Duisburg. Beim Sieg bei Regionalligaclub SV Straelen trifft ein Abwehrspieler doppelt. Ein anderer Verteidiger fliegt mit Rot vom Platz.

Eine Glanzleistung war es gewiss nicht, die der FC St. Pauli am Sonnabend in der ersten Runde des DFB-Pokals bot. Doch am Ende zählte für das Team vom Millerntor nur, mit dem 4:3 (2:2)-Sieg gegen den Regionalligisten SV Straelen in die zweite Runde eingezogen zu sein und sich die dafür fällige Prämie von 418.494 Euro gesichert zu haben. Der Siegtreffer vor den nur 5874 Zuschauenden gelang trotz Unterzahl Innenverteidiger Jakov Medic mit seinem zweiten Tor des Tages. "Unsere Fehleranzahl war zu hoch. Unsere Intensität nicht gereicht, um frühzeitig Klarheit zu haben. In Unterzahl muss ich am Ende meiner Mannschaft noch ein Kompliment machen, dass sie das 4:3 erzwungen hat", sagte Trainer Timo Schulz.

DFB-Pokal: Fazliji feiert Startelfdebüt bei St. Pauli

Trainer Timo Schultz hatte seine Startformation gegenüber den beiden ersten Saisonspielen in der Zweiten Liga gegen Nürnberg (3:2) und in Hannover (2:2) nur auf einer Position verändert. Erwartungsgemäß gab Neuzugang Betim Fazliji nach seinen beiden Kurzeinsätzen zuvor nun sein Debüt von Beginn an. Der 23-Jährige spielte an der Seite von Jakov Medic in der Innenverteidigung und verdrängte damit Adam Dzwigala, der zunächst auf der Bank Platz nehmen musste.

Ansonsten verzichtete Schultz auf eine etwaige Personal-Rotation und setzte darauf, dass sich die bewährte Formation im auch im Hinblick auf die weiteren Aufgaben in der Liga weiter einspielt. Immerhin geht es am Sonntag kommender Woche schon auf den Betzenberg in Kaiserslautern zum bisher ungeschlagenen Aufsteiger.

Auch in Sachen Kapitän gab es keine Rotation. Wie schon in den beiden Ligaspielen trug auch jetzt in der Duisburger Schauinsland-Reisen-Arena Leart Paqarada die Binde des Spielführers. Sein gleichberechtigter Co-Kapitän Jackson Irvine hatte dem Außenverteidiger in dieser Hinsicht erneut den Vortritt gelassen. „Wir entscheiden das immer unter uns“, hatte Irvine schon in Hannover entspannt gesagt. Vielleicht kommt der Australier nun ja in Kaiserslautern zum Zuge.

Ex-St.Pauli-Trainer Lienen wurde von Straelen eingeladen

Wichtiger war allerdings ohnehin, was sich auf dem Spielfeld nach der Seitenwahl tat. Dies verfolgte auf der Tribüne auch St. Paulis früherer Trainer, technischer Direktor und Wertebotschafter Ewald Lienen (68), der von St. Paulis Vereinspräsidium zu diesem Spiel eingeladen worden war. Aus Mönchengladbach, wo Lienen nun wieder seinen Lebensmittelpunkt hat, hatte er zusammen eine kurze Anreise und seinen Enkel mitgebracht.

Der DFB hatte diesen ersten Pokalspieltag zum Aktionstag für den Klimaschutz ausgerufen. Entsprechend gab es auch einige entsprechende Tipps für den Alltag, wie etwa, öfter auf das eigene Auto zu verzichten. Dass dann allerdings bei strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel zur Mittagszeit das Flutlicht in der Arena voll eingeschaltet war, wirkte in diesem Zusammenhang allerdings komplett absurd.

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Auf dem Rasen, auf dem noch sehr deutlich die zahlreichen Football-Markierungen zu sehen waren (das ELF-Team Rhein Fire trägt hier seine Heimspiele aus), bestimmte St. Pauli standesgemäß von Beginn an das Geschehen, tat sich aber schwer, das ersehnte erste Tor zu erzielen.

Schon in der ersten Minute köpfte Stürmer Igor Matanovic den Ball nach einer Flanke von Paqarada über das Tor. Es war der Auftakt zu einer ganzen Reihe vergebenen Torchancen. Vor allem der Ex-Duisburger Lukas Daschner hätte mit seinem Kopfball (15.), den er unbedrängt neben das Tor setzte, den Bann brechen müssen. Kurz zuvor hatte Straelens Torwart Kevin Kratzsch beim Kopfball von Johannes Eggestein (13.) mit einer Hand gerade noch zur Ecke retten können.

Straelen bestrafte lässige Profis des FC St. Pauli

Es passte irgendwie ins Bild, dass St. Pauli angesichts seiner Feldüberlegenheit in der Defensive nachlässig wurde. Prompt führte der erste ernstzunehmende Straelener Angriff zum Tor für das Team vom Niederrhein. Einen feinen Steckpass von Said Harouz nutzte Stürmer Jaro Vicario zu einem Schrägschuss von halblinks an Torwart Dennis Smarsch vorbei ins lange Ecke zum 1:0 (19.) für den Außenseiter.

