Hamburg. St. Paulis Außenstürmer strebt wieder einmal sein Comeback an und hofft auf eine Vertragsverlängerung. Die aber ist noch offen.

Was bei den meisten anderen Fußballprofis normal ist, verdient bei Ryo Miyaichi schon eine besondere Erwähnung. Der Außenstürmer konnte an den beiden vergangenen Tagen das volle Trainingsprogramm im Zweitligateam des FC St. Pauli absolvieren und war auch danach frei von körperlichen Problemen. „Ich habe keine Schmerzen“, betonte der 28 Jahre alte Japaner dann auch in der Videokonferenz mit Hamburger Medienvertretern nach einer intensiven und qualitativ guten Übungseinheit am Vormittag.

Seit fast sechs Jahren ist Miyaichi nun schon beim FC St. Pauli, für den er aber bisher erst 76 Punktspiele in der Zweiten Liga bestritten hat. Das sind gerade einmal 38,8 Prozent der möglichen 196 Partien, seit Miyaichi aus London vom FC Arsenal ans Millerntor gewechselt ist. Beim Blick auf die tatsächlich absolvierte Spielzeit stellt sich die Lage noch dramatischer da. Lediglich 4661 Minuten war Miyaichi wirklich auf dem Rasen aktiv, was einer Quote von ganzen 26,4 Prozent entspricht.

St. Pauli: Ryo Miyaichi ist unfassbar schnell

Zwei Kreuzbandrisse stehen in seiner Krankenakte, zuletzt waren es eine Schambeinentzündung und eine Wadenverletzung, die ihn ausbremsten und dafür verantwortlich waren, dass er in seinem Kampf für ein erneutes Comeback mehrmals Rückschläge erlitt. „Es dauerte länger, als ich gedacht habe. Aber ich wusste nicht so viel über eine Schambeinentzündung. Es war eine anstrengende Zeit. Bei den Kreuzbandrissen wusste ich, dass ich nach acht Monaten wieder spielen kann“, sagte Miyaichi.

Diese Verletzungshistorie ist die eine Seite, die Miyaichis Karriere bisher geprägt hat. Auf der anderen Seite stehen außergewöhnliche Qualitäten, vor allem sein atemberaubendes Tempo, mit dem er schon manchen Abwehrspieler in Nöte gebracht hat. Mit 35,40 Kilometern pro Stunde ist Miyaichi in einem Spiel gemessen worden. In dieser Saison wäre er damit in der Zweiten Liga Zweiter hinter Bochums Gerrit Holtmann (36,4). Auch in der Bundesliga, wo Bayern Münchens Alphonso Davies (35,95) vorn liegt, wäre Miyaichi in der Spitzengruppe.

Ryo Miyaichi: St. Pauli ist offen für Gespräche

Es ist fast fünf Jahre her, dass Miyaichi seinen bisher eindrucksvollsten Auftritt auf den Rasen des Millerntor-Stadions zauberte. Beim furiosen 5:2 gegen den 1. FC Kaiserslautern gelangen ihm zwei Treffer und eine Torvorlage. Auch wenn sich an den Auftritt fast nur noch die Älteren erinnern, ist die Sehnsucht nie ganz verflogen, dass der Offensivspieler dieses Niveau wieder erreicht.

„Wenn Ryo gesund und fit ist, besitzt er mit seinem Tempo und seinen Tempodribblings zweifellos außergewöhnliche Fähigkeiten“, bestätigte am Dienstag St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann im Gespräch mit dem Abendblatt. Doch ob allein die Hoffnung, Miyaichi könnte in der kommenden Saison endlich einmal wieder regelmäßig sein Potenzial abrufen, zu einem neuen Vertrag bei St. Pauli führen wird, ist ungewiss. „Wir haben Ryo bereits vor einigen Wochen das Signal gegeben, dass wir offen für Gespräche sind. Sein Berater und er haben gesagt, dass sich Ryo zunächst voll darauf konzentrieren will, wieder richtig fit zu werden“, berichtet Bornemann, der grundsätzlich eine Kadergröße von 23 bis 25 gestandenen Profis und dazu drei bis vier jungen Talenten anstrebt.

Miyaichi lobt St. Paulis Sportchef Bornemann

Miyaichi selbst kann sich sehr gut vorstellen, bei St. Pauli zu bleiben. „Noch habe ich nicht mit Andreas Bornemann über einen neuen Vertrag gesprochen, aber er hat mir in der Zeit meiner Verletzung sehr viel Unterstützung gegeben und sehr viel mit mir gesprochen. Das war eine große Motivation für mich“, lobt er den Sportchef. Ein stark leistungsbezogener Vertrag erscheint angesichts der Umstände die für den Verein beste und insgesamt wohl auch fairste Lösung zu sein.

„Ich mag den Verein sehr, und meine Familie genießt es, in Hamburg zu leben. Hamburg ist für uns eine zweite Heimat geworden“, sagt Miyaichi und gibt quasi eine Liebeserklärung für die Hansestadt und seinen Club ab. Ob er in den verbleibenden acht Punktspielen dieser Saison noch einmal sein Können auf dem Platz zeigen kann, ist offen. „Ich weiß nicht, wann ich wieder spielen kann. Dafür brauche ich noch Zeit und Training“, sagt Miyaichi selbst. Zuletzt war es Trainer Timo Schultz noch zu riskant, Miyaichi im Test bei Arminia Bielefeld auf den Rasen zu schicken.