Hamburg. St. Pauli zwischen Frust über vergebene Punkte und Freude über spielerische Steigerung. Ernüchterung bei Daniel Buballa.
Den Abend nach dem 1:1 (0:0) gegen den 1. FC Heidenheim verbrachten die Profis des FC St. Pauli unter sich. Die Sommer-Zugänge Marvin Knoll, Henk Veerman und Korbinian Müller nutzten den Start in die Länderspielpause, um endlich ihren Einstand zu geben und ihre Kollegen zum Essen einzuladen.
Trainer Markus Kauczinski war nicht dabei. „Ich fahre nach Hause und schaue mir auf der Couch Dortmund gegen Bayern an“, kündigte er an. Zuvor allerdings hatte er seinen Spielern noch einen Wunsch erfüllt, den sie an ihn nach dem Abpfiff noch in der Kabine des Millerntor-Stadion herangetragen hatten, nämlich am Sonntagnachmittag individuell auslaufen zu dürfen.
Kauczinski ist gar nicht enttäuscht
Markus Kauczinski gestand ihnen dies gern zu. Der Montag war ohnehin als freier Tag vorgesehen. Sie hätten es sich auch verdient, betonte St. Paulis Trainer und machte allein damit deutlich, dass er trotz des verpassten Sieges gegen Heidenheim, des damit verbundenen Verlustes von zwei Punkten und des Zurückfallens vom zweiten auf den vierten Tabellenplatz nicht wirklich enttäuscht war.
„Wir haben insgesamt eine sehr konzentrierte Leistung abgeliefert. Damit bin ich sehr zufrieden“, sagte Kauczinski. Gleichzeitig hob er hervor, dass sein Team erneut nach einem Rückstand zurückgekommen sei. „Es ist gerade eine riesige Qualität bei uns, nicht aufzugeben und zu wissen, dass wir immer ein Tor machen können, vielleicht auch zwei“, sagte der Trainer.
Schon zu Saisonbeginn in Magdeburg sowie danach gegen Paderborn und zuletzt auch in Bielefeld hatte sein Team einen 0:1-Rückstand noch in einen Sieg verwandeln können. Jetzt reichte es gegen den Tabellenfünften aus Heidenheim immerhin noch zu einem Unentschieden. Die durch etwas ungeschickte Verteidigungsversuche begünstigte Führung der Gäste durch deren Kapitän und Topscorer Marc Schnatterer (52.) glich nur zehn Minuten später der kurz zuvor eingewechselte Henk Veerman (62.) aus, als er mustergültig von Marvin Knoll angespielt worden war.
Wann kommt Veerman in die Startelf?
Die beiden Neuzugänge, die sich längst als Verstärkungen erwiesen haben, hatten also am Abend bei ihrer Einstandsfeier auch einen ganz aktuellen Grund, einen auszugeben. Es war bereits Knolls fünfte direkte Torbeteiligung, Veerman hat sogar schon sieben Scorerpunkte (vier Treffer, drei Vorlagen) zu Buche stehen. Dabei hat der 2,01 Meter große Niederländer erst drei Punktspiele von Beginn an bestritten, während er achtmal nur in der zweiten Halbzeit eingewechselt worden war. Mithin wird die Frage immer akuter, wann Veerman erstmals seit dem 21. September wieder eine Chance in der Startelf erhält – vorzugsweise gemeinsam mit Stürmerkollege Sami Allagui.
„Wir haben diese Diskussion ja schon länger. Sami und Henk ergänzen sich gut. Der eine mehr drumherum, der andere mehr in der Spitze“, sagt auch Kauczinski. Doch der Trainer betont ebenso, dass ein System mit den beiden ein größeres Risiko beinhaltet. „Wir haben gesehen, dass es wilder wird. Das hat auch was. Aber auch nach hinten verändert sich das Spiel. Das muss man im Griff haben“, sagte er im Blick auf die weniger ausgeprägten defensiven Qualitäten.
Ernüchterung bei Buballa
St. Paulis Sportchef Uwe Stöver verteidigte die Maßnahme, Veerman meist erst in der zweiten Halbzeit einzuwechseln. „Henk nutzt es sehr gut, dass sich der Gegner aus dem Spiel heraus schwer auf ihn einstellen kann. Das versucht unsere Mannschaft auch zu nutzen. Es ist ein Überraschungsmoment und eine Waffe. Das hat auch heute zum Torerfolg geführt“, sagte er.
Gegen Heidenheim war Trainer Kauczinski frühzeitig gezwungen, Veerman ins Spiel zu bringen, weil beim zentral-offensiven Mittelfeldspieler Christopher Buchtmann kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit der gerade überwundene, leichte Muskelfaserriss im Oberschenkel wieder aufgebrochen war. Noch ist nicht absehbar, ob Buchtmann in zwei Wochen im Auswärtsspiel bei Jahn Regensburg wieder mitwirken kann. Das Risiko, zu früh wieder zu spielen, wird er nach dieser jüngsten Erfahrung kaum eingehen.
Während sich wie Kauczinski auch einige Spieler überwiegend zufrieden mit dem Spiel zeigten, überwog beim erneut sehr agilen linken Außenverteidiger Daniel Buballa nach dem Spiel die Ernüchterung. „Wir haben gut gespielt und in vielen Phasen dominiert. Deswegen ist das Unentschieden mehr eine Enttäuschung. Aus der Dominanz muss man auch mehr Chancen herausspielen. Wir müssen in der gegnerischen Hälfte noch zielstrebiger zum Tor und kaltschnäuziger vor dem Tor werden, wie wir es beim Gegner bei dessen Tor gesehen haben. Das würde uns auch gut zu Gesicht stehen“, sagte er und dachte an mehrere Situationen auch schon in der ersten Halbzeit. „Es ist nach dem 1:1 jetzt kein schönes Gefühl“, sagte er weiter.
Sportchef Stöver beschrieb seine zwiespältigen Gefühle so: „Ich verspüre aufgrund des Ergebnisses eine Enttäuschung, aber nicht aufgrund der Leistung.“ Damit sprach er die spielerische Steigerung in den vergangenen Wochen an. „Seit dem Spiel in Duisburg haben wir um fast zwei Klassen verbessert, was das Spiel mit dem Ball angeht“, befand auch Verteidiger Philipp Ziereis. „Wir müssen uns jetzt nur noch richtig belohnen“, forderte Marvin Knoll. „Aber, wer weiß, wozu auch dieser eine Punkt am Ende gut ist.“