Hamburg. Mit Austen Rowland ist der Bundesliga-Aufsteiger in die Vorbereitung gestartet. Für den US-Amerikaner ist es der zweite Anlauf.

Auf den ersten Blick wirkt Austen Rowland wie ein Basketballprofi, der in der Blüte seiner Karriere steht, als er zum Interview mit dem Abendblatt erscheint. Trainierte, tattooverzierte Oberarme, lässiger Kleidungsstil und ein Gesichtsausdruck, der für die Kamera auf Knopfdruck eine Metamorphose vom „Babyface“ zum „Bad Boy“, gegen den man nur ungern als Gegenspieler antritt, durchläuft. „Diesen Spielerblick, um den Gegner einzuschüchtern, verlernt man nicht“, scherzt der neue Co-Trainer der Hamburg Towers, der mit dem Bundesliga-Aufsteiger am Donnerstag in die siebenwöchige Saisonvorbereitung startete. „Es muss sich aber keiner unserer Spieler sorgen, dass ich ihm seinen Platz streitig machen will. In Hamburg beginnt mein neuer Lebensabschnitt“, betont der 38-Jährige, der mit seiner österreichischen Ehefrau Marcella sowie den Söhnen Austen Junior (5) und Ace (sieben Monate) eine Wohnung in Wilhelmsburg bezogen hat.

Für den US-Amerikaner wird es eine Trainerkarriere im zweiten Anlauf. Vor drei Jahren beendete Rowland im Trikot des französischen Zweitligisten SOM Boulogne-sur-Mer seine aktive Karriere, als er einen Anruf der renommierten Lehigh-University in Bethlehem, Pennsylvania, erhielt, die er einst als Student besucht hatte. Den Trainerjob von der Pike auf lernen, Talente entdecken und fördern, Scoutingreports und Videos anfertigen. Es klang für Rowland zu schön, um wahr zu sein. „Wenn man so einen Job mit 35 Jahren angeboten bekommt, sagt man nicht Nein. Es ist ein sehr begehrter Job. Ich habe es als Riesenchance gesehen, zumal ich immer Trainer werden wollte“, erinnert sich der passionierte Hobbygolfer (Handicap 13).

Lust auf etwas Neues

Doch irgendwie fühlte sich der Traumjob gar nicht wie ein solcher an. Immer wieder half der ehemalige Profi, der 2006/07 bester Vorlagengeber der Bundesliga war, im Training aus, wenn zu wenig Spieler anwesend waren. Und er spürte immer wieder dieses Kribbeln, diese Lust, sich auf dem Spielfeld zu messen. „Also habe ich den Rücktritt vom Rücktritt gewagt, bin noch mal nach Frankreich zurück. Ich hätte es bereut, wenn ich nicht noch einmal gespielt hätte“, sagt der Familienvater.

Mittlerweile hat Rowland nach 15 Jahren und 16 Stationen als Profi in Deutschland, Österreich, Frankreich und Finnland mit dem Karriereende seinen Frieden geschlossen. Rein körperlich, sagt er, könnte er locker weiterspielen, aber die Lust auf etwas Neues war und ist größer. Erst recht, als ihm Towers-Trainer Mike Taylor, den er liebevoll nur „Mike T.“ nennt, den Co-Trainerjob in Hamburg in Aussicht stellte. „Ich habe vor mehr als zehn Jahren für ihn in Ulm gespielt. Wir hatten immer Kontakt. Unsere Philosophie vom Basketball ist deckungsgleich. Wir sind auf dem und abseits des Courts auf einer Wellenlänge. Von so einem Trainer lernen zu dürfen ist fantastisch“, sagt Rowland.

Trainingseinheiten und Testspiele auf Video

Lange Zeit, um an der Seite seines Mentors zu wachsen, hat Rowland zunächst nicht. Da Taylor nebenberuflich die polnische Nationalmannschaft bei der Basketball-WM in China (31. August bis 15. September) betreut, wird der 46-Jährige einen Großteil der Vorbereitung beim Bundesliga-Aufsteiger verpassen. Täglich wird Taylor aber in China über die Entwicklungen bei den Towers per Telefon oder Videochat auf dem Laufenden gehalten.

Darüber hinaus werden Trainingseinheiten und Testspiele auf Video festgehalten. „Mike wird ja gerade am Anfang immer mal sporadisch hier sein. Wenn er weg ist, wird es sicher so ein wenig wie der Sprung ins kalte Wasser für mich, aber das ist kein Problem“, sagt Rowland. „Die Abläufe der Vorbereitung sind bis ins Detail durchgeplant und sind im Endeffekt kein Hexenwerk. Es geht darum, körperlich in Form zu kommen und taktische Abläufe einzustudieren. Und ich bin ja auch nicht allein.“

In Vorbereitung zweimal am Tag Training

Die Arbeit des Co-Trainers teilt sich der Neu-Hamburger mit Benka Barloschky. Der 31-Jährige war bereits in der Aufstiegssaison die rechte Hand Taylors. Von der kommenden Saison an wird der gebürtige Bremer Kooperationspartner SC Rist Wedel als Cheftrainer betreuen, nebenbei aber an der Seite Taylors und Rowlands in der Bundesliga an Bord blieben. „Benka ist der Boss“, sagt Rowland. „Er kennt die Profis vom vergangenen Jahr und den Club in- und auswendig. Er wird eine große Hilfe für mich sein“, sagt Rowland, der bei den Towers künftig für das Erstellen von Videos, die Trainingsvorbereitung und Individualtraining zuständig sein wird.

In den kommenden sieben Wochen stehen bei den Towers zumeist zwei Trainingseinheiten pro Tag auf dem Programm. Zudem wurden zwölf Testspiele vereinbart, ehe am 30. September beim deutschen Meister FC Bayern München das erste Bundesligaspiel der Vereinsgeschichte ansteht. „Die Jungs wissen, was sie erwartet. Es wird natürlich auch ein Kampf gegen den inneren Schweinehund, aber wir wollen gegen die Bayern tipptop in Form sein. Auch wenn es manchmal wehtut“, sagt der neue Assistenzcoach, dessen Worte erahnen lassen, dass aus dem Spieler Rowland inzwischen ein echter Trainer geworden ist.