Drei Minuten später konnte Medic bei einem schnellen Straelener Konter mit einer Grätsche gerade noch Tyron Mata im St.-Pauli-Strafraum vom Ball trennen. In der Mitte hatte Amoros Nashimirimana völlig freigestanden. "Ich gratuliere meinem Kollegen Sunday Oliseh für eine top eingestellte Mannschaft. Ich denke, sie haben genau das gemacht, was uns weh getan hat. Sie haben kompakt gestanden, schnell umgeschaltet und eine Begeisterung an den Tag gelegt, sodass sie uns vor allem in der ersten Halbzeit immer wieder in Probleme gebracht haben. So ist es ein Pokalfight geworden, auf den wir gern verzichtet hätten", bilanzierte Schultz.

Eric Smiths flacher, direkter Freistoß von halblinks rauschte in der 25. Minute an allen Spielern im Strafraum vorbei und fand so den Weg ins Tor zum 1:1. Als 15 Minuten später nach weiteren Chancen für St. Pauli Jakov Medic einen erneuten Freistoßball von Smith per Kopf zum 2:1 (40.) ins SVS-Tor setzte, schien der Weg für den erwarteten St.-Pauli-Sieg doch geebnet. Aber Straelen schlug umgehend zurück, wobei sich Nashimirimana gegen den in dieser Szene ganz schlecht aussehenden Fazliji durchsetzte und den Ball cool am herausstürzenden Torwart Smarsch vorbeilegte – 2:2 (42.).

St. Pauli dominierte, Straelen immer gefährlich

Die Statistik wies zur Pause 16:5 Torschüsse und 70:30 Prozent Ballbesitz für St. Pauli aus, was angesichts der nachlässigen Abwehrarbeit des Millerntorteams allerdings ziemlich wertlose Daten waren. Das Einzige, was wirklich zählte, war der für St. Pauli peinliche Spielstand von 2:2 gegen den Regionalligisten, der im Laufe des Spiels immer mutiger geworden war.

Zur zweiten Halbzeit schenkte Trainer Schultz derselben Besetzung wie im ersten Durchgang sein Vertrauen und gab ihnen damit die Chance, sich zu rehabilitieren. Die erste Großchance aber hatte erneut Straelen. Diesmal konnte der zurückeilte Daschner den Schuss von Marco Cirillo (52.) per Kopf entschärfen.

St. Paulis erster gelungener Angriff der zweiten Halbzeit führte zur erneuten Führung. Paqarada setzte auf der linken Seite im Strafraum Eggestein ein, der den Ball mit viel Gefühl über Torwart Kratzsch hinweghob Am zweiten Pfosten musste gerade erst eingewechselte David Otto nur noch den Kopf hinhalten, um das 3:2 (62.) zu erzielen.

Fragwürdiger Platzverweis gegen Saliakas

Doch erst danach sollte es noch richtig turbulent werden. Der schon zuvor unsichere Schiedsrichter Tom Bauer schickte St. Paulis rechten Außenverteidiger Manolis Saliakas nach einem Foul im Straelener Strafraum an Toshiaki Miyamoto mit Roter Karte vom Platz. Bauer hatte lange überlegt, ehe er sich entschied. Dabei hatte Saliakas bei seiner Grätsche das Knie noch angezogen, um seinen Gegner nicht zu verletzen.

Das 3:3 für Straelen hatte allerdings nur wenig mit der Unterzahl zu tun. Straelens Vicario schoss einen Freistoß von rechts frech auf das kurze Eck und überraschte so Torwart Smarsch. (80.). "Das 3:3 war ein Fehler von meiner Seite aus. Dazu stehe ich. Daher bin ich dankbar, dass Eric und Jakov zusammen das 4:3 gemacht haben, sodass wir doch noch gewonnen haben. Wenn wir rausgeflogen wären, wäre ich sehr, sehr sauer. Ich lasse mir was für die beiden etwas einfallen", sagte Smarsch.

Doch statt Verlängerung gab es doch noch ein Happyend für St. Pauli. Wieder schoss Smith einen guten Freistoß und fand damit erneut den Kopf von Medic, der aus kurzer Distanz den 4:3-Siegtreffer erzielte.

Die Statistik:

Straelen: Kratzsch – Cirillo, Baraza, Päffgen, Miyamoto – Fionouke, Munsters (74. N'Diaye) – Mata, Vicario, Harouz – Nshimirimana (60. Munsters). – Trainer: Oliseh

St. Pauli: Smarsch – Saliakas, Fazliji (90.+3 Dzwigala), Medic, Paqarada - Smith – Irvine, Hartel – Daschner (61. Boukhalfa) – Matanovic (61. Otto), Johannes Eggestein (78. Zander). – Trainer: Schultz

Schiedsrichter: Tom Bauer (Neuhofen)

Tore: 1:0 Vicario (19.), 1:1 Smith (26.), 1:2 Medic (40.), 2:2 Nshimirimana (42.), 2:3 Otto (62.), 3:3 Vicario (80.), 3:4 Medic (90.)

Zuschauer: 5874 (in Duisburg)

Gelbe Karten: Harouz, N'Diaye, Cirillo –

Rote Karte: Saliakas (St. Pauli) wegen groben Foulspiels (77.)