Hamburg. St. Paulis Startsieg gegen Nürnberg offenbart ungeahnte Qualitäten, aber auch Schwächen. Smarsch und Medic müssen an sich arbeiten.
Den sonnigen Sonntag konnten die Profis des FC St. Pauli individuell genießen und dabei entspannt verfolgen, wie sich die sechs Zweitligakonkurrenten schlugen, die noch ihr Saisonauftaktspiel zu bestreiten hatten. Die St. Paulianer hatten schon am Sonnabend ihre Premiere erfolgreich bestanden und im nicht ganz ausverkauften Millerntor-Stadion mit dem 3:2 (3:0)-Heimsieg gegen den 1. FC Nürnberg etwas geschafft, was diesem Team längst nicht jeder zugetraut hatte.
Dies betraf vor allem die Torausbeute, die an die Siege der Hinrunde der vergangenen Saison erinnerte. „Drei Tore von drei verschiedenen Torschützen. Das ist schon mal ein guter Start für die Mannschaft“, stellte St. Paulis Trainer Timo Schultz treffend fest.
Keinen dieser Treffer erzielte dabei einer der vier im Sturm eingesetzten Spieler Johannes Eggestein, Igor Matanovic, David Otto und Carlo Boukhalfa, sondern ein Außenverteidiger (Leart Paqarada) und zwei Mittelfeldspieler (Jackson Irvine und Lukas Daschner). Zugegebenermaßen hat Daschner als Zehner die Freiheit und auch die Aufgabe, immer wieder in den gegnerischen Strafraum einzudringen.
St. Pauli von sich selbst überrascht
Nicht nur die meisten Beobachter und Fans hatten vor den 95 Minuten gegen Nürnberg gerätselt, wo das Team nach den Abgängen der vier erfolgreichsten Torschützen der vergangenen Saison, die zusammen 40 der 61 Tore erzielt hatten, stehen würde. Am Ende zeigten sich auch einige Spieler erfreut darüber, dass vieles unerwartet gut funktioniert hatte.
„Die erste Halbzeit war super dominant von uns. Ich war auf dem Platz positiv überrascht, wie gut es gestimmt hat in den Abläufen. Später haben wir uns selbst mit den unnötigen Gegentoren in die Bredouille gebracht. Alles in allem aber war das schon eine recht überlegen geführte Partie und ein verdienter Sieg“, sagte etwa Leart Paqarada, der mit seinem Freistoß auf den Kopf von 1:0-Torschütze Jackson Irvine und dem sicher verwandelten Strafstoß zum 2:0 entscheidenden Anteil an der beruhigenden Führung hatte und das Spielgeschehen immer wieder an sich riss.
„Dass Jackson so gezielt köpft, hätte ich jetzt nicht gedacht. Das hat im Training auch schon mal ganz anders ausgesehen“, kommentierte Paqarada schließlich noch schmunzelnd den Treffer seines Co-Kapitäns Irvine. „Wir machen es unter uns aus, wer die Kapitänsbinde tragen soll. Diesmal sollte ich es machen. Im Endeffekt aber ist es egal. Wir tragen beide die Verantwortung, ob mit oder ohne Binde“, erklärte er zudem. Trainer Schultz hatte am Freitag beide zu gleichberechtigten Kapitänen bestimmt.
Keeper Smarsch hat noch Probleme
„Darauf lässt sich aufbauen. Fehler gehören zum Fußball dazu“, stellte Torwart Dennis Smarsch fest. Vor allem die Szenen, in denen er sich mit Abwehrchef Jakov Medic nach langen Bällen der Nürnberger nicht einig zu sein schien, waren auffällig. „Es wird von Spiel zu Spiel kommen, dass da eine Routine hineinkommt“, sagte Smarsch, der zumindest vorerst die Nummer eins bleibt, da Nikola Vasilj nach seiner Fingeroperation länger ausfällt.
„Es ist nicht immer positiv, wenn das Millerntor explodiert. Man muss sich daran gewöhnen, dass es so laut ist und dann das Coachen schwierig wird. Er hat mir signalisiert, dass er mich nicht hört. Aber lauter rufen kann ich auch nicht“, berichtete Smarsch. „Aber lieber so, dass es schön laut hier ist, als andersherum“, stellte der Keeper dann auch klar.
Auch Schultz räumte ein, dass er „nach der etwas holprigen Vorbereitung mit einem kleinen Fragezeichen“ ins erste Spiel gegangen sei. „Die Jungs haben es aber sehr gut gemacht. Wir haben uns teilweise schön aus Drucksituationen befreit und danach Chancen kreiert.“
St. Pauli sieht Verbesserungsbedarf
Die wohl positivste Erkenntnis war, dass sich St. Pauli vom ersten Gegentor 30 Sekunden nach der Pause nicht verunsichern ließ und bis zu Medics schwerem Patzer in der Nachspielzeit, der zum zweiten Nürnberger Treffer führte, das Spiel sicher kontrollierte – selbst wenn es kaum noch eigene Torchancen gab.
„Vor allem in der vorletzten Saison war das noch ganz anders“, erinnerte sich Schultz. „Die Jungs haben sich nur kurz mal geschüttelt. Das war schon sehr reif. Aber man darf dieses eine Spiel nicht überbewerten. Es hätte auch ebenso gut in die andere Richtung laufen können. Ich habe auch viele Sachen gesehen, die wir noch besser machen können.“
So gesehen war es für einen Trainer ein ideales Spiel – ein Sieg und doch noch einige Punkte, an denen es zu arbeiten gilt.
Die Statistik:
- FC St. Pauli: Smarsch – Saliakas (80. Zander), Dzwigala (90. Fazliji), Medic, Paqarada – Smith (90.+1 Aremu) – Irvine, Hartel – Daschner – Eggestein (71. Otto), Matanovic (71. Boukhalfa).
- 1. FC Nürnberg: Mathenia – Gyamerah (82. Valentini), Schindler, Sörensen (66. Florian Hübner), Handwerker – Nürnberger – Duman (46. Wekesser), Tempelmann – Möller Daehli (72. Wintzheimer) – Duah (82. Shuranov), Daferner.
- Tore: 1:0 Irvine (24.), 2:0 Paqarada (37. Foulelfmeter), 3:0 Daschner (39.), 3:1 Duah (46.), 3:2 Valentini (90.+3);
- SR: Heft (Neuenkirchen); Z.: 28.582; Gelbe Karten: Daschner, Irvine, Boukhalfa – Tempelmann, Nürnberger, Sörensen, Wekesser;
- Statistik: Torschüsse: 16:12, Ecken: 4:4, Ballbesitz: 50:50 Prozent, Zweikämpfe: 124:127, Laufleistung: 115,0:111,9 km.