Osnabrück. Mit dem verdienten Sieg beim VfL sichert sich der Kiezclub praktisch schon den Klassenverbleib – weshalb jetzt auch Schultz umdenkt.

Am Ende hatten die Profis des FC St. Pauli kaum noch Kraft, ihren Auswärtssieg auf dem Rasen zu feiern. Hier und da ein Abklatschen, aber das war es dann auch schon nach dem verdienten und letztlich doch so hart erkämpften 2:1 (0:0)-Erfolg beim VfL Osnabrück. „Die Rallye in den vergangenen Wochen hat viel Kraft gekostet“, sagte St. Paulis Trainer Timo Schultz und versprach für das kommende Wochenende gleich drei freie Tage. Die Länderspielpause macht es möglich.

Der jetzt bereits fünfte Auswärtssieg der Saison beendete nicht nur die kurze, zwei Spiele währende Sieglosphase der St. Paulianer, sondern dürfte auch der entscheidende Schritt für den Klassenverbleib in der Zweiten Liga gewesen sein. Angesichts von jetzt zwölf Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz, den die Osnabrücker belegen, sollte der Abstieg nicht mehr wirklich drohen.

St. Pauli setzt sich jetzt ein neues Ziel

Schultz allerdings wollte Gratulationen zum Klassenverbleib noch nicht annehmen. „Wir haben uns bisher wenig mit diesem Thema beschäftigt, was wann wie ist. Das ist auch gut so. Wenn wir uns weiter auf die nächsten Aufgaben konzentrieren, werden wir auch gute Leistungen bringen und weitere Punkte holen. Nach dem 34. Spieltag werden wir dann sehen, was dabei herausgekommen ist. Wir lassen jetzt nicht nach“, sagte er. Schließlich sei ein einstelliger Tabellenplatz ein lohnendes und sehr realistisch erreichbares Ziel für die noch verbleibenden acht Partien.

St. Pauli: Frage nach dem Derbyfluch erledigt

Vor dem Spiel hatte es sich wie eine Botschaft an die eigene, abstiegsbedrohte VfL-Mannschaft, die sich gerade auf dem Rasen aufwärmte, angehört, als die Stadionregie über die Lautsprecher den Bee-Gees-Song „You Win Again“ aus dem Jahr 1987 erklingen ließ. Der VfL hatte am 3. Januar seinen bislang letzten Sieg gefeiert. Im heimischen Stadion an der Bremer Brücke hatte es sogar am 30. Oktober vergangenen Jahres den bislang letzten Dreier gegeben.

Aber auch für St. Pauli war der Song nach zuletzt nur einem Punkt aus zwei Spielen ohne eigenen Treffer auch irgendwie passend. Tatsächlich nahmen sich die Hamburger die Botschaft mehr zu Herzen und setzen sie in die Tat um. Die schon diskutierte Frage, ob das Team nach dem 1:0-Sieg gegen den HSV vor jetzt drei Wochen mal wieder unter einem Derbyfluch leidet, hat sich damit endgültig erledigt.

Burgstaller nimmt Elfmetergeschenk an

Zur Wahrheit des Spiels, in dem St. Pauli als feldüberlegenes Auswärtsteam 59 Prozent Ballbesitz hatte, gehört aber auch, dass die 1:0-Führung einer glücklichen Strafstoßentscheidung von Schiedsrichter Martin Thomsen entsprang. Als sich Stürmer Omar Marmoush im Osnabrücker Strafraum drehen wollte, wurde er leicht vom grätschenden VfL-Verteidiger Maurice Trapp mit dessen Hinterteil am Fuß berührt und fiel. Die Entscheidung wurde im Kölner Keller überprüft, aber nicht zurückgenommen, weil sie vertretbar und vor allem nicht krass falsch war. „Ich lege den Ball zurück und werde getreten“, beschrieb Marmoush, wie er die Szene wahrgenommen hatte.

Diesmal schnappte sich Guido Burgstaller den Ball, um den Elfmeter zu verwandeln, nachdem zuletzt beim 2:1-Sieg in Nürnberg Marmoush diesen Job übernommen hatte. „Das regeln die Jungs unter sich. Wenn Guido sich den Ball nimmt, wird keiner ihn davon abhalten“, sagte später Trainer Schultz. Burgstaller, der zuletzt in drei Spielen torlos geblieben war, verwandelte mit voller Überzeugung zum 1:0 (51.). Es war schon das neunte Saisontor des Österreichers, der damit weiter teaminterner Torschützenkönig ist.

Schultz hatte Bammel vor dem "Knackpunkt"

Mindestens ebenso wichtig war, dass Marmoush 14 Minuten später mit einem sehr platzierten Schuss von der Strafraumgrenze das 2:0 folgen ließ. Doch danach hatte St. Pauli auch psychologisch noch kritische Momente zu überstehen. Denn das 3:0 (67.) kurz danach ebenfalls durch Marmoush nahm Videoassistent Christian Dingert wegen einer knappen Abseitsstellung wieder zurück und baute die schon verzweifelten Osnabrücker wieder auf.

Fast folgerichtig kam der VfL dann auch noch durch den eingewechselten Marc Heider zum 1:2-Anschlusstreffer (79.). „So eine Entscheidung kann ein Knackpunkt sein. Ich wusste, dass wir voll da sein müssen, als das dritte Tor nicht zählte“, bestätigte Schultz.

St. Pauli mit "gutem Gefühl" in die Länderspielpause

Burgstaller stellte nach der am Ende sehr umkämpften Partie treffend fest: „Wir haben nach der 0:2-Heimniederlage gegen Paderborn ein anderes Gesicht gezeigt und wieder besser Fußball gespielt. Daher war der Sieg auch verdient und war sehr wichtig für uns.“

Auf jeden Fall war der Erfolg bei einer zweifellos deutlich schwächeren Mannschaft der Beleg dafür, dass St. Paulis Aufwärtstrend seit dem 3. Januar zuletzt nur kurz unterbrochen, aber nicht wirklich gestoppt war. „Wir gehen jetzt auf jeden Fall mit einem guten Gefühl in die Länderspielpause – auch in Sachen Klassenerhalt“, sagte Schultz abschließend.

Die Statistik

  • Osnabrück: Kühn - Gugganig (69. Multhaup), Beermann, Trapp - Ajdini, Taffertshofer, Wolze (62. Heider) - Bapoh (62. Henning), Reis (87. Müller) - Kerk, Schmidt (62. Santos). - Trainer: Feldhoff
  • St. Pauli: Stojanovic - Ohlsson (78. Dzwigala), Ziereis, Lawrence, Paqarada - Benatelli - Becker (84. Aremu), Zalazar (84. Wieckhoff) - Kyereh - Marmoush (84. Dittgen), Burgstaller (88. Matanovic). - Trainer: Schultz
  • Schiedsrichter: Martin Thomsen (Kleve)
  • Tore: 0:1 Burgstaller (51. Elfmeter), 0:2 Marmoush (65.), 1:2 Heider (79.)
  • Zuschauer: keine
  • Gelbe Karten: Ajdini - Ziereis (3)
  • Torschüsse: 13:14
  • Ecken: 3:6
  • Ballbesitz: 41:59 Prozent