewachsen (73:62). Die Towers hatten absolut nichts entgegenzusetzen, an beiden Enden des Spielfelds. Homesley wurde völlig kaltgestellt, sammelte nur noch zwei mickrige Punkte und stand in den finalen Minuten nicht mal mehr auf dem Feld.

Die Zahlen der Machtdemonstration in der zweiten Hälfte: 58:29 für Bayern. Allein, die Erkenntnisse dieses Abends waren allenfalls semi-relevant.

"Hoffen, dass Weiler-Babb bald wieder fit ist"

Auch für Towers-Nationalspieler Robin Christen: „Es gibt Dinge, die heute passiert sind, die wichtiger sind als unsere zweite Halbzeit. Wir hoffen, dass die Verletzung schlimmer aussah als sie ist und Nick Weiler-Babb bald wieder fit ist. Dazu kommt die Situation mit dem Krieg vor unserer Haustür, die wir in unseren Gedanken tragen. Zur zweiten Hälfte lässt sich sagen, dass die Bayern Stärke gezeigt haben, vor allem in der Verteidigung.“

Hamburg Towers: Homesley (27 Punkte), J. Brown (15), Bluiett (8), Kotsar (8), Christen (8), Meisner (4), Edigin (2), Hinrichs (2), Hollatz (1), DiLeo, Z. Brown.