Valencia/Hamburg. St. Pauli steckt wegen Sturmschäden in Spanien fest. Trainer Jos Luhukay zieht ein Fazit des Trainingslagers – und philosophiert.

Eigentlich war der FC St. Pauli vor allem deshalb am 12. Januar für eine Woche ins Trainingslager nach Spanien gereist, um sich ungestört von winterlichen Wetterlaunen auf die zweite Saisonhälfte vorzubereiten. Doch auf dem Rückweg nach Hamburg grätschte just das Wetter auf der iberischen Halbinsel dem Zweitligaclub am Montag böse dazwischen.

Sturmtief „Gloria“ fegte mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 135 km/h über die Costa Blanca. Der Flughafen Alicante, von wo St. Pauli für den Nachmittag einen Direktflug gebucht hatte, musste deshalb bereits am Sonntag geschlossen werden, auch am Montag wurden alle Flüge gestrichen. Erst vergangene Woche war der Aeropuerto de Alicante-Elche, wie er amtlich heißt, wegen eines Feuers evakuiert worden.

St. Pauli auch in Valencia böse überrascht

Der FC St. Pauli wich kurzfristig nach Valencia aus. Von hier aus sollte es via Düsseldorf nach Hamburg gehen. Avisierte Landung: 21.30 Uhr. Eine für den Vormittag angesetzte Laufeinheit wurde zudem von Trainer Jos Luhukay gestrichen. Soweit die Planung. Stattdessen gab es eine Geduldsprobe.

Denn auch in Valencia gab es für den Kiezclub eine böse Überraschung. Der für 14.45 Uhr geplante Flug wurde zunächst um zwei Stunden verschoben. Damit schien klar: Die Mannschaft würde erst am späten Abend in Fuhlsbüttel eintreffen. Kurz vor 17 Uhr war allerdings auch Plan C hinfällig. Wegen des Unwetters könnten vorerst keine Starts oder Landungen stattfinden, so lautete die Information. Um kurz vor 18 Uhr war dann klar: Flug endgültig gestrichen. St. Paulis Team musste noch eine Extranacht an der spanischen Mittelmeerküste verbringen.

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Luhukay: Sport hinkt Finanzen hinterher

Noch kurz vor der Abreise zum Flughafen hatte Trainer Luhukay nicht nur ein positives sportliches Resümee seines ersten Wintertrainingslagers mit St. Pauli gezogen, sondern etwas überraschend auch einen tieferen Einblick in seine Gedanken zugelassen. „Ich habe St. Pauli lange nur von außen gekannt. Aber vom ersten Tag an, als ich hier angefangen habe, habe ich immer besser verstanden, wofür dieser Verein steht. Das finde ich beeindruckend“, sagte er. „Andererseits finde ich es schade, dass der Verein wirtschaftlich viel besser dasteht als sportlich. Die beiden Bereiche sind nicht ausgeglichen. Das ist für mich persönlich das nächste Ziel, das zu verändern. Wenn wir das schaffen, öffnen wir auch wirtschaftlich neue Türen.“

Kurzfristig allerdings geht der Blick auf den letzten Teil der Vorbereitung auf den Wiederbeginn der Zweiten Liga und damit auf das Auswärtsspiel in Fürth (28. Januar). „Wir wollen von Mittwoch an in diesen letzten Trainingstagen noch einmal das I-Tüpfelchen auf die Details setzen, auf die wir jetzt schon viel Wert gelegt haben“, kündigte Luhukay an. Bedarf für kurzfristige Verstärkungen sieht er dabei nicht zwingend.

„Ich habe schon vor der Winterpause gesagt, dass ich von der Mannschaft überzeugt bin. Wir verfügen über Qualität. Wir denken höchstens über einen Neuzugang konkret nach. Wenn noch ein Neuer kommt, dann wird es ein Offensivspieler sein“ legte sich Luhukay fest. Für die beiden derzeit gesetzten offensiven Außenbahnspieler Ryo Miyaichi und Viktor Gyökeres gibt der Kader derzeit keine halbwegs adäquaten Alternativen her, solange Christian Conteh nach seinem Sehnenanriss fehlt.

Identifikation mit Profis wird für Fans immer schwieriger

Bei der Frage, welches Ziel er für die verbleibenden 16 Punktspiele der laufenden Saison anstrebt, blieb Luhukay vage: „Wir wollen den Weg nach oben fortsetzen. Unser Ziel ist, dass wir nicht nach unten zu einem Abstiegsplatz schauen müssen. Das erfordert täglich viel Bereitschaft. Aber ich bin sicher, dass die Mannschaft dazu in der Lage ist.“ Da sein Team als Tabellenelfter ins neue Jahr gegangen ist, könnte seine Zielformulierung auch griffig als einstelliger Tabellenplatz umschrieben werden.

Hatte er zu Beginn noch erklärt, den sportlichen Bereich auf Sicht mit dem wirtschaftlichen auf Augenhöhe bringen zu wollen, so sprach er am Ende aber auch die Unwägbarkeiten dieses Unterfangens noch einmal deutlich an. „Es wird im Fußball immer schwieriger, über eine mittel- oder langfristige Planung zu sprechen. Zwischenzeitlich kommen immer Spieler ins Rampenlicht, wie zuletzt Mats Möller Daehli, die für andere Clubs interessant werden. Das kann im Sommer auch wieder so kommen, wenn der eine oder andere Spieler stark auf sich aufmerksam gemacht hat“, sagte Luhukay. Wenn man nach zwei Jahren ein Mannschaftsfoto sehe, sei oft die Hälfte der Spieler schon nicht mehr da. „Für Fans wird es immer schwieriger, sich mit Spielern zu identifizieren.“

Hinzu komme, dass heute nicht nur Trainer, sondern auch Sportchefs relativ früh von den Clubchefs entlassen werden. „Dadurch, dass neue Trainer und Sportchefs andere Ideen haben, was den Kader angeht, hat man noch mehr Fluktuation“, nannte er die logische Folge. Doch all diese in die mittelfristige Zukunft gerichteten Ziele interessierten Luhukay am Montagabend nicht mehr. Da zählte für ihn nur noch eines: endlich nach Hause reisen zu dürfen.