Mayrhofen. Oke Göttlich gibt sich nach außen entspannt und verteidigt mit Ironie und Ernst die seit Wochen abwartende Einkaufspolitik.
Bisweilen sind es die kleinen Dinge, die einen glücklich machen. St. Paulis Präsident Oke Göttlich erfreute sich jetzt an einer Spieluhr, die ihm ein Fan während des Testspiels gegen die WSG Swarovski Wattens (2:3) als Geschenk überreicht hatte. Stolz zeigte er sie seinen Sitznachbarn, Vize-Präsident Joachim Pawlik und Noch-Geschäftsführer Andreas Rettig.
Weniger Freude konnte ihm das bereiten, was er auf dem Spielfeld zu sehen bekam: schwere Patzer, die zu Gegentoren führten, und mehrere Spieler, die von einem durchschnittlichen Zweitliganiveau ein gutes Stück entfernt sind.
„Wir werden mit Sicherheit noch Spieler holen“, stellte Göttlich klar und bestätigte damit die Aussagen von Trainer Jos Luhukay und Sportchef Andreas Bornemann. Tatsache ist aber auch, dass das für das Einstudieren von taktischem Verhalten und Spielzügen so immens wichtige Trainingslager ohne einen neu verpflichteten Spieler an diesem Freitag mit der letzten Einheit am Vormittag zu Ende gehen wird.
Göttlich gibt sich entspannt
Während die meisten Anhänger schon seit Wochen und zunehmend besorgt auf neue Spieler warten, gibt sich Göttlich nach außen entspannt. Mehr noch: Er stellt im Gespräch mit Medienvertretern eine Gelassenheit zur Schau, die fast schon provokant wirkt. Als „amüsant“ bezeichnete er das Thema, wann denn nun endlich weitere Verstärkungen kommen. „Wir haben drei Jahre hinter uns, in denen wir zum Trainingslager eigentlich unseren Kader fertig hatten.
Unmittelbaren Erfolg hat es im Endergebnis nicht gebracht“, sagte er. „Es gibt Teams, die holen sich ihre Euphorie zum Anfang der Transferperiode, und dann ebbt sie so langsam Richtung Saisonstart ab.“ Ein kleiner Seitenhieb auch auf den Stadtrivalen HSV. Unausgesprochene Schlussfolgerung: Jetzt macht man es eben mal genau andersherum. Es wird spannend zu beobachten sein, ob am Ende der Transferaktivitäten tatsächlich noch eine Euphorie unter den St.-Pauli-Anhängern ausbricht.
Wirklich ernst gemeint, dass das lange Abwarten, ob kurz vor dem Ende der Transferfrist noch der eine oder andere Topspieler zufällig vom Laster und dem FC St. Pauli in den Schoß fällt, eine durchdachte Strategie sei, hat es Göttlich sicherlich nicht. Die verbale Flucht in Ironie ist nicht neu, sondern ein gern gewähltes Muster. Gleichzeitig gibt der Präsident vor, überhaupt nicht zu wissen, wie weit die angestrebten Transfers von mindestens drei neuen Leistungsträgern gediehen sind. „Der Sportchef hat einen Plan und berichtet immer dann, wenn ein Spieler verpflichtet werden soll, denn dann tätigen wir im Präsidium unsere Unterschriften.“
Einfach mal Zeit lassen
Zurück im ernsten Modus stellt Göttlich klar: „Ich finde es absolut richtig, dass wir nach mehreren Jahren, in denen wir auch gerade in der Kaderplanung nicht alles richtig gemacht haben, uns einfach mal die Zeit lassen um zu schauen, welche Qualität tut unserem Kader und unserem Spiel, das wir spielen wollen, am Ende gut.“ Dabei ist angesichts dessen, dass derzeit nur ein einsatzfähiger, zweitligatauglicher Mittelstürmer zur Verfügung steht, klar, wo es den dringendsten, aber wahrscheinlich auch teuersten Handlungsbedarf gibt.
Im weiteren Gespräch betont Göttlich, wie positiv er die Arbeit von Sportchef Andreas Bornemann und Trainer Luhukay bewertet. „Die beiden Kollegen haben eine klare Idee und eine klare Ambition. Diese Ambition ist, dass wir einen anderen Fußball spielen wollen. Dieser Fußball, der über mehrere Saisons in seiner Art und Weise sowohl am Millerntor als auch auswärts in seiner Form stagniert ist und in dem Sinne wenig Menschen abgeholt hat, ist jetzt in eine Form zu bringen, bei der man sagt, wir wollen aktiver, agiler, robuster, dynamischer spielen. Da warte ich gern noch ein paar Wochen auf den einen oder anderen Spieler“, sagt Göttlich.
Lob für Bornemann und Luhukay
Dazu wiederholt er die von ihm bei der Präsentation von Luhukay propagierte Forderung: „Ich möchte, dass der FC St. Pauli dafür steht, Spiele gewinnen zu wollen, und nicht dafür, Spiele nicht verlieren zu wollen. Das muss der Minimalanspruch sein.“
Das Lob für Bornemann und Luhukay, die Göttlich, so ist zu hören, auch schon bei früheren Gelegenheiten gern zum FC St. Pauli geholt hätte, ist gleichzeitig auch als Kritik an den zuvor im sportlichen Bereich handelnden Personen zu interpretieren. „Es ist wirklich schön zu sehen, dass uns diese beiden Verantwortlichen auf Defizite hinweisen, die der FC St. Pauli über Jahre hatte, und zwar in allen Bereichen. Nur so kommen wir weiter, wenn uns Leute vernünftig auf Defizite hinweisen, aber auch die Ruhe haben, daran zu arbeiten und nicht hysterisch zu werden.
Diese Feedback-Kultur macht einen am Ende besser“, sagt er. „Ein Defizit ist das gesamte Zusammenspiel, das dazu geführt hat, dass wir am Ende der Saison so viele Verletzte hatten. Das war nicht in der einen Saison, sondern in mehreren hintereinander.“ Wobei die Muskelverletzungen der Neuzugänge Boris Tashchy und Rico Benatelli, die vorzeitig aus Mayrhofen abreisten, zeigen, dass die ideale Vorbeugung noch nicht gefunden ist.