Hamburg. Der FC St. Pauli kämpft mit starker Besetzung in den neuen Kommissionen der DFL für seine Werte. Manchmal nervt der andere Verein.
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der FC St. Pauli – das ist seit Jahren ein spezielles Thema. Spätestens seit der frühere DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig vor rund zweieinhalb Jahren kaufmännischer Geschäftsleiter und damit – neben dem Sportchef – höchster hauptamtlicher Funktionsträger beim Club vom Millerntor wurde, gibt es immer wieder mal Scharmützel zwischen St. Pauli und der DFL.
Die Neuverteilung der Fernsehgeld-Millionen oder auch der Plan, dass alle Teams der Ersten und Zweiten Liga den Aufnäher einer Flüchtlingsaktion der „Bild“ am Trikotärmel tragen sollen, waren in der jüngeren Vergangenheit Streitpunkte zwischen St. Pauli und der Führung des Ligaverbandes.
Auf den ersten Blick mag es angesichts des spannungsgeladenen Verhältnisses überraschend erscheinen, dass der FC St. Pauli in den sechs seit Saisonbeginn bestehenden Kommissionen der DFL so stark wie kaum ein anderer Proficlub vertreten ist. Auf den zweiten Blick und in Kenntnis der grundsätzlichen Haltung des Vereins ist dies allerdings durchaus konsequent. „Wir bei St. Pauli sagen gern: nicht meckern, sondern machen. Es steckt uns also quasi in den Genen, uns einzubringen“, sagt dazu Martin Drust. Der Marketingchef St. Paulis gehört der DFL-Kommission „Marketing und Sponsoring“ an.
Fußballspiel darf nicht zum Event verkommen
Vier der sechs Kommissionen sind erst in dieser Saison als beratendes Gremium für das DFL-Präsidium installiert worden und haben dadurch einen größeren Einfluss, als ihn zuvor die Arbeitskreise hatten. Nur die Kommissionen „Finanzen“ und „Leistungszentren“ gibt es schon länger. „Wir versuchen, die Themen, die uns wichtig sind, in dieser Kommission zu platzieren“, sagt Drust. Konkret meint er damit: „Fußball gehört den Fans, er muss bezahlbar und nahbar sein. Ein Fußballspiel sollte nicht zum Event verkommen.“ Dazu habe der Fußball eine zu wichtige gesellschaftliche Rolle, die mit Leben gefüllt werden müsse.
Neben Drust vertreten Merchandising-Chef Bernd von Geldern in der Kommission „Internationalisierung“, Medienchef Christoph Pieper in der Kommission „Clubmedien“ und schließlich der derzeit noch als kaufmännischer NLZ-Leiter tätige Alexander Bachmann in der Kommission „Leistungszentren“ den FC St. Pauli in den Kommissionen. Lediglich in den Kommissionen „Fußball“ und „Finanzen“ ist der Millerntorclub nicht dabei.
Vertrag über die Fernsehrechte
Mehr Vertreter als St. Pauli stellt nur der FC Bayern München, der in fünf Kommissionen aktiv ist. Der HSV dagegen hat lediglich durch Oliver Poppelbaum in der Kommission „Marketing und Sponsoring“ einen Abgesandten.
„Ich habe den Eindruck, gut für unsere Positionen kämpfen zu können, weil die Gruppe klein ist und wir einander zuhören. Es ist auch nicht so, dass sich die Vertreter der großen Vereine aufspielen oder Diskussionen unterdrücken“, sagt Bernd von Geldern. Aus insgesamt 14 Personen besteht seine Kommission „Internationalisierung“. Dieses Gremium erarbeitet unter anderem Ideen, wie sich die DFL in attraktiven ausländischen Märkten präsentieren und vermarkten kann. „Alle 36 Vereine müssen ihren Beitrag leisten, wenn die Bundesliga im Ausland vermarktbar sein soll. Mir kommt es darauf an, dass jeder Club seine individuelle Geschichte erzählen kann“, sagt von Geldern.
Er hat auch gleich ein konkretes Beispiel parat. „Wir als FC St. Pauli kommen in den USA beispielsweise über die Verknüpfung zur Musik, also über ,Rise Against‘ und ,Dropkick Murphys‘. Das mussten die Kollegen in der Kommission erst einmal schlucken und als Strategie verstehen.“
St. Paulis Medienchef Christoph Pieper versteht sich in der Kommission auch als Interessensvertreter der gesamten Zweiten Liga. Neben ihm sind aus dem Fußball-Unterhaus noch Miriam Herzberg von Eintracht Braunschweig und Alexander Steinforth von Fortuna Düsseldorf dabei. „Wir sind natürlich daran interessiert, wie die Zweite Liga abgebildet wird und welche Auswirkungen zum Beispiel der Wegfall des Livespiels am Montagabend im Free-TV trotz derzeit höherer TV-Erlöse perspektivisch auf die Vermarktung der Zweiten Liga haben wird“, sagt Pieper.
Ein Thema wird bald der nächste Vertrag über die Fernsehrechte sein, auch wenn der aktuelle noch dreieinhalb Jahre in Kraft ist. „Die Vorbereitungen werden deutlich früher beginnen“, sagt Pieper, der es für möglich hält, dass künftig noch ganz andere Bewerber als gewohnt um die Rechte bieten werden. „Es wird interessant sein, ob sich zum Beispiel Unternehmen wie Amazon, die keine klassischen Medienkonzerne sind, stärker als bisher engagieren wollen“, sagt Pieper.
Manchmal nervt der andere Verein
Unterdessen berichten St. Paulis Kommissionsmitglieder, dass sie trotz der kritischen Haltung ihres Clubs zu den derzeitigen Entwicklungen des Profifußballs in den Kommissionen ernst genommen und keineswegs nur müde belächelt werden. „Uns wird in gewissen Fragen sogar eine große Expertise zugestanden. Zum Beispiel beim Thema Markenführung werden wir sehr ernst genommen, auch wenn ich mich für dieses fanferne Wort entschuldigen muss“, sagt Bernd von Geldern.
Martin Drust hat festgestellt: „Auch andere Clubs sind über die aktuelle Entwicklung im internationalen Fußball nicht begeistert. Ich habe den Eindruck, dass es einen Moment des Innehaltens gibt und uns Gehör geschenkt wird, auch wenn manchmal Kollegen stöhnen: ,Ja klar, Ihr, der andere Verein’.“ Sonst würde ja auch etwas fehlen.