Hamburg. Die Coronakrise trifft auch den unabhängigen „1910 e. V.“ und seine 40 Mitarbeiter schwer. Wie es nun weitergeht.
Viel ungünstiger hätte der Zeitpunkt der Coronakrise und der damit verbundenen einschränkenden Maßnahmen für das Museum des FC St. Pauli nicht sein können. „Wir hatten gerade erst unsere Dauerausstellung eröffnet, in die wir auch finanziell viel investiert haben, als wir am 16. März komplett schließen mussten“, sagt Christoph Nagel aus dem Vorstand des „1910 e. V.“ Dieser eigenständige und unabhängig vom FC St. Pauli geführte Verein betreibt in der Gegengeraden des Millerntor-Stadions das Museum, das sich konzeptionell von denen anderer Profifußballclubs recht deutlich unterscheidet.
Mit der staatlich angeordneten Schließung des Museums fallen aber nicht nur die Eintrittsgelder der Besucher aus. „Es fehlen uns jetzt auch Einnahmen aus den anderen drei Säulen, mit denen sich unser Verein finanziert. Wir dürfen keine Stadionführungen mehr anbieten, die Vermietung unserer Räumlichkeiten für externe Veranstaltungen, für die wir einige Anmeldungen hatten, ist nicht mehr möglich. Schließlich fallen auch die Überschüsse aus dem Getränkeverkauf unserer Weinbar bei Heimspielen weg“, erläutert Christoph Nagel. Auch die sonst regelmäßigen Besuche von Schulklassen fehlen.
„Im schlimmsten Fall müssen wir in diesem Jahr mit Mindereinnahmen von einer halben Million Euro rechnen“, sagt Sönke Goldbeck, der sich ebenfalls im Vorstand des Museumsvereins engagiert und hier für die Finanzen verantwortlich ist. Parallel dazu ist Goldbeck auch Mitglied des Aufsichtsrates des FC St. Pauli. Trotz dieser Verbindung schließt die Führung des Museumsvereins aus, sich mit einem Hilferuf an den FC St. Pauli zu wenden, zumal dieser derzeit selbst wegen der Coronakrise Mindereinnahmen in Millionenhöhe befürchten muss.
St. Pauli setzt auf Verkauf von Gutscheinen
Bei allem ehrenamtlichen Engagement des Vorstandes lassen sich das Museum und die angebotenen Aktivitäten längst nicht mehr ohne bezahlte Mitarbeiter betreiben. „Wir haben neun sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, dazu fünf Minijobber und vor allem für die Stadionführungen 26 Honorarkräfte – also insgesamt 40 Personen“, sagt Goldbeck. Inzwischen musste Kurzarbeit angemeldet werden.
Unklar ist noch, inwieweit der „1910 e. V.“ als Trägerverein eines privat betriebenen Museums Zuwendungen aus den von der Stadt zugesagten Schutzschirmen für Betriebe und für Kultureinrichtungen erwarten kann. Im schlimmsten Fall, so die Befürchtung, fällt er genau dazwischen und geht leer aus.
Angesichts der Schließung und des Verbots von Veranstaltungen setzt der Museumsverein jetzt auf alternative Angebote, um Einnahmen zu generieren. „Eine Möglichkeit ist, online Gutscheine für einen Museumsbesuch, eine Stadionführung oder Getränke an der Weinbar zu erwerben und später einzulösen. Wir werden definitiv wieder öffnen, sobald wir es dürfen“, sagt Nagel.
Zudem betreibt der „1910 e. V.“ einen Online-Shop mit einer kleinen Auswahl an speziellen Merchandising-Artikeln. Der aktuellste ist ein DIN-A1-Poster, auf dem der Tritt von Verteidiger Leo Östigard im Kung-Fu-Stil gegen die Eckfahne nach dem 2:0-Sieg im Stadtderby beim HSV Ende Februar festgehalten ist. Als besonderen Service stellt der Verein jetzt auch einige interessante und unterhaltsame Videos von Zeitzeugen per YouTube ins Netz, die sonst im Museum zu sehen und hören sind.