Hamburg. Der FC St. Pauli arbeitet schon lange mit dem Konzept Funino. Der Deutsche Fußball-Bund will es 2024 einführen.
Das Schwierigste ist oft, die Eltern zu überzeugen. Manche sind sehr erstaunt, wenn es auf dem Fußballfeld „vier gegen vier“ heißt. Auf vier Tore, ohne Torwart. Das kennen sie so nicht, es ist aber die Zukunft im Kinder- und Jugendfußball. Das hat auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verstanden und wird auf seinem Bundestag am 1. März von 2024 an die Spielform Funino für die E- bis G-Jugend, also die unter Elfjährigen, einführen.
Beim FC St. Pauli nimmt man diese „Revolution im Jugendfußball“ zur Kenntnis. Ohne Befriedigung, obwohl der Club es so schon seit fast zehn Jahren praktiziert. „Das ist ein super erster Schritt, aber noch lange nicht genug“, sagt Yul Wiegand, „jetzt muss man sich Gedanken über die Umsetzung machen und wie man die Kritiker abholt.“ Wiegand ist bei St. Pauli der „Funino-Kooperationsverantwortliche“, der an der Schnittstelle zwischen Kinder-Breitensport und dem Nachwuchsleistungszentrum arbeitet, wo die Jugendteams von der U 12 an ebenfalls nach diesem Konzept ausgebildet werden.
FC St. Pauli: Eigener spielbetrieb für Teams U7 bis U 9
„Wir haben bereits 2013 unsere Teams U 7 bis U 9 aus dem Spielbetrieb des Hamburger Fußball-Verbandes herausgenommen und unseren eigenen Spielbetrieb organisiert, da haben hier auch nicht alle Hurra geschrien“, erinnert sich der studierte Sportwissenschaftler, „jetzt sammeln wir seit zehn Jahren Erfahrungen und wissen, wie man Trainingseinheiten und Spieltage durchführt.“
Funino wurde in den 80er-Jahren vom ehemaligen Hockey-Bundestrainer Horst Wein entwickelt, um Kindern mehr Ballkontakte und Spielspaß zu ermöglichen. Mitarbeiter des FC St. Pauli waren bei Horst Wein, der 2016 gestorben ist, zur Fortbildung. „Danach waren wir überzeugt, kamen aber beim Hamburger Verband noch nicht weiter.“
Es ist ein Mischwort aus dem englischen „Fun“ (Spaß) und dem spanischen „Niño“ (Kind). Ziel ist, durch kleinere Spielfelder und weniger Spieler die Ballkontakte pro Kind zu erhöhen und die Anforderungen an die Altersentwicklung anzupassen. „Je weniger Spieler auf dem Feld sind, desto höher ist die Anzahl der Aktionen für den Einzelnen“, sagt Wiegand. Je nach Alter spielen die Teams von drei gegen drei bis zu sieben gegen sieben im Bereich U 13 – der HFV schreibt da schon neun gegen neun vor.
Barcelonas Weltstars Iniesta und Xavi spielten Funino
Dazu gibt es weitere Varianten: vier Tore statt nur zwei, das verbreitert das Feld und verbessert Kreativität und Orientierung. Kleine Tore, keine Torhüter am Anfang – den sprichwörtlichen „Dicken“, der zwischen die Pfosten abgeschoben wird, den gibt es nicht. Fliegende Wechsel – alle müssen spielen dürfen. Ein Torschussraum, um Weitschüsse zu vermeiden. „Es gilt, das Spiel den Kindern anzupassen und nicht die Kinder in ein Korsett zu pressen, nur weil es dem Erwachsenenfußball ähnlich sieht“, sagt Wiegand. Manche Eltern üben Kritik, weil „einige Kinder mein Kind nie anspielen“. Aber genau das ist gewünscht: „Wir wollen, dass die Kinder sich ausprobieren und mutig ins eins gegen eins gehen.“
Weil Horst Wein in Barcelona lebte, war der FC Barcelona einer der ersten Vereine, der das Konzept umgesetzt hat. „Xavi und Andres Iniesta sind mit Funino ausgebildet worden“, weiß Yul Wiegand, „bei uns haben Finn Ole Becker oder Igor Matanovic auch ihre Erfahrungen mit solchen Spielformen gemacht.“ Offenbar mit Erfolg.