Hamburg. Seit 2009 hat sich die Zahl der Sporttreibenden nahezu vervierfacht. Intensive Suche nach weiteren Sportstätten.
Auf den ersten Blick bietet die Statistik des Hamburger Sportbundes ein klares Bild. Ganz vorn liegt der HSV mit rund 88.000 Mitgliedern, vor dem FC St. Pauli mit rund 30.000 und dem Eimsbütteler TV mit gut 15.000.
Hinter diesen Zahlen verbergen sich bei beiden Profifußball-Clubs allerdings etliche Fans, die sich als fördernde Mitglieder zu ihren Lieblingsverein bekennen, ihn finanziell unterstützen, im jeweiligen e.V. Stimmrecht haben, aber nicht als Amateure aktiv Sport treiben.
Rasante Entwicklung: 14.000 aktive Sportler beim FC St. Pauli
Schaut man hingegen auf die Sporttreibenden in den beiden Proficlubs, ergibt sich ein anderes Bild. Beim HSV treiben laut eigener Homepage in 30 Abteilungen 7000 Personen aktiv Sport, beim FC St. Pauli wurde mit Stand 30. Juni sogar die Marke von 14.000 knapp übertroffen – verteilt auf 22 Abteilungen.
Dabei hat der Kiezclub in den vergangenen gut zehn Jahren eine rasante Entwicklung erlebt. 2009 waren es bei 7856 Mitgliedern gerade einmal 3597 aktive Sportler. 4259 waren in der Abteilung Fördernde Mitglieder (AFM) vereinigt. Seither haben sich beide Gruppen nahezu vervierfacht, sodass der FC St. Pauli am 30. Juni 30.574 Mitglieder zählte.
"Menschen identifizieren sich mit unserem Wertekosmos"
Auf die Frage, warum der FC St. Pauli, der von vielen nur als attraktiver, aber sportlich meist nur mäßiger Fußball-Zweitligist wahrgenommen wird, immer mehr Sportler an sich bindet, gibt es mehrere Antworten. „Zum einen sind in dieser Zeit neue Abteilungen gegründet worden, die einen vergleichsweise großen Zulauf hatten wie Beachvolleyball und Segeln“, sagt Thomas Michael, der seit rund zwei Jahren als Geschäftsleiter Amateursport hauptamtlich für die 22 Abteilungen verantwortlich ist.
„Zum anderen identifizieren viele Menschen sich mit unserem Wertekosmos. Sie könnten zum Beispiel auch in anderen Vereinen Handball spielen, möchten es aber ganz bewusst bei uns“, sagt Michael weiter.
Flächen für neue Sportanlagen sind rar
Hinzu kommt die sehr lokale Bindung. „Unser Ziel ist und bleibt, uns im Stadtteil stark zu verankern und möglichst jedem Menschen hier ein Angebot zu unterbreiten“, sagt Thomas Michael. Bisher ist dies nicht wie gewünscht möglich. So fehlen etwa noch Angebote für Seniorengymnastik.
Ein entscheidender Grund dafür ist, dass es in dem dicht besiedelten St. Pauli extrem schwierig ist, Flächen für neue Sportanlagen – seien es Plätze oder Hallen – zu finden. „Wir wollen auch vermeiden, mit dem Bau von notwendigen Sportstätten in eine Konkurrenz zum ebenso notwendigen Bau von bezahlbarem Wohnraum zu kommen“, beschreibt Thomas Michael das Dilemma.
FC St. Pauli plant mit "Freizeitsport" 23. Abteilung
Eine Lösung dieses Problems bezeichnet Michael als „vertikales Denken“. Musterprojekt dafür ist die Dreifeldsporthalle, die auf dem zu sanierenden Schwimmbad Budapester Straße entstehen soll. Dieser Plan ist sogar im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen verankert. „Das ist ein wichtiges Signal. Daher hoffen wir auf eine Realisierung in dieser Legislaturperiode“, sagt der Geschäftsleiter. Die Nutzung einer Halle im Feldstraßenbunker, dessen Ausbau umstritten ist, ist hingegen aktuell kein Thema mehr.
In Planung ist derweil die 23. Abteilung im Verein. Unter dem Dach „Freizeitsport“ sollen Angebote wie Gymnastik, aber auch Trendsportarten wie Slackline zusammengefasst werden.
Das könnte Sie auch interessieren:
- FC St. Pauli verlängert Vertrag mit talentiertem Angreifer
- Das sind Hamburgs Kandidaten für Tokio 2021
- Premiere für vier Jungprofis: Wer die größten Chancen hat
FC St. Pauli ist auch während Corona-Krise gewachsen
Die Corona-Krise hat im Übrigen die positive Mitgliederentwicklung nicht gestoppt. Vielmehr ist der Verein im Saldo zwischen März und Juni um 233 Sportler gewachsen. „Die Treue unserer Mitglieder lag vor allem an der großartigen Leistung der ehrenamtlich Tätigen in den Abteilungen, die verschiedenste Aktivitäten über Video angeboten haben.
Dazu gehörten nicht nur Sportkurse, sondern auch Gesprächsrunden oder Bingoabende, um so auch die wichtige, soziale Aufgabe eines Vereins und seiner Abteilungen mit Leben zu füllen“, sagt Thomas Michael.