Hamburg. Hamburg Towers treffen an diesem Freitag auf Löwen Braunschweig. Beau Beech über seinen Start als Kapitän beim Bundesliga-Aufsteiger.

Beau Beech wirkt abgehetzt, als er zum Termin mit dem Abendblatt in „Mam’s Bistro und Bar“ unweit der Wilhelmsburger edel-optics.de Arena erscheint. „Ich habe das Interview fast verpennt. Es tut mir leid“, entschuldigt sich der Kapitän der Hamburg Towers, der mit seinem Team an diesem Freitag (20.30 Uhr) bei den Löwen Braunschweig antritt. Bei Pasta mit Thunfisch spricht der 26-Jährige über sein Kapitänsamt, mannschaftliche Geschlossenheit und wie sein Vater Bud Beech­ als Ratgeber fungiert.

Mr. Beech, Sie sind zu spät. Eigentlich müssten Sie jetzt in die Mannschaftskasse beim Abendblatt zahlen.

Beau Beech (lacht) Was kostet das bei Ihnen?

Lassen Sie die Geldbörse stecken. Wir sind ausnahmsweise gnädig.

Danke! Endlich mal positive Nachrichten. Ich schiebe im Moment viele Einzelschichten in der Halle und im Kraftraum. In meiner Freizeit schaue ich extra Videos von den Spielen. In meinem Kopf schwirren gerade nur Basketball und Krisenbewältigung herum.

Sie sind erst in Ihrer zweiten Profisaison und Kapitän bei einem Abstiegskandidaten. Überfordert Sie diese Rolle manchmal?

Es ist schon nicht einfach. Natürlich hätte ich mir gewünscht, in einer ruhigeren Situation in das Amt hineinzuwachsen. Egal ob Fans, Medien oder Clubmitarbeiter: Alle fragen: „Hey Beau, wo liegt das Problem?“ Ich weiß, dass ich mehr denn je im Fokus stehe, aber ich glaube, dass alle 14 Spieler ein Stück weit Kapitän sein müssen. Der Abstiegskampf ist bei uns keine One-Man-Show.

Irgendwie kann man sich auch nicht vorstellen, dass Sie in der Kabine lautstarke Reden schwingen.

Das entspricht auch nicht meinem Naturell. Wenn ich in der Kabine herumbrüllen würde, wäre ich ein unglaubwürdiger Kapitän. Wenn aber jemand nicht mitzieht, scheue ich mich nicht, es klar anzusprechen. Man braucht ein gewisses Reizklima, um sich zu entwickeln. Wir müssen uns alle gegenseitig aus der Komfortzone holen. Schönreden hängt irgendwann allen zu den Ohren heraus.

Hat der Kapitän Beau Beech mit dem Profi Beau Beech, der am Wochenende ein technisches Foul wegen einer Rudelbildung bekommen hat, vor dem Spiegel geschimpft?

Hören Sie bloß auf. Allein darüber zu reden macht mich schon wieder wütend auf mich selbst. Ich habe gegen meine eigenen Werte verstoßen, nämlich auf dem Court Disziplin vorzuleben. Ich war geschockt, dass ich mich zu einer Dummheit habe hinreißen lassen. Das war uncool von mir, und ich habe mich beim Team, dem Coach und Sportchef Willoughby entschuldigt.

Ihr Trainer Mike Taylor hat zuletzt die Zügel angezogen. Mehr Training, mehr Videositzungen. Wie wichtig ist, dass auch innerhalb der Mannschaft ein Verantwortungsbewusstsein herrscht?

Das ist ein guter Punkt. Es muss nicht immer der Trainer sein, der uns vor Augen führt, welche Verantwortung wir tragen. Das muss in erster Linie aus der Mannschaft kommen. Jeder muss den anderen mitreißen. Im Training oder im Spiel. Es liegt an uns, eine Gewinnerkultur zu schaffen.

Man bekommt den Eindruck, dass viele vermeintliche Leader nur Dienst nach Vorschrift verrichten.

Das mag so wirken, aber es ist nicht so. Gerade die erfahrenen Spieler wie Heiko Schaffartzik, Jannik Freese oder Jorge Gutiérrez helfen mir als unerfahrenem Kapitän ungemein. Sie haben schon viele Dinge auf dem Court erlebt, von denen ich profitieren kann. Diese Jungs sind es, die bei Videositzungen das Wort ergreifen. Aber auch ich ermutige meine Mitspieler zu kommunizieren. Ich rate den Jungs: „Es gibt keine dummen Fragen. Raus damit!“ Auch ich stelle manchmal dumme Fragen in Meetings.

Eine hoffentlich nicht so dumme Frage kommt von uns: In der vergangenen Aufstiegssaison war Teamgeist der Schlüssel zum Erfolg. Warum ist dieser über den Sommer abhandengekommen?

Wir sind auf dem Weg, wieder dorthin zu kommen. Aber schauen Sie sich die Mannschaft an. In der Vorsaison haben viele Spieler hier schon über Jahre gespielt. Jetzt ist die halbe Mannschaft ausgetauscht worden. Das braucht Zeit, um zusammenzuwachsen. Vergangene Woche hatte ich mit ein paar Kollegen die Idee, ein Thanksgivingdinner zu organisieren. Das war cool. Es hat nichts damit zu tun, dass wir weniger wie Brüder oder Freunde sind. Was hakt, ist die Chemie auf dem Basketballfeld.

Aber ist das nicht ein beängstigendes Zeichen, dass dies nach neun absolvierten Spielen immer noch der Fall ist?

Ich hatte auch gehofft, dass wir weiter sind, aber schauen Sie: Viele unserer Neuzugänge kommen aus Clubs, in denen Erfolg die Regel war. Nun werden sie bei uns plötzlich mit Misserfolg konfrontiert. Es ist eine völlig andere Art von Basketball, wenn man zunehmend mit dem Rücken zur Wand steht und ständig Rückständen hinterherwirft. Und da kehren wir wieder zum Anfangspunkt zurück: Wir Führungsspieler müssen das Fundament sein, an uns müssen sich die anderen Spieler aufrichten, damit es uns gelingt, eine Widerstandsfähigkeit zu entwickeln, dass wir nicht beim kleinsten Gegenwind gleich in Panik verfallen und alles wie ein Kartenhaus zusammenfällt.

Kann man diese in Ihrer Situation notwendige mentale Robustheit trainieren?

Natürlich! In Deutschland gibt es doch auch das Sprichwort, dass man so spielt, wie man trainiert. Wenn man im Spiel nachdenken muss, wie man in welcher Situation reagiert, ist es schon zu spät. Es entsteht eine Stresssituation, die nicht hilft, sicherer zu werden.

Ist das ein Rat, den Sie von Ihrem Vater Bud Beech bekommen haben? Er war ein erfolgreicher Highschool-Trainer.

Er appelliert daran, dass ich als Kapitän mehr machen muss als andere. Mehr Fitnesstraining, mehr Video, mehr Extra-Wurftraining. Sein Motto: Führen durch Vorangehen. Aber Interviews sollte man dennoch nicht verpennen.