Hamburg. Kiezkicker lassen nach frühem 0:2-Rückstand im ersten Heimspiel der neuen Saison zahlreiche gute Torchancen aus.
Als auch die Nachspielzeit vorüber war, ließen die Spieler des FC St. Pauli ihre Köpfe hängen oder sanken enttäuscht und erschöpft zu Boden. Das 1:3 gegen die SpVgg. Greuther Fürth im ersten Zweitliga-Heimspiel der neuen Saison war ein herber Rückschlag nach dem ansprechenden 1:1 vier Tage zuvor in Bielefeld. Noch schlimmer aber ist, dass Kapitän und Leistungsträger Christopher Avevor sich so schwer verletzte, dass er längere Zeit auszufallen droht.
Einige Überraschungen hatte Trainer Jos Luhukay schon vor dem Anpfiff parat. Mit Jakub Bednarczyk und Niklas Hoffmann als „Sechser“ bot er unerwartet zwei Spieler aus der zweiten Reihe für die Startformation auf. In der ersten Elf dabei war auch Jan-Philipp Kalla, der am Montag noch Reservist gewesen war.
Er wurde als rechter Außenverteidiger anstelle von Yiyoung Park aufgeboten, der nicht einmal im Kader war, nachdem er sich am Montagabend die Schulter ausgekugelt hatte. Bednarczyk reihte sich vor Kalla rechts offensiv ein, also auf der Position, die sonst meist Ryo Miyachi innehat. Der Japaner spielte ungewohnt neben Mats Möller Daehli im zentral offensiven Mittelfeld. Er ersetzte hier Finn Ole Becker, der mit muskulären Problemen passen musste. Neben Park und Becker fehlte aus der Startelf von Bielefeld auch Marc Hornschuh, der am Montag sein erstes Spiel seit 681 Tagen bestritten hatte. Er stand diesmal als Ersatzmann bereit und kam früher als erwartet zum Einsatz.
Fürther nutzten Avevors Unglück
Der Grund dafür war dramatisch. Im Mittelfeld hatte er sich bei einem Zweikampf am linken Sprunggelenk so schwer verletzt, dass er liegen blieb, lange behandelt, vom Platz getragen und ins UKE gefahren werden musste. Noch schlimmer: Die Fürther nutzten die Situation, als Avevor am Boden lag und das Spiel weiterlief, um in Führung zu gehen. Auf Rückpass von Tobias Mohr kam zentral vor dem Tor Stürmer Daniel Keita-Ruel an den Ball und drückte ihn zum 0:1 (17.) über die Linie. St. Pauli antwortete mit verstärkter Offensive, doch Hoffmann vergab nach starker Vorarbeit von Stürmer Dimitrios Diamantakos die große Chance zum schnellen Ausgleich.
Wie unsicher St. Pauli aber gleichzeitig defensiv war, legten die Fürther offen. Auf erneute Vorlage von Mohr vollendete Sebastian Ernst einen Konter zum 0:2 (29.) – besser gesagt: zum vermeintlichen 0:2. Denn als die St. Paulianer den Anstoß ausführen wollten, gab Schiedsrichter Sven Jablonski das Zeichen, dass sein Videoassistent Sven Waschitzki im „Kölner Keller“ eine Abseitssituation erkannt hatte. Das Tor hatte also keine Gültigkeit, was aber im Stadion so recht niemand realisierte, weil die Anzeigetafel noch rund fünf Minuten lang 0:2 anzeigte und es auch keine entsprechende Durchsage gab.
Team muss sich nach unten orientieren
Doch die Fürther gingen auf Nummer sicher und erzielten einfach noch ein Tor. Diesmal kam Keita-Ruel frei zum Kopfball und nutzte die Flanke von Marvin Stefaniak zum echten 0:2 (35.). Daraufhin blieb die Anzeigetafel erst einmal schwarz, als wenn ihr das ganze Geschehen viel zu viel war. Die Stadionsprecherin erläuterte dann endlich, was geschehen war, sprach vom „ersten 0:2“, das nicht zählte, und sagte dann den zweiten Gegentreffer korrekt an.
Doch noch vor der Pause konnten die St. Paulianer die Hoffnung unter den eigenen Fans zumindest ein bisschen wieder aufleben lassen. Eine Flanke von rechts von Miyaichi nutzte Diamantakos per Kopf zum 1:2-Anschlusstreffer (45.). Direkt nach dem Wiederanpfiff hätte Diamantakos sogar fast den Ausgleich erzielt, doch sein Schuss nach einem Freistoß von Knoll rauschte an die Latte des Fürther Tores. Weitere Ausgleichschancen sollten folgen. Bednarczyk scheiterte an der Fußabwehr des Fürther Keepers Sascha Burchert (53.), und auch der mit Ball in den Strafraum sprintende Miyaichi brachte den Ball nicht an Burchert vorbei (60.).
Diese Großzügigkeit sollte sich rächen. Nach einem Ballverlust der Hamburger im Mittelfeld kam Julian Green aus rund 18 Metern zum Schuss und ließ Torwart Robin Himmelmann keine Chance – 1:3 (70.). Die Entscheidung gegen St. Pauli war damit gefallen. Vor dem brisanten DFB-Pokalspiel beim VfB Lübeck in einer Woche und dem folgenden Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart muss sich das Team erst einmal nach unten orientieren.