Hamburg. St. Paulis Mittelfeldspieler zieht die Konsequenz aus seinem Reservisten-Dasein in dieser Saison. Bereits etwas anderes in Aussicht?
Eine Überraschung war der Vorgang nicht mehr, der Zeitpunkt der Verkündung aber kam am Montagmittag doch etwas unerwartet. Bernd Nehrig, seit Sommer 2017 gewählter Kapitän des FC St. Pauli, möchte den Verein bereits in der in vier Wochen beginnenden Winterpause verlassen. Anlass für den vorzeitigen Abschied nach fünfeinhalb Jahren ist sein Reservisten-Dasein in dieser Saison. Nur in einem von 14 Punktspielen, beim 1:4 bei Union Berlin, stand der 32-Jährige in der Startelf und wurde hier bereits in der 54. Minute ausgewechselt. Dazu kamen nur noch drei Kurzeinsätze jeweils in der Schlussphase eines Spiels. Und das alles, obwohl Nehrig seit Saisonbeginn nicht mehr verletzt oder krank war.
Auf der anderen Seite aber kam er auch nicht hundertprozentig fit in die Saison, weil er noch in der Sommervorbereitung an einer hartnäckigen Wadenverletzung laborierte, die er sich bereits im Frühjahr zugezogen hatte. Diese hatte sich noch verschlimmert, als sich Nehrig im vorletzten und immens wichtigen Heimspiel gegen Fürth (3:0) trotz der Blessur in den Dienst der Mannschaft stellte. „Vielleicht habe ich die jetzige Situation auch ein bisschen mit provoziert, weil ich auf mich selbst nicht genügend achtgegeben habe“, sagte Nehrig am Montag zu dieser Entwicklung. „Heute würde ich mir mehr Gedanken machen.“
Nehrig hat Berater gewechselt
Nehrig berichtete, dass er kürzlich den Berater gewechselt habe und jetzt von Thomas Eichin, früher Sportchef von Werder Bremen, vertreten werde. Dieser habe bereits vor zwei Wochen St. Paulis Sportchef Uwe Stöver über Nehrigs Ansinnen informiert. „Ich selbst habe am Samstagmorgen unserem Trainer unter vier Augen meinen Wunsch mitgeteilt“, sagte Nehrig. „Ich möchte meine Karriere nicht so zu Ende bringen, wie es jetzt ist. Deshalb wünsche ich mir, zu einem Verein zu wechseln, bei dem ich auch spiele. Ich habe kein Problem damit, ins Ausland oder zu einem Verein ein, zwei Ligen tiefer zu gehen, der ein interessantes Projekt ist“, sagte er.
Dieser Satz klang danach, als habe er bereits etwas Konkretes in Aussicht. Zwei bis drei Jahre, so Nehrig, wolle er noch Profifußball spielen. Jetzt wird es darauf ankommen, dass sich Nehrigs potenziell neuer Club mit St. Pauli auf die Transfermodalitäten einigt. „Das kann sich auch bis zum Ende der Transferperiode hinziehen“, sagte Nehrig vorsorglich.
Leichte Verbitterung
„Dankbarkeit gibt es im Profifußball nicht. In der Branche zählt nur das Heute. Aber für mich sind die Folgen heute nur negativ, dass ich mich damals bereit erklärt habe, gegen Fürth zu spielen“, sagte Nehrig und klang dabei leicht verbittert. „Ich bin mit mir im Reinen. Ich habe mich nie hängen lassen. Aber vielleicht waren es im Training nicht immer 100 Prozent“, räumte Nehrig ein. Gleichzeitig hofft er darauf, dass ein Wechsel im Winter nicht an zu hohen Ablöseforderungen seines bisherigen Clubs scheitert.
St. Paulis Trainer Markus Kauczinski erklärte derweil, sich mit Nehrigs Wunsch, den Verein schon im Winter zu verlassen, erst dann zu befassen, wenn dieser konkret einen neuen Verein gefunden habe.
Mittelfeldspieler Richard Neudecker fällt mit einem Außenbandriss im rechten Sprunggelenk bis zur Winterpause aus. Der 22-Jährige hatte sich die Verletzung am Sonntag beim 1:1 in Regensburg bereits in der elften Spielminute zugezogen, spielte aber nach kurzer Behandlung bis zum Schluss weiter.