Hamburg. Malik Müller ist ab sofort vereinslos. Wegen Corona wird die Suche nach einem neuen Club schwer, deshalb arbeitet er jetzt an Plan B.
Am Dienstag hetzte Malik Müller von einem Termin zum nächsten. Endlich wieder zum Friseur, seinen neuen Anzug beim Herrenausstatter abholen und anschließend eine Wohnung auf St. Pauli besichtigen. „Ich muss am 30. Mai aus meiner bisherigen Wohnung raus. Und erst einmal soll Hamburg meine Homebase blieben“, sagt der Forward der Hamburg Towers.
Dass die Hansestadt auch sportlich seine Heimat blieben wird, ist unwahrscheinlich. Müllers Vertrag ist bei den Towers am 2. Mai ausgelaufen. Stand jetzt ist er vereinslos. Ein Szenario, das dem gebürtigen Frankfurter Sorgen bereitet. „Natürlich habe ich eine gewisse Existenzangst. Niemand weiß, wie es mit der Corona-Pandemie in der Gesellschaft und auch im Basketball weitergeht.
Saison zum Vergessen für Malik Müller
Zumal ich in der vergangenen Saison aus vielen unterschiedlichen Gründen nicht gerade Werbung in eigener Sache betreiben konnte“, sagt Müller. In der Tat liegt hinter dem „schlampigen Talent“ eine Saison zum Vergessen. Zu Saisonbeginn waren die Towers als Aufsteiger in der Bundesliga nicht konkurrenzfähig, und Müller mutierte vom Aufstiegshelden zur Randfigur.
Als der Wilhelmsburger Club in der Liga langsam in die Spur fand, bremsten den 26-Jährigen gleich zwei schwere Sprunggelenksverletzungen über Monate aus. Am 15. Mai entscheidet er gemeinsam mit Towers-Arzt Helge Beckmann, ob er die Sommerpause, wie lange sie auch immer gehen wird, nutzt, um sich operieren zu lassen.
Kader der Clubs werden kleiner
„Ich wollte unbedingt in dieser Saison noch spielen und habe deshalb auf den Eingriff verzichtet. Hätte ich das mit dem Saisonabbruch vorher gewusst, hätte ich mich schon längst operieren lassen“, sagt Müller. Unabhängig seiner Sprunggelenke steht Müller am Scheideweg seiner Basketballerkarriere. Die Towers werden den Vertrag des extrovertierten und nicht immer disziplinliebenden Energiebündels nicht verlängern. Und Müller weiß, dass die Suche nach einem neuen Verein, der wirtschaftlich und sportlich eine gute Perspektive bietet, in Zeiten der Corona-Krise eine Herkulesaufgabe wird.
Die Kader der Clubs werden kleiner, die Gehälter sinken. Keine schönen Aussichten für einen vereinslosen Profi. „Basketball ist ein Teil von mir, und ich möchte das weiter beruflich machen, aber nicht um jeden Preis. Wenn abzusehen ist, wann und wie eine neue Saison starten wird, werde ich mir wieder einen Agenten suchen und schauen, was sich ergibt“, sagt Müller offen und ehrlich.
Der Towers-Profi produziert vor allem Rap-und Housemusik
Deshalb nutzt der Profi die basketballfreie Zeit, um sich weitere berufliche Standbeine aufzubauen. In seiner Harburger Wohnung hat sich Müller ein Tonstudio eingerichtet, in dem er manchmal bis in die Morgenstunden an neuen Songs arbeitet. Vor allem Rap-und Housemusik produziert der Towers-Profi. „Wenn erst einmal der kreative Fluss da ist, vergesse ich total die Zeit. Mit Musik Geld zu verdienen, wäre ein Traum für mich“, sagt Müller, der nicht glaubt, ohne Basketball in ein Loch zu fallen.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich auf der Straße lande und kein Dach mehr über dem Kopf habe. Ich habe mir ein Netzwerk aufgebaut, sodass ich auch in anderen Bereichen Fuß fassen kann. Ich glaube nicht, dass ich Hartz 4 beantragen muss, sollte ich keinen neuen Club finden“, sagt Müller, der neben Basketball und Musik auch die Modelwelt für sich entdeckt hat.
Vor Kurzem hat er sich eine Sedcard anfertigen lassen und ist bereits bei den Agenturen Exit Models, Pro Cast und McFit-Models in die Kartei aufgenommen worden. Erste Anfragen – zum Beispiel vom Online-Kaufhaus Zalando – gab es nach eigener Aussage schon. Auch die Schauspielerei reizt Müller. „Ich könnte mich in der Corona-Krise auch hinsetzen und mich selbst bemitleiden. Aber ich nutze die Zeit, um mich weiter zu entwickeln. Um mich muss sich niemand sorgen“, sagt Müller.