Deutsche U19-Auswahl – HSV-Nachwuchshoffnung Anna Hepfer startet nicht nur in der Elbestadt, sondern auch beim DFB durch.

Ochsenwerder. Wenn sich der Mannschaftsbus der HSV-Fußballerinnen zu Auswärtsspielen Richtung Leipzig, Bremen oder Potsdam in Bewegung setzt, dringt in letzter Zeit wiederholt stimmungsvoller Gesang nach draußen. Dann sitzt Anna Hepfer gut gelaunt mit Kopfhörern im Ohr auf der Rückbank und singt lauthals die Lieder ihres mp3-Players rauf und runter. Auch von abfälligen Bemerkungen ihrer Mitspielerinnen lässt sie sich nicht stören. „Da kommen zwar öfter mal Sätze wie ‚Oh nein, nicht schon wieder’, aber da müssen sie drüber stehen“, lacht Hepfer, die im Sommer 2010 vom Verbandsligisten SC Vier- und Marschlande zur zweiten Mannschaft des HSV in die zweite Bundesliga gewechselt ist.

Trotz des neuen Umfeldes gehört die 18-Jährige bereits zu den absoluten Stimmungsmacherinnen im Team. Und sie hat wirklich gut lachen: Als Innenverteidigerin ist die Abiturientin bei ihrer Trainerin Claudia von Lanken gesetzt. Nach neunzehn Spielen steht der HSV an der Tabellenspitze und stellt mit sechzehn Gegentreffern die zweitbeste Abwehr – auch dank Hepfer. Die Rothosen wollten die schnelle und zweikampfstarke Hamburgerin bereits ein Jahr zuvor verpflichten. Da jedoch hatte die Schule Priorität. „Wir haben dafür plädiert, dass sie zunächst ihre Schulausbildung abschließt“, sagt ihr Vater Robert Hepfer, der die Karriere seiner Tochter immer unterstützt hat. „Mit fünf Jahren hat sie angefangen Fußball zu spielen, seitdem war sie konsequent mit Spaß und Freude dabei. Heute erntet man die Früchte der Arbeit“, weiß er.

Nach dem Start in einem Jungs-Team beim SCVM, zog es das Fußballtalent in der C-Jugend für anderthalb Jahre in eine Mädchenmannschaft des MSV Hamburg. Von da aus ging es wieder zurück an die alte Wirkungsstätte, wo sie sich einem neu gegründeten Mädchenteam anschloss. Parallel lief die Spielerin aus Ochsenwerder – in der A-Jugend sogar mit Sondergenehmigung – für die Jungs des SCVM auf. „Durch dieses Training fiel mir jetzt auch der Schritt von der Verbands- in die Bundesliga nicht so schwer“, stellt Hepfer fest. Auch wenn sie mit der Umstellung zur „schnelleren und robusteren Spielweise“ keine großen Probleme hatte, ein Manko kreidet sie sich weiterhin an: „Ich bin noch zu leise auf dem Platz.“

Mutter Brigitte Hepfer hatte sich zunächst einen anderen Weg für Anna erhofft. Bei drei fußballverrückten Söhnen – Philipp, Thomas und Andreas, die alle für den SCVM spielen – wollte sie ihre Tochter zunächst zum Ballettunterricht schicken. „Doch ich habe schnell gemerkt, dass man sein Kind nicht einfach so in ein Ballettröckchen stecken kann“, zeigt sich Annas Mutter belehrt. So schleppten sie ihre Brüder mit auf den Sportplatz und verhalfen der talentierten Überfliegerin zu ihrem Sprungbrett.

Mit zehn Jahren wurde sie zum ersten Mal für die Hamburger Auswahl nominiert. Seitdem durchlief sie sämtliche Auswahlmannschaften. Vor Saisonbeginn belegte sie mit der Hamburger U21 beim Länderpokal in Duisburg den zweiten Platz. Dabei scheint sie nicht nur den HSV, sondern auch die U19-Bundestrainerin Maren Meinert auf sich aufmerksam gemacht zu haben. Diese nominierte sie Ende des vergangenen Jahres für eine Länderspielreise nach Schweden. Dort kam sie beim 1:1 als Einwechselspielerin auch gleich zum ersten Einsatz. Hepfer scheint einen guten Eindruck hinterlassen zu haben. Meinert berief sie vor kurzem erneut für einen zweitägigen Lehrgang Ende Januar in Düsseldorf.

„Über kurz oder lang möchte ich mich zunächst in der ersten Bundesliga beim HSV etablieren und dann zu weiteren Spielzeiten im Nationalteam kommen“, hofft die leidenschaftliche BVB-Anhängerin, die ihre Brüder als sportliche Vorbilder sieht. Zumindest der erste Bundesligaeinsatz dürfte nicht mehr lange auf sich warten lassen, meint auch ihre Trainerin von Lanken: „Wenn nichts Gravierendes passiert, wird Anna über kurz oder lang in der Bundesliga auflaufen.“

Neben ihrem Länderspieldebüt sollte Hepfer zuletzt noch eine andere wichtige Aufgabe meistern. Bei der HSV-Weihnachtsfeier hätte sie als „Neuling“ auf die Bühne gemusst, um dort etwas vorzutragen. „Ich wollte eigentlich singen, habe mich aber irgendwie komplett davor drücken können“, lacht Hepfer, die ja dank der vielen Auswärtsfahrten aus einem großen Repertoire an Liedern hätte schöpfen können.