Hamburg. Bei der Mitgliederversammlung am Sonnabend dürfte die Einführung einer Frauenquote lebhaft diskutiert werden.

Wenn an diesem Sonnabend um 11.30 Uhr die Eingangstore der Haupttribüne des Millerntor-Stadions öffnen, steht eine ganz besondere Veranstaltung auf dem Programm. Ab 13 Uhr steigt beim FC St. Pauli die erste Präsenz-Mitgliederversammlung seit Beginn der Corona-Pandemie. Geimpfte, getestete und genesene Mitglieder können darüber abstimmen, wie sich der Kiezclub zukunftssicher aufstellt. Nachdem die Versammlung wegen der Pandemie 2020 in abgespeckter Version nur virtuell stattfinden konnte, hatte das Präsidium keine Anträge eingebracht und auch die Mitglieder darum gebeten, dem zu folgen. Das stieß auf große Zustimmung, schließlich sollen Anträge, die maßgeblich die Zukunft des Vereins betreffen, in einer Präsenzveranstaltung besprochen und zur Abstimmung gestellt werden.

FC St. Pauli: „Besondere VertreterInnen“ sollen Präsidium entlasten

Und so steht am Sonnabend eine für den Verein richtungsweisende Versammlung an. Vor allem zwei der insgesamt zehn gestellten Anträge dürften dabei im Fokus stehen. Weil der FC St. Pauli über die Jahre wirtschaftlich massiv gewachsen ist und man mittlerweile mehr als 50 Millionen Euro umsetzt und über 100 Mitarbeiter beschäftigt, möchte man künftig das ehrenamtliche Präsidium mit sogenannten „besonderen VertreterInnen“ entlasten.

Maximal vier Personen, die von Präsidium und Aufsichtsrat bestellt werden, sollen hauptamtlich für einen oder mehrere Verantwortungsbereiche wie beispielsweise Sport, Finanzen, Vertrieb und Sponsoring/Vermarktung, Recht, Vereinsstrategie und Clubentwicklung ihr Wissen einbringen. Sollten die Mitglieder des Hamburger Zweitligisten diese Satzungsänderung mit einer Dreiviertelmehrheit beschließen, erfolgt die Änderung der Vereinssatzung und die Eintragung der Änderungen in das Vereinsregister. Erst wenn dies geschehen ist, können die „besonderen VertreterInnen“ durch das Präsidium in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat bestellt werden.

Präsident Oke Göttlich wird viel Überzeugungsarbeit leisten müssen

Doch dieses Vorhaben hat es durchaus in sich. Das Präsidium ist derzeit laut Satzung an die Weisung der Mitglieder gebunden. So könnte St. Pauli beispielsweise den Stadionnamen nicht einfach so an einen Sponsor veräußern. Die neue Führungsebene aber wäre laut Antrag nicht an die Weisung der Mitglieder gebunden, sodass sich die Anhänger womöglich selbst entmachten könnten, sollte die neue Führungsstruktur kommen. In jedem Fall wird Präsident Oke Göttlich (45) viel Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Nicht weniger lebhaft diskutiert werden dürfte die Einführung einer Frauenquote in den Führungsgremien. So sollen Posten im Aufsichtsrat, Präsidium, Ehrenrat und Wahlausschuss zu 30 Prozent mit weiblichen Kräften besetzt werden. „Der FC St. Pauli tritt gegen Rassismus und Diskriminierung ein und steht somit für Diversität. Diese Vielfalt spiegelt sich nicht in den durch die Mitgliederversammlung zu wählenden Organen wider“, heißt es in dem Antrag der Arbeitsgruppe. Allerdings gibt es auch einen Gegenantrag, der sich gegen eine Frauenquote richtet: Es solle auch weiterhin die Qualifikation und nicht das Geschlecht ausschlaggebend für die Besetzung von Posten dienen.

Esin Rager könnte am Sonnabend in das Präsidium gewählt werden

Mit Esin Rager könnte am Sonnabend derweil eine weitere Frau neben Christiane Hollander (58) in das Präsidium gewählt werden. Die 53 Jahre alte Unternehmerin und ehemalige Abendblatt-Ressortleiterin wurde nach dem Rücktritt von Joachim Pawlik zum 1. Juli zunächst kommissarisch als Vizepräsidentin eingesetzt. Da dies aber gemäß der Satzung von St. Pauli nur bis zu einer nächsten Mitgliederversammlung möglich ist, will Präsident Göttlich Rager als festes Mitglied im fünfköpfigen Gremium zur Wahl stellen.